Duisburg. Mit der Premiere von „Einer und Eine“ von Martin Heckmanns hat das Theatertreffen der Duisburger Akzente begonnen. Ein Stück mit Überraschungen.

Die Liebe und das Glück – ist darüber nicht schon alles gesagt? Nein! Das beweist Martin Heckmanns’ Stück „Einer und Eine“, das zum Auftakt des Theatertreffens der 41. Duisburger Akzente zum Thema „Glück“ jetzt im Foyer III Premiere hatte. In dieser schräg instrumentierten Liebesgeschichte hängt weder der Himmel voller Geigen noch rührt ein dramatisches Schicksal zu Tränen. Grete und Jakob sind ein komisches Paar.

Der 1971 geborene Martin Heckmanns, der 2003 und 2004 den Publikumspreis der Mülheimer Theatertage erhielt, erzählt eine moderne Liebesgeschichte, in der sich die Protagonisten oft wortreich und sprachlich brillant daneben um Kopf und Kragen reden. Die vielen überraschenden Wendungen, die rasante, präzise Inszenierung von Eva Zitta und das energiegeladene Darsteller-Quartett lassen in dieser Duisburger Eigenproduktion keine Sekunde Langeweile aufkommen.

Theater im Theater mit Dämonen und schrulligen Protagonisten

Eva Zitta lässt Theater im Theater spielen, und die ersten Worte sprechen die Dämonen ins Publikum, die als dunkel-glänzende Gestalten ihren schrulligen Protagonisten voraus eilen. „Alles hat angefangen...“ – für Grete und Jakob nicht etwa auf einem Datingportal, sondern mit einer zufälligen Begegnung im Supermarkt. Grete, die für Rilke-Gedichte schwärmt und Gebrauchsanweisungen übersetzt, und Jakob, der über Interaktionstheorie promoviert und sich mit Martin Buber auskennt, aber nicht mit Beziehungen, stoßen vor dem Kühlregal im Supermarkt zusammen.

Niemals so richtig locker: Grete und Jakob mit ihren Dämonen; im Hintergrund Wolfgang Völkl als herunter gekommener Straßenmusiker.
Niemals so richtig locker: Grete und Jakob mit ihren Dämonen; im Hintergrund Wolfgang Völkl als herunter gekommener Straßenmusiker. © Theater Duisburg | Sascha Kreklau

Sie peinlich-verschämt, er ängstlich-verklemmt, beide erstmal sprachlos, dann mühsam Worte findend, aber die Tonlage klingt falsch. Bei aller Verlegenheit ahnen sie: Vielleicht sind wir eine Geschichte. Es wird eine, aber sie ist alles andere als unbeschwert. Denn nicht nur sie selbst stehen sich im Weg, auch ihre beiden Dämonen lassen ihnen keine Ruhe. Sie sind ihre Stimmen im Kopf und reiben Grete und Jakob ihre Unzulänglichkeiten spöttisch unter die Nase. Sie sind aber auch die harte Außenwelt, der die beiden Weltfremden nicht Paroli bieten können: Mitbewohnerin Uschi erinnert Grete genüsslich an das letzte Liebes-Desaster, Jakobs Professor bedängt ihn mit Prüfungsfragen.

Brüllend komische Szenen mit Sex „als Erfahrung“

Beim Spaziergang in die Natur finden sie nicht die richtigen Worte, brüllend komisch sind seine misslungenen Komplimente oder ihr Seufzer: „Mein scharfes, scheues Reh!“ Nur beim Sex können sie sich fast vergessen. Sie behauptet, sie sei außer sich, er fragt sich, ob das nun Sex oder eine Erfahrung ist. Und: Ist eine Übersättigung an Glück nicht tödlich?

Na, daran werden die beiden nicht sterben, Grete braucht nach so viel Nähe eine Pause. Jakob versinkt weinend unter seinen Büchern. Dafür kommen sich die Dämonen näher. Ist Liebe nicht, gemeinsam Stimmen zu hören? Auch Grete und Jakob werden es erneut versuchen, später.

In Eva Zittas Inszenierung dieser intelligenten, schrägen und unterhaltsamen Geschichte laufen die Darsteller zu Höchstform auf: Anna Marienfeld windet sich krampfhaft in versuchter Lockerheit, ihren Dämon spielt Katharina Abel mit lauter, vulgärer Lache, Till Beckmann ist als Jakob die verkopft-scheue Unbeholfenheit in Person, dem sein Dämon (Adrian Hildebrandt) eher leise, aber sehr penetrant zu Leibe rückt. – Großer Beifall für 90 packende Minuten.