Duisburg. Schon jetzt wird die katholische Kirche in Duisburg-Duissern von der Christus-Gemeinde genutzt. Termin für die letzte Messe steht fest.
Am Samstag, 17. April 2021, wird in der Kirche St. Elisabeth die letzte Heilige Messe gefeiert – die katholische Pfarrei Liebfrauen wird sich von dem Gotteshaus trennen. Ein Nachfolger steht wohl fest. Bereits jetzt nutzen die Mitglieder der Christus-Gemeinde Duisburg die Räume und stehen mit den Katholiken in Verhandlung, die 91 Jahre alte Kirche zu kaufen.
Auch wenn den Gemeindemitgliedern schon seit mehr als zwei Jahren bekannt ist, dass künftig Gotteshäuser aufgegeben werden, ist es für viele ein schmerzhafter Prozess. Ein Gespräch mit Pastor Christian Schulte darüber, wie sich die Gemeinden in Duissern und Neudorf künftig aufstellen sollen.
Warum hängen dort die Lautsprecher von der Decke?
Die Christus-Gemeinde feiert schon jetzt hier ihre Gottesdienste und begleitet diese mit Live-Musik. In den vergangenen zwei Jahren haben wir ein Pilotprojekt gestartet und geschaut, ob wir zusammenarbeiten können. Die Gemeinde hat rund 200 Mitglieder und hier wesentlich mehr Platz als in ihren anderen Räumen an der Akazienstraße. Wenn hier Gottesdienst gefeiert wird, gibt’s nebenan ein Angebot für Kinder. Die Christus-Gemeinde zieht ganz viele junge Leute und Familien an.
Ist es nicht bitter, dass freikirchliche Organisationen so großen Zulauf haben und bei der katholischen Kirche seit Jahren davon gesprochen wird, dass sie sich verkleinern muss?
ch bin jetzt seit sechs Jahren in Duisburg. In dieser Zeit haben wir rund 1000 Mitglieder verloren. Es gibt immer drei Gründe: Mehr Sterbefälle als Taufen, Austritte nach Skandalen und junge Leute, die zwar als Kinder getauft wurden und vielleicht auch Messdiener waren, aber dann austreten, wenn sie ihren ersten Gehaltszettel sehen. Momentan haben wir in Neudorf und Duissern noch 12.000 Mitglieder.
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Steht die Kirche St. Elisabeth unter Denkmalschutz?
Nein. Aber das heißt nicht, dass sie nicht für die Mitglieder wertvoll ist. Mit der Backstein-Optik hat sie eine ganz warme Ausstrahlung. Viele Gläubige haben nach dem Krieg mitgeholfen, das Gotteshaus wieder mit aufzubauen. Die Bänke, aber auch andere Einrichtungsgegenstände, sind gespendet worden. In der Messe vor der letzten Gemeindeversammlung habe ich davon gepredigt, dass Gott von lebendigen Steinen spricht. Es geht nicht um die Mauern, sondern die Erlebnisse, die man hier hatte.
Wie übergibt man so ein Gebäude?
Das muss noch besprochen werden. Fest steht, dass wir die Bänke abgeben werden. Die Christus-Gemeinde möchte Stühle benutzen. Das ist praktischer, der Raum ist flexibler nutzbar, trotzdem kann ich verstehen, dass es diejenigen schmerzt, die hier gekniet und gebetet haben.
Was machen Sie mit den Bänken?
Dafür gibt es dankbare Abnehmer, etwa in Polen. Dort gibt es keine Kirchensteuern und die Gemeinden freuen sich über Unterstützung.
Was passiert mit der Orgel oder dem Beichtstuhl?
Im Fall der Orgel prüfen wir gerade, ob man das Instrument abbauen und woanders wieder aufbauen kann. Es ist eine sehr gute Orgel. Allerdings sprengen die Kosten den Rahmen, dafür bekommt man auch eine Neue. In den Beichtstühlen hat schon lange niemand mehr gebeichtet, die werden meist nur noch als Lager genutzt.
