Duisburg. 10.000 Autos mehr sagt das Verkehrsgutachten für 6-Seen-Wedau voraus. Viel zu optimistisch, sagt der Bürgerverein Wedau – und zählte selber nach.

10.000 Autos mehr pro Tag im Umkreis von 6-Seen-Wedau, sobald das Neubaugebiet bezogen ist: Das ist die Rechnung der Stadt. Laut Verkehrsgutachten bedeutet das für den Kreisverkehr an der Kreuzung Kalkweg/Wedauer Straße: Die durchschnittliche Wartezeit pro Fahrzeug dürfte sich von derzeit zehn Sekunden auf bis zu 2,5 Minuten in Stoßzeiten erhöhen. Der Bürgerverein Wedau/Bissingheim fürchtet, dass die Zahlen, auf denen diese Rechnung beruht, veraltet sind. Er sagt: Es wird noch viel mehr Verkehr geben. Und rückte deshalb zur Autozählung aus.

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Das Ergebnis: In einer Stunde passierten rund 1800 Fahrzeuge die den Kreisverkehr. „Die Zahlen, die vor zwei Jahren für das Verkehrskonzept von 6-Seen-Wedau erhoben worden sind, sind heute nicht mehr realistisch“, sagt Wolfgang Gebhard, Vorsitzender des Bürgervereins. „Die Anlieger der Wedauer Straße glauben, dass der Verkehr zugenommen hat – die Autos stauen sich ja jetzt schon bis zur Großenbaumer Allee. Deswegen zählen wir jetzt einmal selber, um realistische Zahlen zu bekommen und Argumente zu haben, mit denen wir die Politik umzustimmen versuchen, das Verkehrskonzept von Sechs-Seen-Wedau zu überdenken.“

Am meisten Autos fahren zu Feierabend durch den Duisburger Kreisverkehr

Neben Gebhard stehen sechs weitere Angehörige des Bürgervereins um den Kreisverkehr herum (die Aktion fand vor den Corona-Einschränkungen statt, siehe Kasten) oder sitzen in ihren Autos. Mit mechanischen Handzählern führen sie Buch darüber, wie viele Autos aus verschiedenen Richtungen in den Kreisverkehr ein- oder aus ihm herausfahren. Etwa 1800 werden es binnen einer Stunde sein. „Die Zahl ist aber nicht repräsentativ“, sagt Gebhard. Deswegen will der Bürgerverein die Aktion nach den Osterferien wiederholen, erneut am späten Nachmittag und für insgesamt zwei Stunden. „Wir haben festgestellt, dass das die Spitzenzeit des Verkehrsaufkommens ist.“

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Wegen der Coronakrise verschoben

Die Autozählung des Bürgervereins Wedau/Bissingheim fand statt, bevor die Coronakrise das öffentliche Leben auf den Kopf stellte – und damit auch unsere Berichterstattung.

Eine Ausnahmesituation wie die aktuelle hat Vorrang vor Berichterstattung zu anderen Themen. Zuerst müssen und wollen wir das große Interesse unserer Leser an Texten dazu, wie sich Corona auf ihr Leben und die Stadt auswirkt, bedienen.

Daher drucken wir den Text zur Verkehrszählung jetzt erst.

Gebhard glaubt, dass die Zahl der passierenden Fahrzeuge mit der Besiedlung des ehemaligen Güterbahnhofs noch zunehmen wird, insbesondere, wenn noch Menschen aus Düsseldorfer Richtung herfahren. Dann sollen es täglich gut 9600 Fahrzeuge zusätzlich sein. „Wenn 6-Seen-Wedau eröffnet wird, haben wir hier das absolute Chaos.“ Hinzu kommen nach Einschätzung der Planer die Lkw, die täglich die Baustelle anfahren. Mehr als 100 könnten es im kommenden Sommer werden. Der Bürgerverein befürchtet zudem eine Zunahme des Verkehrs an warmen Tagen, wenn das halbe Ruhrgebiet nach Abkühlung und Erholung an der Sechs-Seen-Platte sucht.

Autozählung soll zu Änderungen bei Plänen für 6-Seen-Wedau führen

Gebhard hofft, mit der neuen Statistik die Bezirksvertreter überzeugen zu können, die bereits beschlossenen Pläne für 6-Seen-Wedau abzuändern. „Das ist ja noch nicht alles in Stein gemeißelt, bei so einem riesigen Projekt lässt sich bestimmt noch etwas nachbessern“, meint er. „Unser Vorschlag ist, den Verkehr über die Masurenallee und die Bissingheimer Straße zur A3 zu führen.“

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Der Bürgervereinsvorsitzende erläutert: „Das wurde damals mit der Begründung abgelehnt, dass Lkw im Falle eines Staus dort abfahren und durch die Siedlung fahren würden – das sehen wir aber nicht so“, so Gebhard. Er plädiert außerdem weiter für einen Bahnhaltepunkt südlich der Haltestelle Wedau. Doch auch für diesen Vorschlag gab es eine Absage – laut Bahnflächenentwicklungsgesellschaft ist dafür kein Platz. Die Sorge des Bürgervereins vor einem Verkehrskollaps hat also weiter Bestand.