Duisburg. . Tibor Torell und Philipp Westerbakei stellen ihre ersten eigenständigen Inszenierungen vor: Elliott Carters „What next?“ und Leonard Bernsteins „Trouble in Tahiti“.
Die letzten Premieren der Rheinopern-Spielzeit sind dem Nachwuchs gewidmet – junge Regisseure und junge Choreographen stellen im Juni ihre ersten eigenständigen Arbeiten vor. Bevor die „Young Moves“ (25. Juni) Premiere haben, legen am Samstag, 4. Juni, die „Young Directors“ vor: Tibor Torell inszeniert den Einakter „What next?“ von Elliott Carter, Philipp Westerbakei den Einakter „Trouble in Tahiti“ von Leonard Bernstein.
Der erfahrenere Tibor Torell wurde in Tschechien geboren und kam nach Stationen in Brünn, Prag, Köln und Aachen 2011/12 als Spielleiter an die Rheinoper. Philipp Westerbakei, der in Bochum studiert hat, ist seit 2013/14 am Rhein engagiert. Spielleiter: Das heißt vor allem, Inszenierungen anderer Regisseure auf die Bühne zu bringen, seien es Wiederaufnahmen oder abendliche Vorstellungen, neue oder einspringende Sänger einzuarbeiten.
Dass beide gleich auf der großen Bühne, mit gestandenen Sängern und großem Orchester, den Duisburger Philharmonikern, arbeiten dürfen, hat Generalintendant Christoph Meyer gewollt, dem die Förderung des Nachwuchses in jeder Hinsicht persönliches Anliegen ist. „Ein Riesengeschenk“, schwärmt Westerbakei: „Das ist ein Riesenschritt, nach der eher handwerklichen Arbeit jetzt das Künstlerische hervorzuholen, jetzt vogelfrei zu sein.“
Konversation steht im Mittelpunkt
Und da beide „so unterschiedlich sind wie Carter und Bernstein“, gab es auch keine Frage, wer welche Oper inszeniert. Torell entschied sich sofort für „What next?“, die Oper des eher intellektuellen Komponisten Carter, der Kunstmusik mit höchstem Anspruch komponierte. Auch für den jungen musikalischen Leiter Jesse Wong eine große Aufgabe. „Das ist eine sehr interessante Geschichte, und ich bin total begeistert von der Komplexität der Musik: Es gibt aggressive, aber auch berührende Momente.“ Für ihn steht die Frage nach Identität im Mittelpunkt des Einakters.
Bernsteins Oper beginne mit Jazz und höre sich zunächst nach Musical an, sagt Westerbakei. Tatsächlich sei die Musik wesentlich vertrackter. Anders als in anderen Opern steht hier die Konversation im Mittelpunkt, die „ganz nah am Menschen“ sei; die Musik lenke nicht das Geschehen sondern bleibe eher im Hintergrund, ein Jazz-Trio, dessen Musik an Fernsehwerbung erinnere, begleite das Geschehen. „Die Sänger mussten kämpfen.“ Am Pult seht Kapellmeister Patrick Francis Chestnut, Bühne und Kostüme gestaltet Tatjana Ivschina, die ihr großes Talent bereits bei den Familienopern unter Beweis gestellt hat. Bernstein zeige die Risse in der vermeintlich perfekten Idylle des amerikanischen Familienlebens. Bei aller Unterschiedlichkeit der Stücke hätten er und Tibor Torell zunehmend Gemeinsamkeiten im Stoff entdeckt. Und seien dabei stets „superspannende Diskussionen“ über die Arbeit geführt.
Zwei Einakter stehen zum ersten Mal gemeinsam auf der Bühne
Die beiden Opern-Einakter der US-amerikanischen Komponisten gehen zum ersten Mal an einem Abend über eine Opernbühne. Leonard Bernsteins (1918-1990) „Trouble in Tahiti“ wurde 1952 uraufgeführt, dann aber nur selten in die Spielpläne genommen. Elliott Carter (1908-2012) schrieb seine einzige Oper „What next?“ als fast 90-Jähriger. Sie wurde in Berlin an der Staatsoper Unter den Linden durch Nicolas Brieger und Daniel Barenboim uraufgeführt. Wie Dramaturgin Anne do Paco sagt, habe man zwei Stücke für einen Abend gesucht, die nicht zum Standard-Repertoire gehören. Bei aller Unterschiedlichkeit fragten beide Stücke danach, „wie wir leben wollen und welche Erwartungen wir ans Leben haben“.
„What next?“ sei eher eine Versuchsanordnung: Sechs Personen, denen etwas passiert ist, die sich aber nicht mehr erinnern, wie und warum sie in diese Lage gekommen sind und in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Sei finden keinen Ausweg, weil jeder nur seine eigene Wahrheit hat. Das sei poetisch, banal, aber auch komisch.
„Trouble in Tahiti“ führt in eine amerikanische Vorstadt in den 1950er Jahren. Nach zehn Jahren ist die Ehe von Dinah und Sam am Ende, schon am Frühstückstisch wird gestritten. Jeder hat sich in seinem Leben eingerichtet, Gemeinsamkeiten sind rar – bis auf den Sohn.