Duisburg. In Zeiten leerer Supermarkt-Regale in Duisburg, verzeichnet der Online-Lieferdienst Picnic eine hohe Nachfrage. Ein Selbstversuch, wie es klappt.
Nudeln und Toilettenpapier fehlen derzeit in fast keinem Einkaufswagen. Die Deutschen hamstern, um durch die Corona-Krise zu kommen. Während das Shopping-Center Forum inzwischen geschlossen ist, leeren sich Supermarktregale. Auch der Online-Lebensmittelhändler Picnic, der in Duisburg-Wanheimerort ein Lager betreibt, registriert eine steigende Nachfrage. Für Neu-Kunden gibt es eine Warteliste, und die georderten Lebensmittel werden erst ein paar Tage später zugestellt. Normalerweise funktioniert das sonst am nächsten Tag Ein Selbstversuch.
In Duisburg wird jeder zehnte Haushalt von Picnic beliefert
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An dieser Stelle muss ich etwas gestehen: Ich bin manchmal altmodisch. Ich gehe gerne offline einkaufen – das gilt für Bücher und Schuhe ebenso wie für Lebensmittel. Ich mag es, per Fingerdruck zu fühlen, ob die Avocado oder Mango auch wirklich weich sind. Und meist landen nicht nur die Sachen im Einkaufswagen, die auf dem Zettel stehen. Sieht der Salat vorzüglich aus oder preist der Verkäufer an der Fleischtheke etwas an, bin ich zu begeistern.
Doch in Zeiten leerer Regale habe ich nun das erste Mal die Einkaufs-App „Picnic“ ausprobiert. Zum Glück hatte ich mir die schon einmal vor ein paar Wochen heruntergeladen. Seit September rollt der Online-Händler durch Duisburg. Inzwischen wird jeder zehnte Haushalt beliefert. Kunden können anfangs einige persönliche Angaben machen und so wissen die Picnic-Gründer, dass sich in Duisburger viele Familie online mit Waren des täglichen Bedarfs eindecken.
In Zeiten von Corona erfolgt die Übergabe kontaktlos, teilt Picnic morgens in einer E-Mail an die Kunden mit. Der Fahrer stellt die Kisten vor die Tür. Entnommen werden die Tüten dann vom Besteller selbst. So sollen die Mitarbeiter geschützt werden. Dass die Zeiten nicht normal sind, zeigt sich auch an einer anderen Einschätzung von Picnic-Mitbegründer Frederic Knaudt: „An durchschnittlichen Tagen bekommen wir Order für etwa eine halbe Tonne Nudeln. Aktuell sind das bis zu zwei Tonnen am Tag.“
Die App ist gut strukturiert. Öffnet man das Mini-Programm auf dem Handy, werden einem Angebote angezeigt, oder man kann nach Kategorien sortieren. „Fleisch, Fisch, Veggie“ zum Beispiel oder „Käse, Eier, Milch.“ Für 25 Euro muss man mindestens bestellen, dafür kostet die Lieferung nichts. „Es gibt schon auch Bons über 100 Euro“, erklärt Knaudt. Die Idee für Picnic stammt ursprünglich aus den Niederlanden.
In einer Statistik haben die Macher herausgefunden, dass die Duisburger gerne Haferflocken, Gurken und Joghurt mit Heidelbeeren bestellen. So gesehen bin ich durchschnittlich: Auch ich ordere eine Salatgurke, aber auch Mini-Bananen, Äpfel, die vom Niederrhein kommen, wie mir die App verrät. Außerdem Marmelade (Himbeere), ein Sixpack Wasser, Klopapier nicht zu vergessen. Das Eis ist ein Test, um zu schauen, in welchem Zustand Tiefkühlprodukte beim Kunden ankommen. Nudeln hätte ich gerne gehabt, aber die sind ausverkauft – ganz gleich, welche Marke.
Aktuell dauert es etwas länger, bis die Ware kommt
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Picnic verspricht, jeweils den günstigsten Preis anzubieten. Die Marken-Marmelade kostet so viel wie im stationären Einzelhandel. Auch Wasser, Eis, Obst und Gemüse sind vergleichbar. „Wir lassen jeden Morgen einen Scanner über die Preise laufen und wissen deshalb, was die Mitbewerber anbieten“, so Knaudt. Nur bei den Angeboten unterscheidet sich Picnic. Ich bestelle am Samstag und bekomme als nächstmöglichen Liefertermin den Mittwochnachmittag angezeigt. „Normalerweise geht das schneller, aber wir merken, dass viele online einkaufen.“ Stand Donnerstagmorgen können Kunden zwar weiterhin Waren in den Korb legen, die Liefertermine sind aber für die nächste Woche komplett ausgebucht. „Wir versuchen gerade die Eröffnung für ein weiteres Lager im Ruhrgebiet vorzuziehen, um unsere Kapazitäten zu erhöhen“, sagt Knaudt.
Zugestellt wird ab 14.30 Uhr bis 22 Uhr abends in drei Schichten. Derzeit sind 30 Elektro-Autos in Duisburg und in einigen Mülheimer Stadtteilen im Einsatz.
Picnic-Mitarbeiter Phil Ampomah kommt pünktlich. Am Morgen habe ich eine Mail bekommen mit einem 20-Minuten-Zeitfenster und der schlechten Nachricht: Klopapier ist nicht lieferbar. Verdammt. In umliegenden Supermärkten ist auch nichts mehr zu machen. Dafür schleppt Phil Ampomah die Einkäufe nach oben – vierte Etage, Altbau. Obst, Gemüse, Wasser und all die anderen Lebensmittel stecken in Plastiktüten, immerhin „Bioplastik.“ Ein Scanner verrät ihm bereits am Wagen, welche Beutel für mich bestimmt sind.
„Bis einen Abend vorher kann man die Bestellung noch ändern. Erst danach werden die Kisten gepackt“, erklärt Gründer Knaudt. Picnic kooperiert übrigens mit Edeka. Aktuell könne das Start-Up noch alles bestellen, was die Kunden kaufen. Nichtsdestotrotz könne es vorkommen, dass mal ein Artikel ausverkauft sei. Das Warenlager befindet sich am Niederrhein. Von dort wird nach Wanheimerort geliefert und auf die Elektro-Flitzer verladen.
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Phil Ampomah ist seit ein paar Monaten als so genannter Runner bei dem Unternehmen beschäftigt, so nennt Picnic seine Fahrer. Früher war der 26-Jährige auch bei anderen Lieferdiensten. „Aber wer bei Picnic bestellt, ist meist zu Hause“, vergleicht er. Verpassen sich Fahrer und Kunde doch einmal, gibt’s einen zweiten Zustellversuch nach der regulären Tour. Da alles online bezahlt wurde, muss auch nichts unterschrieben werden. Der Kontakt mit Geld entfällt also.
Das Eis ist noch gut gekühlt. Auch Obst und Gemüse machen einen guten Eindruck. Mit frischen Lebensmitteln bin ich also erst einmal versorgt. Die Jagd nach Klopapier muss ich aber wohl demnächst nochmal eröffnen.