Duisburg. Thomas Krützberg wurde 2013 Beigeordneter für Familie, Bildung, Kultur. Die Kultur war ihm nicht in die Wiege gelegt. Ein Rückblick im Interview.

Dass Thomas Krützberg 2013 Beigeordneter für Kultur wurde, hat viele erstaunt. Der Leiter des Jugendamtes war ein anerkannter Fachmann in seinem Ressort, als Dezernent bekam er die Aufgabenbereiche Familie, Bildung und Kultur. Kultur? Das war dem Diplom-Verwaltungsfachwirt und Schalke-Fan nicht in die Wiege gelegt. Er betrat unbekanntes Terrain. Jetzt geht er als Chef zum Immobilienmanagement IMD. Ein Rückblick auf eine problembeladene Amtszeit.

Sie sind 2013 ins kalte Wasser geworfen worden und hatten gleich mit einer Menge Ärgernisse zu kämpfen. Stichwort Mercatorhalle und Traumzeit-Festival.

Thomas Krützberg: Ich habe ja auch als Amtsleiter und Duisburger schon gesehen, was in den anderen Amtsbereichen passiert. Die Traumzeit fand ich schon immer klasse, und die neue Mercatorhalle bei der Eröffnung auch. Nach anderthalb Jahren Schließung hat mich der Oberbürgermeister angesprochen: Du bist Hauptnutzer, jetzt bring die doch in Ordnung.

Ihr vorzeitiger Einstieg beim IMD sozusagen?

So ungefähr. Ich will meine Leistung gar nicht nach oben ziehen, ich habe ja bautechnisch null Ahnung. Es ist mir gelungen, die Mitarbeitenden dazu anzuhalten, was zugesagt wurde auch regelmäßig abzuarbeiten. Als ich mir sicher war, dass wir das schaffen würden, haben wir einen Termin genannt, nämlich den 1.9.2016. Und den haben wir dann auch gehalten.

Traumzeit-Festival: Für 2020 so viele Karten verkauft wie noch nie

Und das Traumzeit-Festival stand auch noch auf der Kippe.


Ich habe mich sehr schnell mit Frank Jebavy (damals Festivalbüro, heute Traumzeit-Leiter, d. Red.) zusammen gesetzt. Und ich glaube, wir haben ein gutes Konzept aufgelegt. Wenn ich heute sehe, wie sich die Traumzeit entwickelt hat, haben wir das richtig gemacht. Umso ärgerlicher ist, dass wir dieses Jahr absagen mussten. Wir hatten so viele Kartenbestellungen wie noch nie. Wir wären an allen Tage ausverkauft gewesen.

Aber die erwartete neue Struktur der Duisburger Festivals ist nicht herausgekommen?

Das kann man so und so sehen. Kinderkultur-Festival und Tanztage stehen für mich überhaupt nicht zur Disposition. Wir haben bei den Akzenten lange darüber geredet, ob zwei oder drei Wochen und ob die Trennung vom Theatertreffen richtig ist. Wir haben uns entschlossen, das Theatertreffen bei den Akzenten zu lassen und auf drei Wochen zu gehen. Die drei Wochen haben sich bewährt.

Gleich in Ihrem ersten Jahr gab es eine heftige Personalentscheidung um die Leitung des Lehmbruck-Museums. Raimund Stecker wurde entlassen, Söke Dinkla kam.

Ich muss zugeben, von Museumsarbeit hatte ich vorher keine Ahnung. OB Link hat mir dann die Problematik um Herrn Stecker geschildert. Ich habe gesagt: Dann sagen wir ihm, dass wir uns von ihm trennen. Es war kein angenehmes Gespräch. Nicht weil Professor Stecker wütend war, sondern er wollte uns sein neues Jahresprogramm vorstellen. Es hat ihn schwer getroffen, aber da war kein Vertrauensverhältnis mehr. Er hat das Museum in den Ruin getrieben. Dr. Dinkla hat sich nicht nur als Saniererin, sondern auch als künstlerische Leiterin profiliert.

Herzblut für das Zentrum für Erinnerungskultur

Nächste Katastrophe: Die Opernehe drohte 2015 zu platzen.

Bis dahin hatte ich schon gesehen, welche Bedeutung die Deutsche Oper am Rhein für das kulturelle und das Stadtleben bedeutet, da habe ich mich sofort „in die Matsche geschmissen“, und wir haben die Finanzmittel frei gekämpft. Das war mir wichtig, und da war ich richtig stolz, dass wir das geschafft haben.

