Duisburg. Vor fünf Jahren flüchtete der Sportlehrer Majed Al Obeid nach Duisburg. Durch Zufall machte er Praktikum am „Landfermann“ – nun darf er bleiben.

Majed Al Obeid geht auch in den Ferien gerne in die Schule: Der 31-Jährige ist studierter Sportlehrer und hat in Syrien bereits als Pädagoge gearbeitet, bevor er sich vor fünfeinhalb Jahren entschied, nach Deutschland zu fliehen. 40 Tage dauerte die beschwerliche Reise – es ging, meistens zu Fuß, durch die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn. „Hinter uns lag der Tod, vor uns etliche Schwierigkeiten, aber auch eine winzige Chance – und Hoffnung auf ein besseres Leben“, erinnert sich Majed Al Obeid. Ein Zufall hat dafür gesorgt, dass sein Traum vom Leben in Deutschland nun langfristig Realität wird. Vor ein paar Tagen bekam der Neudorfer ein Schreiben, dass er nach den Ferien einen unbefristeten Vertrag als Sportlehrer am Landfermann-Gymnasium bekommt. Jetzt fehlt nur noch die Niederlassungserlaubnis von den Behörden – aber die ist schon seit ein paar Monaten beantragt.

Engagierte Musikerin vermittelte Praktikum am Duisburger Gymnasium

„Papierkram gehört in Deutschland dazu“, hat Majed Al Obeid schnell gelernt. Als er 2015 nach Dortmund in die Flüchtlingsunterkunft kam, dachte er noch „Deutschland ist Deutschland.“ Er zog nach Bramsche, später nach Osnabrück und landete schließlich in Duisburg. „Ich kannte hier nichts, aber in Osnabrück war es schwierig, eine Wohnung zu finden und ein Bekannter hat mir etwas in Hochfeld vermittelt“, beschreibt er seinen Start. Schnell merkt er: Die Atmosphäre im Norden der Republik ist eine andere als im Ruhrgebiet. Doch eine Zufallsbekanntschaft mit Imke Alers, Oboistin bei den Philharmonikern, half ihm beim Einleben.

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Imke Alers engagierte sich für Flüchtlinge und begleitete einen anderen Syrer zu einer Sprachprüfung, für die auch Majid Al Obeid angemeldet war. Bei einem Kaffee erzählte er, dass er Lehrer ist und im Rahmen seines Sprachkurses ein Praktikum machen muss – am liebsten an einer Schule. „Sie hat gar nichts gesagt, aber einige Zeit später meldete sie sich bei mir und sagte, dass ich zum Landfermann könne“, erzählt er.

Christof Haering, Rektor des Gymnasiums, erklärt: „Damals hatten wir wirklich einen Mangel im Fach Sport. Trotzdem haben wir natürlich darüber nachgedacht – schließlich ist es etwas anderes, nur zu helfen oder jemanden einzustellen.“ Doch Haering, der in der Vergangenheit selbst an deutschen Schulen im Ausland arbeitete, gab Al Obeid eine Chance. Er weiß: „Es hat lange gedauert, bis wir am Landfermann auch Lehrer mit ausländischen Namen im Kollegium hatten.“ Inzwischen gebe es auch einen Kollegen mit iranischen Wurzeln.

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Die Ämter erkannten Al Obeids Zeugnisse an. Zunächst unterrichtete der Pauker aus Syrien in Seiteneinsteiger-Klassen, in denen Kinder aus Flüchtlings- oder Zuwandererfamilien zum Beispiel Deutsch lernen. Er selbst besuchte parallel ebenfalls einen Sprachkurs, Stufe C1 für Fortgeschrittene. Der Nachweis ist nötig, um unbefristet arbeiten zu dürfen. „Ich habe Nachrichten geguckt und mich gewundert, dass es in Deutschland gar kein anderes Thema als Flüchtlinge gab. Und wenn mal jemand etwas Schlechtes gemacht hat, waren wir direkt alle verantwortlich.“ Inzwischen ist er froh, dass die Lage von der Gesellschaft differenzierter betrachtet wird.

„In Syrien haben wir nur auf dem Schulhof Sport gemacht“

Im nächsten Schuljahr gibt er vor allem Sportstunden. „Hier gibt’s Hallen und viel mehr Material. In Syrien haben wir nur auf dem Schulhof Sport gemacht oder, wenn es regnete, sind wir ins Klassenzimmer gegangen.“ Mit seinen Schülern komme er gut klar, ist sogar stellvertretender Klassenlehrer geworden. Die Siebtklässlerin Hannah, die gerade in Corona-Ferienbetreuung ist, bestätigt: „Herr Al Obeid ist sehr nett.“

Familie lebt in Syrien

Nur einen Wermutstropfen gibt für Majed Al Obeid: Seine Familie hat er seit sieben Jahren nicht mehr gesehen, sie lebt weiter in Syrien. Momentan halten sie vor allem Kontakt via Whatsapp.

Dank der anderen Lehrer am Landfermann-Gymnasium habe er sich dennoch gut eingelebt: „Ich habe hier nicht nur Kollegen, sondern auch Freunde gefunden.“