Duisburg. Das Spielprinzip ist eine Mischung aus Fechten und Rugby. Und gleicht einem modernen Gladiatoren-Kampf. Vereine gibt es auch in der Region
Mit Schwung lässt Janine die Kette über ihrem Kopf kreisen. Immer schneller rotiert die Kugel am Ende, dann schlägt sie zu. Das Spielgerät trifft den anstürmenden Gegner an der Hüfte und haut ihn um. Nicht wirklich, natürlich. Nach wenigen Sekunden steht er wieder und läuft unversehrt weiter. Bei der Fun-Sportart Jugger sind die Waffen nicht aus Metall, sondern aus Schaumstoff. In den Zweikämpfen geht es dennoch zur Sache. Grund genug für Spaziergänger, an der Wiese im Stadtpark Duisburg-Meiderich stehen zu bleiben.
Seinen Ursprung hat die Schaumstoffschlacht im Endzeit-Film „Die Jugger – Kampf der Besten“ mit Rutger Hauer von 1989. Auf der Leinwand endeten die Duelle fast immer mit dem Tod des Kontrahenten. Bei dem Duisburger Jugger-Verein „Cervisia Ultima“ kommt es nicht so weit. „Wir wollen unseren Gegnern nur einen dicken Schädel bereiten. Wie nach dem letzten Bier, das man am Ende eines feucht-fröhlichen Abends trinkt“, erklärt Gründungsmitglied Alexander Gohr. „Cervisia Ultima“ eben.
Auf den ersten Blick sieht eine Partie wie ein chaotischer Gladiatorenkampf aus. In der Mitte der Wiese liegt der Jugg: ein Paket aus Klebeband und Schaumstoff. Nach dem Startsignal stürmen jeweils fünf Spieler darauf zu. Aufheben und ins Ziel befördern darf ihn nur der Läufer. Er ist auch der einzige, der die Hände frei hat. Die anderen im Team sorgen mit Pompfen, einer Art überdimensionalen Wattestäbchen, und Ketten der Marke Eigenbau dafür, dass er freie Bahn hat.
„Das Spielprinzip ist eine Mischung aus Rugby und Fechten. Wer getroffen wird, muss sich hinsetzen und kann fünf bis acht Steine lang nicht mitspielen.“ Steine – diese Zeiteinheit stammt aus dem Film. Es ist etwas mehr als eine Sekunde. Gerade so lang, wie ein Mensch braucht, um einen Stein immer wieder gegen eine Metallplatte zu werfen. In Duisburg kommt der Rhythmus aus einem Lautsprecher.
Legen getroffene Spieler eine Zwangspause ein, zischt der Läufer vorbei. „Es geht um Geschwindigkeit, Agilität, aber auch um Geschicklichkeit. Das Spiel ist wegen der vielen Facetten nicht planbar.“ Während von vorn die Kette auf einen Spieler zurast, kann im Rücken schon jemand mit der Pompfe warten. „Es dauert zu lange, für einen Schlag voll auszuholen. Keiner schlägt deshalb hart zu. Selbst das Streifen der Kleidung wird als Treffer gezählt“, erklärt Gohr. In der Endzeit wäre das wohl anders.
Schon gewusst?
Die Vereine sind über die ganze Region verstreut. Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es 13 von ihnen. Der Sport Jugger wird allerdings nicht nur in Deutschland gespielt. In Spanien gibt es ebenfalls eine rege Szene. Selbst am anderen Ende der Welt, in Australien, tauchen Spieler in die apokalyptische Welt des 80er-Jahre-Films ein. Kein Wunder, dort wurde der Streifen auch gedreht.
Ums nackte Überleben kämpfen die Menschen im Endzeitfilm „Die Jugger - Kampf der Besten“. Nach einem apokalyptischen Atomkrieg ist die Erdoberfläche zerstört. Lebensmittel sind rar und winken dem Gewinner einer Partie Jugger. Schauspieler Rutger Hauer spielt in dem Film einen Jugger-Veteranen.
Ein Hundeschädel fungierte im Film als Jugg. Einige Teams haben den Knochen-Kopf nachgebaut und damit gespielt. Manche Zuschauen fanden diese Idee nicht lustig. Nach Protesten besteht der Jugg nun aus Schaumstoffresten, die beim Bau der Pompfen und Ketten übrig bleiben. Sie werden mit Klebeband zu einem Paket geschnürt.
Hier wird um den Jugg gekämpft
Training mit Hintergrundrauschen in Duisburg-Meiderich
Der Duisburger Verein „Cervisia Ultima“ trainiert mit dem Rauschen der A59 im Rücken. Reinschnuppern kann jeder. Pompfen zum Ausleihen sind vorhanden. Der Verein ist auf der FeenCon (21.-22.7.) in Bonn-Bad Godesberg vertreten.
Training sonntags, 13 Uhr, auf der Wiese des Stadtparks Meiderich, Bürgermeister-Pütz-Str., direkt an der Anschlussstelle Duisburg-Ruhrort gelegen. www.cervisia-ultima.de
In Haen wird nicht nur Jugger gespielt
Auch in Hagen werden die Pompfen geschwungen. Der „Jugger-Club“ bietet aber gleich zwei Sportarten an. Neben Jugger kann Tchoukball gespielt werden. Dabei wird ein handballähnlicher Ball gegen eine Prellwand geworfen.
Training mittwochs, 17-19.30 Uhr (SSV Hagen, Am Sportpark 16); sonntags ab 14 Uhr (Hamecke Park, Fritz-Reuter-Str. 4). www.jugger-hagen.de
Bochumer ziehen im Winter vom Sportplatz in die Halle
Interessierte haben im Ruhrgebiet die Qual der Wahl. Ein weiterer Jugger-Verein trainiert in Bochum. Der „Jugger Hausen“ macht im Sommer einen Sportplatz unsicher. Im Winter ziehen Pompfen und Spieler in die Halle
Training im Sommer (1.4.-30.9.) montags und mittwochs, 18-20 Uhr, Sportplatz „Auf der Heide“, Steinkuhlstr. Ab dem 1.10. in der Halle. www.jugger-haufen-bochum.de