Sie wehren sich dagegen, wenn jemand behauptet, die Kirche werde dicht gemacht. Ist das so falsch?
Wir ziehen uns hier zurück, aber es findet weiter kirchliches Leben hier statt. Die Gruppen, zum Beispiel Kolping, können den Gemeindesaal weiter nutzen. Wahrscheinlich werden sie ein Nutzungsentgelt entrichten müssen, aber wir suchen eine Möglichkeit, dass sie hier bleiben können. Außerdem soll es hier weiter katholische Schul- und Kita-Gottesdienste geben können. In anderen Fällen, hier ist das zum Glück nicht der Fall, mussten auch schon Gotteshäuser abgerissen werden oder es wurde über eine ganz andere Nutzung nachgedacht. Die Christus-Gemeinde ist Mitglied im Duisburger Arbeitskreis Christlicher Gemeinden geworden, das war eine unserer Bedingungen.
In der Einladung zur Gemeindeversammlung haben Sie sogar die Entfernung von St. Elisabeth zu anderen katholischen Kirchen aufgelistet. Zu St. Ludger sind es 1,2 Kilometer, zu St. Gabriel 2,5 und zu St. Joseph 2,0 Kilometer. Glauben Sie, dass sich alle auf den Weg machen werden?
Es ist schon jetzt so, dass wir zu Corona-Zeiten nur noch am Ludgeri-Platz Messen feiern und diese auch online übertragen haben. Der eine oder andere findet den Weg und eine kreative Gemeinde wird Möglichkeiten finden, dass auch Ältere, die es gerade so mit Rollator zu St. Elisabeth geschafft haben, auch zu St. Ludger kommen. Man könnte ja Fahrgemeinschaften bilden. Aber viele Senioren trauen sich nicht zu fragen und wollen niemandem zu Last fallen. Ich mache mir aber auch nichts vor: Genauso wird es Menschen geben, die sagen: St. Elisabeth war meine Kirche, jetzt machen sie hier zu und können mich mal.
Am Ludgeri-Platz gibt es doch sehr engagierte Nachbarn und die Ludgeri-Kirche liegt mittendrin. Profitieren Sie davon?
St. Ludgeri liegt wirklich prominent am Platz und dort ist auch immer viel los. Unsere jüngeren Mitglieder und Familien sind jedoch sehr stark in St. Gabriel an der Gneisenaustraße vertreten. Am Ludgeri-Platz müssen wir die Leute von unserem Angebot überzeugen. Wir haben ein neues Logo entwickelt und werden mehr mit „DU“ spielen. Das bezieht sich einerseits auf die Stadt, ist andererseits aber auch als Ansprache gemeint. Interessanterweise habe ich dafür mit einer Agentur zusammengearbeitet, die ich schon seit 20 Jahren kenne.
Christian Schulte hat nicht immer für die katholische Kirche gearbeitet. Erst mit 38 Jahren entschied er sich, Theologie zu studieren. Als Jugendlicher war er zwar Messdiener, doch nach dem Abitur studierte er zunächst Wirtschaftswissenschaften und arbeitete danach im Marketing für einen Mobilfunk-Konzern.
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Wenn man heute ein Gotteshaus planen würde, wie sähe das dann aus?
Wir haben ja mal im Team überlegt, ob man nicht neben der Kirche am Ludgeri-Platz ein neues, offenes Gemeindehaus bauen könnte. Es wäre wesentlich transparenter, vielfältig nutzbar, vielleicht sogar mit Gastronomie. In Meiderich gibt es ein gutes Beispiel, wie sich Kirche modern aufstellt. Dort ist in den Raum eine Art Wintergarten gesetzt worden, sodass parallel zwei Veranstaltungen stattfinden können. Aber momentan wäre es schwer vermittelbar, auf der einen Seite über den Rückzug zu sprechen und woanders etwas Neues zu eröffnen.
Wird es in St. Elisabeth noch katholische Gottesdienste geben?
Wir hoffen, dass wir trotz Corona spätestens im Advent wieder Messen feiern können. Wir möchten den Gemeindemitgliedern die Gelegenheit geben, sich zu verabschieden.