Duisburg. Die Oper „Der Kaiser von Atlantis“ sollte im April in Duisburg Premiere haben. Jetzt kommt sie unter Corona-Bedingungen in Düsseldorf heraus.
Eigentlich hätte Ilaria Lanzinos Inszenierung von Viktor Ullmanns „Der Kaiser von Atlantis“ am 19. April im Rahmen des Projektes „Young Directors“ im Theater Duisburg Premiere haben sollen. Doch wegen Corona mussten die Proben im März abgebrochen werden. Nun kann die junge Regisseurin ihre Inszenierung am 19. September in Düsseldorf herausbringen.
An der Deutschen Oper am Rhein ist Ilaria Lanzino seit 2017/18 als Spielleiterin engagiert und betreut normalerweise die Inszenierungen anderer Regisseure. Als dann aber das Angebot von Intendant Christoph Meyer kam, eine eigene Produktion auf die Bühne zu bringen, sei ihre Wahl sofort auf Viktor Ullmanns „Der Kaiser von Atlantis“ gefallen.
Oper entstand im Konzentrationslager Theresienstadt
„Ich kenne und liebe diese Oper schon, seit ich sie zum ersten Mal in der CD-Aufnahme unter Lothar Zagrosek gehört habe“, sagt Ilarian Lanzino. „Sie hat eine besondere Entstehungsgeschichte und ist ein Werk des Widerstands gegen das Dritte Reich.“ Die Oper ist im Konzentrationslager Theresienstadt entstanden. Dass sei allein noch kein Grund, sie zu spielen. „Bei der Auswahl des Stückes haben aber auch die Qualität der Musik und die Aussage der Geschichte eine wichtige Rolle gespielt.“
In „Der Kaiser von Atlantis“ leistet der personifizierte Tod Widerstand gegen den diktatorischen Kaiser von Atlantis: Der Tod weigert sich, die Menschen sterben zu lassen. Komponist Viktor Ullmann wurde 1944 in Auschwitz ermordet, seine Partituren jedoch gerettet. „Der Kaiser von Atlantis“ konnte 1975 in Amsterdam uraufgeführt werden.
Sänger müssen jetzt Corona-Abstand halten
Ilaria Lanzino hatte im März schon ein Drittel ihrer Inszenierung auf der Probebühne in Wanheimerort erarbeitet, als die Theater geschlossen wurden. Ihr Inszenierungskonzept und ihre Sicht auf die Figuren hat sich durch Corona nicht verändert, aber die Personenführung musste sei den neuen Gegebenheiten anpassen: „Wenn sich zwei Figuren ansingen, müssen sie sechs Meter Abstand einhalten, wenn sie nebeneinander in die gleiche Richtung singen drei Meter.“ So musste ein Zusammenspiel zwischen den Figuren über eine größere Distanz entwickelt werden.
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Lanzino will kein KZ auf die Bühne bringen: „Meine Ausstatterin Emine Güner und ich haben uns bewusst gegen eine realistische Ästhetik entschieden. Eine optische Reproduktion des Holocausts stößt an die Grenzen der Darstellbarkeit und wird dem Stück nicht gerecht. Außerdem wurde diese Oper als eine über die Realität hinausgehende Parabel konzipiert.“
Serie „Opernitalienisch“ kommt aus der Küche
Die Theaterschließung im März ist für Ilaria Lanzino natürlich ein harter Einschnitt gewesen, mit dem sie sich aber habe abfinden müssen: „Mit Frust oder Wut hätte ich an der Situation auch nichts ändern können. Ich habe versucht, mal zur Ruhe zu kommen und durchzuatmen, viele Filme geschaut und viele Bücher gelesen, darunter einige Dramen von Peter Kien, dem Librettisten der Oper.“
Ab April hat sich die in Pisa geborene Künstlerin, die Operngesang und Deutsche Literatur studiert hat, die Serie „Opernitalienisch“ ausgedacht, die auf der Internet- und Facebook-Seite der Deutschen Oper am Rhein abrufbar ist. „Kaum hatten die Karnevals-Geschäfte wieder geöffnet, habe ich mir dafür Perücken und Verkleidungen gekauft!“ Informativ und unterhaltsam vermittelt sie in 15-minütigen Clips aus ihrer Küche operntypische Inhalte und die dazugehörigen italienischen Vokabeln. Themen sind zum Beispiel „Verrat“ und „Eifersucht“, wobei trotz der ersten Themen immer wieder die komödiantische Seite der Regisseurin durchbricht.
Opernregie-Preis als Karriereschub
Einen besonderen Schub erhielt Ilaria Lanzinos Karriere im Januar, als sie mit dem Internationalen Opernregie-Preis für ihr Konzept zu Stanislaw Moniuszkos „Das Gespensterschloss“ ausgezeichnet wurde. Die Produktion soll in der Saison 2020/21 in Poznan herauskommen und dann bei den Maifestspielen 2022 in Wiesbaden gezeigt werden.
„Durch diesen Preis sind viele Theater auf mich aufmerksam geworden“, berichtet Lanzino. „Ich entwickele meine Inszenierungen immer aus dem Stück heraus. Dabei versuche ich herauszufinden, um welche Werte es den Autoren eigentlich ging und was diese Werte für uns als heutige Gesellschaft bedeuten. Eine Oper zu aktualisieren ist für mich weniger eine optische Angelegenheit, mehr eine inhaltliche.“
>> BERLIN, ESSEN, DORTMUND
- Als Chorsängerin stand Ilaria Lanzino unter anderem in Christof Loys Wiener Inszenierung von Bellinis „La Straniera“ mit Marlis Petersen und Edita Gruberova auf der Bühne.
- Im Bereich Regie arbeitete sie an der Deutschen Oper Berlin, dem Essener Aalto-Theater und der Oper Dortmund.