Das Zentrum für Erinnerungskultur hatte bis dahin auch etwas brach gelegen.

Etwas brach gelegen? Da bin ich als Jugendamtsleiter schon vor Wut an die Decke gegangen, wenn ich gehört habe, dass man über Namen und was-weiß-ich gestritten hat. Und das in Duisburg, einer Arbeiterstadt, die sich – gerade in Hamborn – maßgeblich gegen den Nationalsozialismus gewehrt hat. Das ging gar nicht! Da hab ich viel Herzblut reingelegt. Als es gelungen ist, war ich zum ersten Mal richtig zufrieden als Dezernent.

Ein eigenes Zeichen gesetzt haben Sie mit dem Kulturentwicklungsplan, um den Kontakt zur freien Szene herzustellen und sie zu fördern.

Einbinden ist gelungen, Förderung sind wir noch dran. Es hat einige Zeit gedauert, bis sich die freie Szene und ich zusammengerauft haben. Ich bin ja auch nicht immer leicht zu nehmen. Was wir aufs Papier gebracht haben, ist gut, ist ein Handlungskonzept für den Kulturausschuss und ein Forderungskatalog der freien Szene. Wir haben viele gute Sachen reingeschrieben, die die freie Szene stärken werden.

Stadtteilbibliotheken als Anlaufstellen mit Sozialpädagogen

Aber das Soziokulturelle Zentrum Stapeltor können Sie als Kulturdezernent nicht mehr eröffnen.

Das ärgert mich. Aber ich habe auch Verständnis für die Arbeitssituation der Kollegen im Bauamt. Ich habe gedacht, ich könnte noch im April einen Dringlichkeitsbeschluss auf den Weg bringen. Hat nicht geklappt, aber kulturfachlich ist das Ding abgehakt.

Ein ungelöstes Problem sind die fehlenden Mitarbeiter in der Bibliothek.

Da bin ich jetzt mal ein bisschen hartleibig und sage: Damit haben wir in der ganzen Stadtverwaltung Probleme. Bei den Bibliotheken benötigen wir Fachpersonal von außen. Wir haben in Duisburg die klare Vorgabe, nur wenig Leute von außerhalb zu holen. Ich verfolge da einen anderen Weg. Zum Beispiel die Stadtteilbibliotheken zu sozialen Anlaufstellen zu machen mit einem gemischten Personalstamm mit sozialpädagogisch ausgebildeten Fachkräften.

Sie haben in letzter Zeit häufig gesagt, dass Sie im Kulturressort viel gelernt haben. Was nehmen Sie mit?

Als Verwaltungsmensch war ich der Kulturszene in Duisburg nie nahe. Was ich hier an interessanten Menschen kennen gelernt habe, nicht nur aus der freien Szene! Aus Arbeitsbeziehungen sind richtige Freundschaften geworden. Es war sehr anstrengend, ein Zeitfresser ohne Ende, aber für mich eine echte Bereicherung.

Braucht Duisburg einen eigenen Kulturdezernenten?

Nein, weil die Kultur so stark mit anderen Arbeitsbereichen – auch dem Sozialen und der Jugend – verbunden ist, dass die Kombination Jugend, Schule und Kultur richtig ist.

>> ASTRID NEESE ÜBERNIMMT / KRÜTZBERGS PERSONALENTSCHEIDUNGEN

• Thomas Krützberg kümmert sich bereits seit dem 1. Januar „nebenberuflich“ um das IMD – zusätzlich zu seinen Rathaus-Ressorts. Sein Fünf-Jahres-Vertrag beim IMD gilt ab dem 1. Mai, ab dann ist er Angestellter und beurlaubter Beamter.

• Am 30. Januar hat der Stadtrat mit deutlicher Mehrheit Astrid Neese zur neuen Beigeordneten für Familie, Bildung und Kultur, Arbeit und Soziales gewählt. Die Juristin, seit drei Jahren Leiterin der Agentur für Arbeit in Duisburg, tritt zum 1. Mai Krützbergs Nachfolge an.

• Die Amtszeit von Thomas Krützberg war von vielen wichtigen Personalentscheidungen geprägt. Nachfolger mussten unter anderem gefunden werden für Generalmusikdirektor Giordano Bellincampi (Axel Kober), Filmwochenleiter Werner Ruzicka (Gudrun Sommer und Christian Koch) und Filmforumschef Kai Gottlob (Michael Beckmann).

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