Duisburg. Die Grünen starten in Duisburg mit einem jungen Team in den Kommunalwahlkampf. Sie setzen auf den Klimawandel, bekennen sich aber zur Stahlstadt.
Am Ende sind die Entscheidungen für 36 Wahlkreise gefallen - und das Wahlprogramm ist auch durchdiskutiert und abgesegnet: Drei Tage lang haben Bündnis 90/Die Grünen in der Kraftzentrale des Landschaftsparks in Duisburg getagt und ein Mammutprogramm absolviert, jetzt sind sie startklar für die Kommunalwahl im September.
„Grün ist: Weitergehen, wo andere stillstehen“ - unter diesem Motto schicken sie Felix Lütke und Anna von Spiczak als Spitzenkandidaten ins Rennen. Die beiden 33-Jährigen sind im Hauptberuf Polit-Profis - sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Landtagsbüro der Grünen, er ist Büroleiter der Grünen EU-Abgeordneten Terry Reintke. „Der berufliche Hintergrund hilft, ehrenamtlich Politik zu machen“, sagt Lütke.
Bei der letzten Kommunalwahl 7,4 Prozent
Bei der letzten Kommunalwahl 2014 landete Bündnis 90/Die Grünen in Duisburg bei 7,4 Prozent, weit abgeschlagen hinter der SPD (40,1%) und der CDU (36,1%). Zahlen nennen die Grünen nicht, aber seither ist viel passiert und bei der Wahl im September sollen es deutlich mehr Anteile werden. Ihre 40 Menschen starke Liste umfasst Schulleiter, Stadtwerke-Mitarbeiter, Leute aus der Baubranche - „eine bunte Liste von Kompetenzen“, lobt Felix Lütke. Nur zwei der aktuell sechs Ratsmitglieder tauchen wieder auf. Ein bisschen Erfahrung geht verloren, der Frauenanteil ist mit 22 zu 18 höher - und jünger ist die Liste im Schnitt auch.
Was durchaus gut sein kann, wie Max Lucks bewies. Der Bundesvorsitzende der Grünen Jugend unterstützte die Duisburger Kollegen, in dem er ihre Veranstaltung leitete. Und das so unaufgeregt und witzig zugleich, dass man sich gut unterhalten fühlte. Die Abstimmungen für das Wahlprogramm koordinierte er akkurat, bremste Vielredner souverän aus - und schreckte auch nicht vor schlechten Witzen über Duisburg zurück, um technische Wartezeiten zu überbrücken.
Bekenntnis für die Stahlstadt Duisburg
Von den 400 Parteimitgliedern waren am Sonntag noch rund 60 gekommen, mit Tupperdosen und Thermoskannen ausgerüstet folgten sie den Diskussionen, die durchaus an die grüne DNA gingen. So werden sie für die Stahlstadt Duisburg einen Sonderweg in Sachen Klimaschutz gehen, schließlich stamme jede dritte Tonne in der EU aus Duisburg, betonte Sebastian Ritter.
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Die entsprechende Umweltbelastung könne man nicht durch Reduzierungen bei Verkehr oder Energie ausgleichen. Man könne die Stadt nur dann bis 2035 klimaneutral bekommen, wenn die Schwerindustrie weg ist, „und das können wir nicht realistisch fordern“, ergänzte Matthias Schneider vom Kreisvorstand. Der Kompromiss, der die Investitionszyklen der Stahlindustrie berücksichtigt und am Ende im Papier landete, sieht vor, dass Duisburg spätestens 2040 genau so viel Kohlendioxid ausstößt wie es aufnimmt.
65 % der Kinder sollen einen Platz im Offenen Ganztag bekommen
In Sachen Bildung wollen die Grünen den Anteil der Kinder, die im Offenen Ganztag sind, auf 65 % erhöhen. Auf dem Medizinsektor wollen sie Gestaltungsmöglichkeiten, die durch Privatisierungen verloren gegangen sind, zurückholen. Der linke Flügel forderte eine Rekommunalisierung der Krankenhäuser. Grünen-Landeschef Felix Banaszak bremste diesen Vorstoß aus mit Verweis auf neue Konzepte auf Bundes- und Landesebene für die regionale Gesundheitsversorgung, die eine Spezialisierung einzelner Häuser im Blick hat sowie eine „Virtualisierung“ bestimmter medizinischer Dienstleistungen.
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Einen Schwerpunkt setzt die Partei bei der Digitalisierung. Gefordert wird eine bessere Ausstattung für die Schulen, passende Geräte für alle Schüler, außerdem ein Online-Bürgerservice. Außerdem schwebt den Grünen eine „Duisburg Card“ vor, die einkommensschwachen Haushalten auf einfachem Wege Zugang zu Kultureinrichtungen oder dem Zoo gewährt. Kombiniert werden soll sie mit einer Duisburg-App, „weil viele gar nicht wissen, was es bei uns alles gibt“, sagt Anna von Spiczak mit Verweis auf das „schlechte Stadtmarketing“ - noch eine Baustelle.
Langfristiges Ziel: Die autofreie Innenstadt
Beim Themenfeld Wohnen setzen die Grünen auf einen Paradigmenwechsel, so Lütke. Bei der Entwicklung neuer Wohngebiete müsse das Auto am Ende der Prioritätenliste stehen. Langfristiges Ziel sei eine autofreie Innenstadt - aber nicht mit Verboten, sondern durch attraktive Alternativen.
30 % der Neubaugebiete soll sozialer Wohnraum werden. Und gebaut werden soll ökologisch, energieeffizient, mit mehr Dachbegrünung.