Duisburg. „Man muss sich schon auf die Schippe nehmen können“, sagt Ulrich Haas, Tubist der Duisburger Philharmoniker. Tuba-Quartett mit Humor.
Müssen Tuba-Spieler Humor haben? „Man muss sich schon auf die Schippe nehmen können“, sagt Ulrich Haas. Schließlich könnten dem Blech Töne entweichen, „die ein Grunzen sind“. Neben der ernsthaften Musik bei den Duisburger Philharmonikern lebt der Tubist die humorvollen Seiten seines Instruments seit 28 Jahren im Melton-Tuba-Quartett aus, das erste und einzige seiner Art in Deutschland, das aus vier Tubisten besteht. Mit Kollegen aus Bamberg, Dresden und Wuppertal gestalte er eher Kleinkunst-Auftritte, bei denen nicht nur musiziert sondern auch moderiert wird. „Dabei nehmen wir uns auch auf die Schippe.“
„Unsere letzte Untat hieß ,Das Ballett der Küchenschaben im Mülleimer’, das sich an Mussorgkys ,Ballett der Küchlein in ihren Eierschalen’ anlehnt; es ist eine tiefe Bearbeitung der hohen Piccolo- und Oboentöne – hört sich skurril an.“ Entsprechend bewerben die Musiker ihre CDs: Sie könnten „auf Rezept als Fußzonenreflexmassage“ verordnet werden.
2011 brachte das Quartett mit dem „Grand Concerto 4 Tubas“ des US-Tuba-Professors John Stevens mit den Philharmonikern eine Uraufführung heraus, seither hat das Werk bei 25 Konzerten für Furore gesorgt. „Demnächst schreibt Stefan Heucke etwas für uns mit Streichorchester und Schlagzeug“, verrät Haas. Aktivitäten, die wohl auch ausgleichen, dass die Tuba im Orchester selten zur Geltung kommt, sitzt sie doch „so weit weg hinten rechts“. Dennoch mache es Spaß, „die Basis der Blechbläser zu sein“. Zumal bei Werken von Bruckner, Mahler, Prokofjeff, Wagner oder Tschaikowsky, die die Tuba mehr bedacht haben als andere Komponisten.
Mit Hochleistungssport zu vergleichen
Das Instrument lag bei Ulrich Haas in der Familie. Der Großvater spielte als Hobby-Musiker Tuba und Kontrabass und sang, seinem Sohn Berthold ermöglichte er ein Musikstudium, er wurde Tubist im WDR-Sinfonieorchester. „Wenn jeder in der Familie mit so einem Blecheimer rumläuft, möchte man natürlich auch mal reinpusten“, sagt Ulrich Haas, der „die Liebe zu den tiefen Tönen“ wohl geerbt hat. Den ersten Unterricht erhielt er beim Vater. Es folgten eine Ausbildung bei Prof. Paul Heims vom Gürzenich-Orchester und das Studium in Köln. Nach einem kurzen Einsatz am Staatstheater Kassel wurde er 1983 Mitglied der Duisburger Philharmoniker. Besonders gern erinnert er sich an die Tourneen Mitte der 80er Jahre durch China und Russland, als die Philharmoniker im Bolschoi-Theater in Moskau gastierten.
Das tiefste der gängigen Blechblasinstrumente
Die Tuba, lateinisch für Röhre, ist das tiefste aller gängigen Blechblasinstrumente und besitzt drei bis sechs Ventile. Sie wurde 1835 in Berlin von Wilhelm Wieprecht und Carl Wilhelm Moritz entwickelt, die ein Patent auf eine Basstuba in F mit fünf Ventilen erhielten. Zuerst wurde sie in der Militärmusik eingesetzt, dann in Oper und Konzert. „Die Vorgänger waren technisch zu unvollkommen, um rein spielen zu können“, sagt Ulrich Haas. Ein Vorgänger in der Renaissance war der Serpent (von Schlange) aus Leder mit Klappen, darauf folgte etwa ab 1800 die Ophikleide. Heute werden im Orchester werden Basstuba und Kontrabasstuba gleichermaßen verwendet. Die Tuba ist im Orchester einfach, selten zweifach besetzt. Ob eine Partie mit der Bass- oder Kontrabasstuba gespielt wird, entscheidet der
Tubist zum Beispiel anhand von Tonlage, Lautstärke, Wunsch des Komponisten oder Klangvorstellung. Ein Orchestertubist muss beide Arten virtuos beherrschen. Im deutschsprachigen Raum hat sich die sog. Wechselform durchgesetzt, das heißt der Tubist wechselt zwischen Basstuba(F) und Kontrabasstuba(B) ab. „Die Tuba-Entwicklung ist noch lange nicht am Ende. Ich wechsle alle drei bis vier Jahre das Instrument“, sagt Ulrich Haas.
Zudem widmet sich Haas seiner Unterrichtstätigkeit an der Folkwang-Universität. Wer studiert Tuba? „Man muss eine Affinität zu tiefen Tönen haben, es kommt nicht auf die Größe an“, sagt Haas. Ganz wichtig sei es, sich breit aufzustellen, möglichst mehrere Standbeine zu haben, rät er seinen Studenten. „Weil es bundesweit pro Jahr vielleicht zwei freie Stellen für Tubisten gibt, da kommen auf jede etwa 80 Bewerber.“
Schließlich gibt es auch in großen Orchestern nur einen Tubisten. Da darf man eigentlich nicht krank werden. „Das ist eine Frage des Berufs-Ethos“, sagt Ulrich Haas. „Das Spielen von Blechblasinstrumenten sei mit Hochleistungssport zu vergleichen. Einen Ausgleich bieten Radfahren und Laufen mit dem Hund. „Mein Hobby ist sinfonische Blasmusik. Ich mache zwei Wochen Sommerpause, dann schaue ich mir auch mal Städte an.“