Stephan Koch ist der Vorsitzende der Flüchtlingshilfe Neudorf. Im Gespräch erklärt er, wie die Ehrenamtlichen die Arbeit anpassen mussten.

Die Flüchtlingshilfe Neudorf hat sich im Oktober 2015 als Initiative zusammengefunden. Die Zahl der Flüchtlinge ist in den vergangenen Monaten zurück gegangen. Wie hat sich die Arbeit der Flüchtlingshilfe verändert?

Stephan Koch: Bemerkenswert ist, dass wir trotz der wechselnden Belegungszahlen der Gemeinschaftsunterkunft Memelstraße in den vergangenen Jahren nahezu eine konstante Nachfrage an den Angeboten der Kleiderkammer haben. Dies zeigt, wie wichtig diese Einrichtung für Geflüchtete und andere Menschen in unserer Nachbarschaft geworden ist. Hierfür dürften neben dem Angebot an gebrauchten Kleidern und Hausrat vor allem auch die Aktionen im Begegnungscafé an der Kleiderkammer beitragen.

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Was findet dort zum Beispiel statt?

Neben der Möglichkeit während der regelmäßigen Öffnungszeiten bei Tee und Gebäck zwanglos ins Gespräch zu kommen, finden dort immer Veranstaltungen statt, die Menschen über Kulturen und Religionen hinweg in Verbindung bringen - wie die Nikolausfeier, über die sich natürlich vor allem Kinder in den letzten Jahren sehr gefreut haben.

Wie gefragt sind noch Deutschkurse und die anderen Angebote?

Die Deutschgruppe hilft noch an vier Nachmittagen pro Woche. Dabei geht es nicht nur um das Erlernen der Sprache, sondern auch um die Vorbereitung von Bewerbungen oder wenn Auszubildende begleitet werden müssen und sprachliche Unterstützung brauchen. Andere, zum Beispiel aus der Behördengruppe, haben ihr Engagement aus privaten Gründen beendet. Auch wenn einige Veranstaltungen und Kurse natürlich weniger Besucher oder Nutzer haben als zu den Zeiten, in denen mehr als 450 Bewohner in der Gemeinschaftsunterkunft untergebracht waren, wird hierbei eines deutlich: Integration bedarf langfristiger Bemühung und jeder Menge Zeit.

Wie geht’s weiter?

Uns motiviert nicht die große Bühne der medialen Aufmerksamkeit, wie es sie in den vergangenen Jahren teilweise gab, sondern die schlichte Erkenntnis: die Gemeinschaftsunterkunft Memelstraße wird noch viele Jahre ein Teil von Neudorf bleiben. Diese Tatsache ist nach wie vor wichtig für Menschen, die hier leben. Die Arbeit vieler hilfsbereiter Nachbarn kommt den Menschen zugute, die – auch künftig – immer wieder als neue Nachbarn zu uns nach Neudorf kommen werden. Wie schnell sich jederzeit auch Flüchtlings- und Belegungszahlen einer Unterkunft ändern könnten, zeigen die aktuellen tragischen Ereignisse im syrisch-türkischen Grenzgebiet in den letzten zwei Wochen nur zu gut. Wir halten es daher für wichtig, angesichts der fragilen weltpolitischen Situation vorbereitet zu sein.