Duisburg. In der Corona-Zwangspause betreuen die Musiker ihre Studenten per Skype, feilen an ihrer Technik und neuen Stücken. Oder blasen das Alphorn.
Wenn der Applaus das Brot des Künstlers wäre, wäre es um die Duisburger Philharmoniker schlecht bestellt. Die Vollbremsung, mit der die Corona-Krise die Musiker aus einem Parforce-Ritt durch Proben, Konzert- und Opernauftritte aller Art in die heimischen Wohnzimmer verbannte, nimmt ihnen zwar nicht das tägliche Brot, aber einen Kristallisationspunkt ihres Wirkens: den Kontakt zum Publikum und die damit verbundenen Reaktionen, die ein Musikerleben frisch und in gesunder Spannung halten.
Auch wenn die Duisburger Philharmoniker im Unterschied zu vielen ihrer frei tätigen Kollegen die Durststrecke sozial abgesichert überstehen können, vermissen doch alle die Begegnung mit dem Publikum und das Zusammenwirken mit ihren Kollegen. Die Kontakte sind zwar stark eingeschränkt, aber nicht völlig unterbunden. So zieht es die Hornistin Waltraud Prinz und den Posaunisten Lars Henning Kraft regelmäßig in einen Park in Duissern, wo sie gemeinsam zur Freude der Spaziergänger musizieren. Für Abstand sorgen die mitgebrachten Alphörner, mit denen sich sogar ein wenig Urlaubsstimmung verbreiten lässt.
Friedemann Pardall arbeitet mit Salvatorkantor Marcus Strümpe
Wer seine Instrumente lieber zu Hause lässt, für den bietet das Internet bescheidene Alternativen. Davon macht auch Solo-Cellist Friedemann Pardall Gebrauch. Als Lehrbeauftragter an der Folkwang-Universität kann er über Skype seine Studenten weiter betreuen. Mit Übertragungsverzögerungen zwar, aber in ordentlicher Tonqualität. Und mit Kantor Marcus Strümpe plant er eine Gemeinschaftsarbeit, die für eine Gottesdienst-Übertragung genutzt werden soll.
Auch Tubist Ulrich Haas, ebenfalls Folkwang-Dozent, nutzt das Internet für seine Studenten. Und wie alle seiner Kollegen muss er derzeit noch intensiver als in den „aktiven“ Zeiten darauf achten, seine Spielfertigkeit fit zu halten. Wie alle seine Kollegen übt er mehrere Stunden täglich. Haas achtet vor allem darauf, die Mundmuskulatur geschmeidig halten.
Zwei Stunden täglich auf der Trommel trainieren
Schlagzeuger Christoph Lamberty pflegt die Feinmotorik seiner Hände, indem er mindestens zwei Stunden täglich elementare Spieltechniken auf der kleinen Trommel trainiert. Und auch die Becken dürfen nicht verstauben, um Schulterverspannungen zu vermeiden. Dabei kommt es Lamberty nicht nur darauf an, sich spieltechnisch frisch zu halten, sondern auch die innere Spannung wachzuhalten, die er wie jeder Musiker braucht, um sein Publikum faszinieren zu können.
https://www.waz.de/staedte/duisburg/duisburg-russische-raritaeten-im-lehmbruck-museum-id228570005.htmlNeben dem täglichen Üben nutzen die meisten Musiker die Zeit, um in Ruhe neue oder bekannte Stücke einzuüben und sich so intensiv mit musikalischen Problemstellen zu befassen, wie es der Orchesterdienst zeitlich nicht zulässt. Der Kontrabassist Francesco Savignano erschließt sich so neues Repertoire. Das ist nicht immer einfach, wenn die vierjährige Roberta und der siebenjährige Lorenzo den ganzen Tag zu Hause verbringen müssen. Natürlich genießt Savignano die gemeinsame Zeit mit den Kindern.
Fitness trainieren und Pfunde lassen auf dem Heimtrainer
Wie auch die Hornistin Waltraud Prinz, auch wenn es bei ihr mit drei Kindern und einem im Homeoffice tätigen Mann noch turbulenter zugeht: „Vormittags Schulaufsicht, nachmittags Üben und abends sind die Kinder froh, dass ich auch mal zu Hause bin.“ Nicht zuletzt steht körperliche Fitness auf dem Plan der Musiker. Der Trompeter David Christ hat sich einen Heimtrainer zugelegt und schon fünf Kilo abgenommen. Ob sein neu gewonnenes Interesse für die Kochkunst diesen Erfolg unterstützen wird, wird sich zeigen. Seiner für den Mai geplanten Eheschließung dürfte es weniger im Wege stehen als die Auswirkungen der Corona-Krise.
Mehr Bewegung hat sich auch der Oboist Mikhail Zhuraviev verordnet, der versucht, die negativen Folgen der Auszeit mit Tätigkeiten zu überbrücken, die bis dahin zu kurz gekommen sind. Etwa die Notenbibliothek zu ordnen, sich in Ruhe Musikstücke anzuhören, und, was kein Streicher nachvollziehen kann, mit besonderer Begeisterung und Präzision Doppelrohrblätter für die Oboe zu schnitzen.
Klarinettist entdeckt als neues Hobby die E-Gitarre
Klarinettist Ulrich Samtenschnieder achtet darauf, den Alltag so diszipliniert zu strukturieren wie in Corona-freien Zeiten. Um 7 Uhr wird gefrühstückt und danach unterstützt er seine im Homeoffice tätige Frau kräftig im Haushalt. An der Klarinette feilt er an seiner Technik, und er beschäftigt sich intensiv mit den Solo-Konzerten von Mozart bis Weber. Samtenschnieder. „Und dann kommt mein neues Hobby dran, meine E-Gitarre. Gegen Abend begleite ich dann eine Stunde meine Frau, die gern die Querflöte spielt, auf der Gitarre. Das macht uns beiden viel Freude.“