Meiderich. . Jugger heißt die Sportart des Duisburger Vereins Cervisia Ultima. Redaktionsmitarbeiter Marius Fuhrmann lernt den Trendsport erstmals hautnah kennen.

Ein wenig bedrohlich sieht es schon aus, wenn die Mitglieder des Vereins Cervisia Ultima mit ihren Spielgeräten aufeinander los gehen. Während vom Spielfeldrand im großzügigen Sekundentakt Trommelschläge erklingen, versuchen sich die Spieler mit langen Stäben gegenseitig am Körper zu treffen. „Diese Stäbe heißen Pompfen und tun überhaupt nicht weh“, erklärt der Vorsitzende Alexander Gohr und hält einen der selbstgebauten Stäbe mit zwei Fingern fest. „Eine Pompfe wiegt weniger als eine Packung Nudeln, und das Material ist weich und gepolstert.“

Sie lächeln, wollen sich und ihre Kameraden beim Training aber nicht schonen: Patrick van de Wetering führt die Langpompfe und Janine Duten ist an der Kette eine gefürchtete Gegnerin – aber nicht nur wegen der großen Reichweite.
Sie lächeln, wollen sich und ihre Kameraden beim Training aber nicht schonen: Patrick van de Wetering führt die Langpompfe und Janine Duten ist an der Kette eine gefürchtete Gegnerin – aber nicht nur wegen der großen Reichweite. © FUNKE Foto Services

Beim Jugger versuchen fünf Spieler eines Teams, den Jugg genannten Spielball im gegnerischen Tor zu platzieren. Dieser darf jedoch nur von einer Person, dem Läufer, aufgenommen werden. Die übrigen Mannschaftsmitglieder wollen unterdessen mit einer Berührung durch die Pompfe den gegnerischen Läufer daran hindern, zu punkten und zugleich ihren eigenen beschützen. Dabei müssen sie zunächst gegen die anderen Verteidiger ankommen.

Wer getroffen wird, muss sich hinknien und fünf Trommelschläge abwarten, ehe er weiterspielen darf. Nach der Schlaganzahl richtet sich auch die Länge des Spiels. „Wir spielen zweimal hundert Schläge, das variiert aber je nach Turnier“, erklärt Alexander.

Blitzschnelle Reaktionen

Für mein erstes Trainingsduell empfiehlt er eine gut anderthalb Meter lange Langpompfe. „Mit der darf man auch zustoßen, das ist für Anfänger ein bisschen einfacher.“ Mit anderen, etwa dem längeren Stab oder dem Q-Tip mit zwei Angriffspolstern, ist nur Schlagen erlaubt.

Beim Duisburger Verein Cervisia Ultima trainieren Männer und Frauen nicht nur gemeinsam, auch bei Ligaspielen, Turnieren und Meisterschaften treten sie in gemischten Mannschaften an. Das ist bei der Sportart Jugger üblich.
Beim Duisburger Verein Cervisia Ultima trainieren Männer und Frauen nicht nur gemeinsam, auch bei Ligaspielen, Turnieren und Meisterschaften treten sie in gemischten Mannschaften an. Das ist bei der Sportart Jugger üblich. © FUNKE Foto Services

Mein Gegner heißt Christian Fusten und setzt auf die Kurzpompfe samt dazugehörigem Schild, mit dem er die Trefferfläche seiner ohnehin geringen Körpergröße noch weiter verringert. Seinen ersten Angriffen weiche ich überrascht aus. Wann immer ich dagegen zum Schlag ansetze, reagiert Christian blitzschnell und landet einen Treffer nach dem anderen. „Versuch mal, nicht auf seine Beine zu zielen, die kann er schnell zurückziehen“, rät Alexander. Einige Duelle später gelingt es mir tatsächlich, Christian mit der Langpompfe zu berühren.

Läuferin
Läuferin © FUNKE Foto Services

Inspiriert ist die Sportart von dem Film „Die Jugger – Kampf der Besten“ aus dem Jahre 1989. In ihm ziehen die Helden einer postapokalyptischen Welt von Ort zu Ort, um gegen andere Jugger-Mannschaften ihre Wettkämpfe auszutragen – allerdings mit Eisenstangen. Einige Jahre später minimierten Fans durch weichere Materialien das Verletzungsrisiko und passten das Regelwerk an. So entstand ein echter Sport für jeden, der eine gute Koordinationsfähigkeit besitzt.

Der Duisburger Verein Cervisia Ultima existiert seit 2010, die aus Männern und Frauen bestehende Jugger-Truppe allerdings schon seit rund zehn Jahren. Derzeit trainiert sie jeden Sonntagnachmittag im Meidericher Stadtpark, nachdem ihre Spielwiese in Friemersheim einem Ascheplatz gewichen ist.

Getroffen von der langen Kette

Es ist Zeit für mein erstes Spiel. Nach dem Startsignal laufen alle Jugger aufeinander zu – ich habe mich wieder für die Langpompfe entschieden. Mein Duellgegner schwingt mir die drei Meter lange Kette entgegen, an deren Ende sitzt eine Schaumstoffkugel. Ich habe keine Chance: Getroffen! Ich muss mich hinknien. Aber das nutzt ihm nichts – der Weg ist frei für unsere Läuferin und sie bringt den Jugg im gegnerischen Tor unter.

Dieser Sport ist geprägt von den Fähigkeiten der Spieler in den Eins-gegen-Eins-Duellen. Der Fokus liegt nicht auf dem Spielball, sondern auf jedem einzelnen Mitspieler. Genau das macht Jugger so besonders. Und ein Schlag oder Stoß mit der Pompfe tut tatsächlich nicht weh. Alexander Gohr bestätigt es: „Das passiert bei uns komplett, ohne dass Blut fließt oder Knochen brechen.“