Duisburg. Ein Duisburger bemerkt in der Eurobahn, dass die Toiletten defekt sind. Der Streit mit dem Zugführer gipfelt in einer unglaublichen Durchsage.

Eine Fahrt mit der Eurobahn von Düsseldorf nach Duisburg. An einem Montagnachmittag. Die Abteile im Zug sind zum Bersten voll. Die Toiletten: alle verschlossen. Unter den Fahrgästen ist auch der unterschenkelamputierte Gabriel Jose Serodio da Conceicao – und er müsste mal ganz dringend. Aber wo?

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Er findet keinen Schaffner, läuft immer weiter und klopft schließlich beim Zugführer an, als die Bahn gerade steht. Es kommt zu einem Wortgefecht, das beide ganz unterschiedlich darstellen. „Ich habe ihn am Ende gefragt, ob ich in den Gang pinkeln soll“, so Serodio da Conceicao. Es ist der Höhepunkt des Streits, woraufhin der Zugführer – da stimmen der Duisburger und auf Nachfrage der Redaktion auch die Eurobahn ausnahmsweise überein – zum Mikro gegriffen habe. Für eine Durchsage sondergleichen: „Sehr geehrte Fahrgäste, der junge Mann mit der grünen Jacke möchte in den Zug urinieren.“

Streit im Zug – Duisburger fährt fast täglich mit der Bahn

Beide Seiten beschuldigen sich, respektlos aufgetreten zu sein. Serodio da Conceicao sagt: „Ich wollte nur auf die Toilette und da alle verschlossen waren, klopfte ich beim Zugführer“, so der Duisburger, der fast täglich mit der Bahn fährt. „Denn es gab nicht einmal einen Hinweis, dass die Toiletten offenbar defekt waren“, sagt er. Auf so einer Strecke, die gerade zur Rushhour immer so viele Gäste habe, gehe sowas einfach nicht – zumal die Fahrt ab Düsseldorf zwar für ihn am Duisburger Hauptbahnhof endete, nicht aber für viele weitere Fahrgäste. Endstation ist erst in Hamm.

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Seit einer Unterschenkelamputation ist Serodio da Conceicao schwerbehindert. Vor der Zugfahrt noch lange durch den Bahnhof zu laufen, um eine Toilette zu suchen, sei daher keine Option gewesen. „Ich habe habe mich darauf verlassen, dass ich in der Bahn aufs Klo gehen kann“, sagt er. „Ich war natürlich wütend darüber, dass keine Toiletten verfügbar waren, aber ich habe mich sicherlich nicht im Ton vergriffen.“

„Man hat mir gedroht, mich aus dem Zug zu werfen und die Polizei zu verständigen“

Nachdem er beim Zugführer angeklopft habe, sei vielmehr zunächst ein Eurobahn-Mitarbeiter – ein Azubi, wie die Pressestelle im Nachgang erklärt – aus dem Führerstand auf ihn zugestürmt. „Er hat auf meine Frage richtig pampig reagiert.“ Der Zugführer habe ihm daraufhin ebenfalls barsch erklärt, dass alle Toiletten verstopft seien. Der Duisburger macht klar, dass er dafür kein Verständnis hat. „Daraufhin hat man mir gedroht, mich aus dem Zug zu werfen und die Polizei zu verständigen“, so der Duisburger. Es sei versucht worden, ihn einzuschüchtern.

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„Erst danach habe ich gefragt, ob ich dann etwa in den Gang pinkeln soll“, sagt er. „Das war sicherlich nicht ganz richtig, aber im Eifer des Gefechts ist es mir eben herausgerutscht. Deshalb aber eine so eine Durchsage zu machen und mich vor allen Fahrgästen bloß zu stellen, ist eine Frechheit“, so Serodio da Conceicao.

Eurobahn: Duisburger war aggressiv

Die Marke Eurobahn

Unter der Marke Eurobahn betreibt Keolis Deutschland nach eigenen Angaben Züge in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen mit grenzüberschreitenden Zügen nach Holland und ist demnach der zweitgrößte Anbieter im öffentlichen Schienenpersonennahverkehr Nordrhein-Westfalens.

Mit rund 750 Mitarbeitern – davon mehr als 400 Fahrzeugführer und Zugbegleiter – befördert Keolis Deutschland täglich mehr als 105.000 Reisende im Regionalverkehr.

Seitens der Eurobahn beschreibt man das Auftreten des Fahrgastes als aggressiv. Er habe laut an die Tür des Zugführers gehämmert und dann aufgebracht über die Toilettensituation geschimpft. „Nachdem der Fahrgast jedoch seinen lautstarken Ton gegenüber unserem Auszubildenden fortsetzte, übernahm der erfahrene Triebfahrzeugführer das Gespräch. Er empfing die Androhung des Fahrgastes, dass dieser nun im Zug urinieren wolle“, heißt es in einer Stellungnahme der Eurobahn. Die erste Reaktion habe gelautet: „Dann bitte. Und im Anschluss den Zug direkt verlassen.“

Später habe den Fahrer ein beunruhigendes Gefühl umschlichen. „Im Hinblick auf Fahrgäste – angefangen vom Kleinkind bis zum Senioren – wollte der Triebfahrzeugführer die Kunden schützend warnen und entschied sich für die Durchsage“, heißt es weiter. Dass diese Aussage nicht zu den Fahrgastinformationen gehöre, die Fahrer durchgeben sollen, sei selbstverständlich. „So etwas gehört sicherlich nicht zum guten Ton. Eine Androhung dieses ,Urinieraktes’ im Zug seitens des Fahrgastes ist aber ebenso respektlos“, stellt eine Eurobahn-Sprecherin fest.

Duisburger erwartet persönliche Entschuldigung

Der Duisburger hingegen ist enttäuscht. „Ich habe ein Standardschreiben von Eurobahn als Entschuldigung erhalten. Das hätte ich aber vom Zugführer persönlich erwartet.“