Duisburg. Tupi (7) aus Angola kam mit schweren Brandverletzung ins Sana Klinikum Duisburg. Spezialisten stellten ihre Hand und ihr Gesicht wieder her.
Was sie im Krankenhaus am liebsten mache, wird Tupi gefragt. „Fernsehen“, antwortet die Siebenjährige – sehr gerne schaut sie Biene Maja. Eigentlich heißt sie Tuapuatchi, den Spitznamen hat sie der Einfachheit halber verpasst bekommen. Die Kinderstation der Sana-Kliniken ist seit Mitte April ihr Zuhause. Als sie klein war, verbrannte sich Tupi bei einem Unfall den rechten Unterarm und die Hälfte ihres Gesichts. In ihrer Heimat Angola konnten diese Verletzungen jedoch nicht behandelt werden. In Zusammenarbeit mit der Organisation Friedensdorf International stellte ein Duisburger Ärzteteam die Funktion von Tupis Hand weitgehend wieder her.
Zwei Mal im Jahr bringt die Hilfsorganisation schwer verletzte Kinder aus aller Welt nach Deutschland, um sie dort behandeln zu lassen. Das übernehmen Krankenhäuser wie das BG Klinikum und die Sana Klinik in Duisburg – die Behandlung ist umsonst. Tupi stammt aus der Provinz Namibe im südlichen Teil der Küste Angolas. Wie genau sich die kleine Patientin die Hand verbrannte, ist unklar. Wahrscheinlich passierte es beim Kochen, als heißes Öl über ihren Körper lief.
Behandlung in Duisburg: Tupi erlitt schwere Verletzungen
„Das ist ein paar Jahre her. In der Zeit ist die Hand vernarbt und konnte nicht mehr benutzt werden“, erklärt Raouf Onallah, plastischer und Handchirurg des BG Klinikum. „Die Finger waren gekrümmt, der größte Teil des Daumens nicht mehr vorhanden. Er ist in der Folge in die Hand eingewachsen“, erläutert er. Auch die rechte Hälfte von Tupis Gesicht hat Verbrennungen dritten Grades erlitten, der Mundwinkel und der Hals waren verzogen.
In drei Operationen transplantierten Onallah und sein Team Gewebe, begradigten die Hand und holten mit noch vorhandenen Muskeln und dem Knochen den Daumen aus der Hand hervor. „Sie wird damit wieder greifen können, auch wenn sie feinere Arbeiten weiter mit links machen wird“, sagt Axel Feldkamp, leitender Oberarzt der Station.
Operation zu kompliziert für einige Kliniken – Duisburger Spezialisten übernahmen
Im November kam Tupi ins Friedensdorf nach Oberhausen. Zwischenzeitlich wurde sie auch bei einer Klinik in Süddeutschland vorstellig, die dortigen Ärzte trauten sich eine solch komplizierte Operation aber nicht zu. „Zwei Drittel aller Brandverletzungen geschehen durch Verbrühungen, so eine Verletzung wie an Tupis Hand war selbst für uns eine Herausforderung“, sagt Onallah.
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Bereits eineinhalb Wochen vor der Operation kam Tupi in die Klinik, zur Eingewöhnung. „Ich fände es ganz schrecklich, wenn ich nach einer OP mit Schmerzen aufwache und niemand ist da, den ich kenne“, sagt Feldkamp. So freundete sich Tupi mit dem Pflegepersonal und ehrenamtlichen Helfern an. Die Operationen hat sie tapfer über sich ergehen lassen. Eine vierte wird folgen, um Drähte aus ihrer Hand zu entfernen. „Sie hat sich sehr gefreut, als sie ihren neuen Daumen gesehen hat“, sagen die Ärzte.
Kein Kontakt zu den Eltern, Datum für die Rückreise nach Angola unklar
In ein bis zwei Wochen kann sie entlassen werden. Danach aber geht die Behandlung weiter, auch in Angola: „Die Qualität einer verheilenden Brandverletzung hängt immer auch von der Nachbehandlung ab“, betont Onallah. Neben Cremes, die ihre Narben geschmeidig machen sollen, erhält Tupi spezielle Kompressionskleidung des Duisburger Sanitätshauses Münch & Hahn.
Kontakt mit ihren Eltern hat die Siebenjährige in all der Zeit nicht. „Das wäre anderen Kindern gegenüber nicht fair, nicht alle Eltern haben ein Telefon“, erläutert Claudia Peppmüller, Sprecherin des Friedensdorfs. Über die Partnerorganisationen vor Ort werden sie aber über den Zustand ihres Kindes auf dem Laufenden gehalten – auch jetzt während der Corona-Pandemie. „Die meisten vertrauen uns, weil sie um die Not ihrer Kinder wissen.“ Wann Tupi wieder nach Hause fliegen kann, ist allerdings unklar, denn zur Zeit ist der Flugverkehr aufgrund des Virus’ unterbrochen.
Friedensdorf International holt Kinder nach Deutschland
Seit vielen Jahren behandeln Duisburger Kliniken wie Sana und das BG Klinikum unentgeltlich Kinder aus dem Friedensdorf International in Oberhausen. Die Spezialisten sichern ihr Überleben in der Heimat, wo eine Behandlung ihrer Unfall- und Kriegsverletzungen nicht möglich ist.
Zwei bis drei Kinder werden alljährlich in den Sana Kliniken von plastischen oder Neurochirurgen behandelt. Sie kommen aus aller Welt, neben Angola auch Afghanistan oder Tadschikistan.
Die Kinder werden vor Ort von Partnerorganisationen ausgewählt, bis zu 1000 Familien kommen zu so einem Termin.
Ein bis zwei Jahre – einschließlich der Zeit der Behandlung – bleiben die Kinder dann im Friedensdorf in Oberhausen, bevor sie zurück nach Hause fliegen. Schulunterricht und ähnliches erhalten sie in der Zeit nicht, die Kinder werden stets in ihre Heimat zurückgebracht.