Rheinhausen. Am Toeppersee trainiert der Verein Cervisia Ultima jetzt wieder den Trendsport Jugger. Das Team aus Männern und Frauen sucht neue Spieler.

Das Startzeichen ertönt. Beide Mannschaften rennen aufeinander zu. Eine junge Frau greift ihren Gegner an. Schnell holt sie mit ihrem gepolstertem Stab aus. Der andere will parieren. Zu langsam, Treffer an der Schulter. Der Getroffene kniet sich nieder in die Wiese – ohne Schmerz, ganz freiwillig. Siebeneinhalb Sekunden lang, alles regelkonform. Pia Pottkämper hat keinen wuchtigen Schlag ausgeteilt, ihr Trainingspartner hat nur einen Stupser abbekommen. Dieses Duell dauerte nur Sekunden, wie gleichzeitig einige andere. Jugger heißt dieser Mannschaftssport, und der Duisburger Verein Cervisia Ultima trainiert ihn jetzt nach der Corona-Zwangspause wieder am Toeppersee.

Wenn Janine Dufeu, die Vorsitzende des Duisburger Vereins Cervisia Ultima, die Kette schwingt, haben Männer wie Frauen Respekt. Denn Jugger-Mannschaften sind meistens gemischt.
Wenn Janine Dufeu, die Vorsitzende des Duisburger Vereins Cervisia Ultima, die Kette schwingt, haben Männer wie Frauen Respekt. Denn Jugger-Mannschaften sind meistens gemischt. © Fabian Strauch/Funke Foto Services

„Jugger ist ein sehr abwechslungsreicher Sport, eine Mischung aus Rugby und Fechten“, sagt Cervisia-Vorstandsmitglied Pia Pottkämper, und diese Erklärung kommt wie aus der Pistole geschossen. Denn wann immer sich die Vereinsmitglieder zum Freilufttraining treffen, auf einer Wiese zwischen dem Hallenbad und dem Mehrgenerationenspielplatz am Toeppersee, ernten sie verwunderte Blicke von Spaziergängern. Das war schon an früheren Trainingsorten so – am Jugendzentrum Mühle oder im Meidericher Stadtpark.

In Duisburg wird seit 13 Jahren Jugger gespielt

„Für viele sieht Jugger einfach komisch aus“, räumt Pottkämper ein. Denn die Athleten nutzen nicht nur unbekannte Spielgeräte, darunter kleine und große Schaumstoffstäbe oder Schilde. Außerdem wirken die Duelle, wenn zwei Mannschaften gegeneinander antreten, für das ungeschulte Auge unübersichtlich, regelrecht chaotisch. Mittendrin gibt es pro Team je einen Läufer, der dem Spielball, dem sogenannten Jugg, hinterherjagt, um zu punkten.

Obwohl in Duisburg schon seit rund 13 Jahren Jugger gespielt wird, müssen die Athleten immer noch darum kämpfen, ernstgenommen zu werden. Daher betont Pia Pottkämper: „Wir sind richtige Sportler und eine richtige Mannschaft.“ Nachdem wegen der Corona-Pandemie alle Sommerturniere abgesagt wurden, denken laut der 24-Jährigen die Jugger-Vereine in NRW wieder vorsichtig über eine gemeinsame Winter-Liga nach.

Duisburger Jugger sind Teil des Rugby-Verbands NRW

„Wir erleben jetzt aber mehr Wertschätzung als früher“, sagt Pottkämper. Denn der Verein hat einen wichtigen Schritt getan, um sich zu professionalisieren. Er hat sich dem Rugby-Verband NRW, der in Duisburg sitzt, angeschlossen. Damit sind die Jugger im Stadtsportbund und im Landessportbund, was bei den Versicherungen hilft. Sportstätten sind nun auch einfacher zu bekommen.

„Anfangs dachten wir: Die sind ja noch verrückter als wir“, sagte der Geschäftsführer des Rugby-Verbands Jörg Behrndt bereits 2015 nach dem Kennenlernen der neuen Sportart. Schon damals wollte er den Juggern eine neue Heimat geben. Dass es nun geklappt hat, freut den Rugby-Funktionär. „Wir haben keine Berührungsängste, und die Zusammenarbeit läuft gut.“ Vielmehr sieht er durchaus Berührungspunkte zwischen Rugby und Jugger. So könnten etwa die Läufer beim Jugger, die ihren Gegenpart niederringen dürfen, ein richtiges Tackle von einem Rugby-Coach lernen. Sinnvoll sei auch, dass Jugger-Trainer einen Übungsleiterschein machen. Doch der Verband hat noch größere Pläne, so Behrnd: „Wir wollen alle Jugger-Vereine zu uns holen.“

Der Spielball (Jugg) muss ins sogenannte Mahl, um zu punkten.
Der Spielball (Jugg) muss ins sogenannte Mahl, um zu punkten. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Cervisia Ultima sucht neue Sportler

Wachsen möchte auch Cervisia Ultima, daher ist das Freilufttraining am Toeppersee auch immer für Interessierte geöffnet. Geeignet ist der Sport für Männer wie Frauen, da meist in gemischten Teams gespielt wird. Die unterschiedlichen Spielgeräte, Pompfen genannt, fordern jeweils andere Taktiken und sportliche Stärken; von Schnelligkeit und Geschicklichkeit bei der Kurzpompfe bis zu ordentlich Schmackes in den Oberarmen, wenn man die Kette samt Schaumstoffball schwingt.

„Zu unserem Sport gehören Laufen, Fechten und Ringen“, erklärt Pia Pottkämper. Aufgrund von Corona-Auflagen verzichte die Mannschaft allerdings aktuell möglichst auf Körperkontakt, weshalb nun vor allem bei Fitnessübungen und Übungspartien geschwitzt wird. Zwar seien die Mitglieder ehrgeizig, aber „das Training ist noch nicht auf Turniere ausgelegt“, sondern auf den Spaß, wirbt die junge Frau um neue Mitspieler. „Und wir sind alle supernett.“