Duisburg. Betriebsrat und IG Metall fordern ein Bekenntnis für das Thyssenkrupp-Grobblechwerk Hüttenheim. Einige Mitarbeiter sind pessimistisch.
In der Auseinandersetzung um die Zukunft des Grobblechwerks von Thyssenkrupp haben der Betriebsrat und Vertreter der IG Metall am Sonntag vor Werkstor 9 in Hüttenheim zu einem „Neujahrsempfang“ eingeladen. Seit Monaten ist die Belegschaft in tiefer Sorge um ihre Arbeitsplätze. Betriebsrat und IG Metall zeigen sich zu Jahresbeginn kämpferisch – doch einige Mitarbeiter haben die Hoffnung schon aufgegeben.
„Die Unsicherheit für die Mitarbeiter ist weiterhin unerträglich“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Mehmet Göktas. In seiner Rede vor etwa 150 Mitarbeitern und Interessierten vor Tor 9 kritisiert er die „Hinhaltetaktik“ der Konzernspitze und die für das Grobblechwerk geringen Investitionen der Vergangenheit.
Duisburg: Zukunft des Grobblechwerks hängt am Aufzugsseil
Die Zukunft des Grobblechwerks ist verknüpft mit dem Aufzugsgeschäft des Konzerns: Bis März soll eine Entscheidung getroffen werden, was mit der profitablen Sparte passiert. Mit einem Verkauf oder einem Börsengang könnte das Unternehmen Einnahmen generieren, die neben dem Schuldenabbau für Investitionen in die Zukunft genutzt werden könnten. Investitionen, die im Duisburger Süden bitter notwendig sind: Die Anlagen können aktuell, so Göktas, nicht die Marktanforderungen erfüllen. Der Standort, so seine Kritik, wurde „nicht strategisch weiterentwickelt“.
Auch interessant
Der Stahlriese plant nach der gescheiterten Fusion mit dem indischen Stahlhersteller Tata Steel eine Umstrukturierung des Konzerns. Derzeit findet eine Prüfung des Standortes durch die Unternehmensberatung Roland Berger statt. Die Optionen: Verkauf, Restrukturierung oder Stilllegung des Werkes in Hüttenheim. „Die Untersuchung dauert an“, sagt Arbeitnehmervertreter Göktas.
Grobblechwerk deckt Fixkosten im Konzern
„Wir warnen aber vor Aktionismus“, sagt Dieter Lieske, erster Bevollmächtigter der IG Metall Duisburg-Dinslaken. „Wer das Grobblechwerk schließt, sägt am eigenen Ast.“ Lieske meint die Bedeutung des Standortes für das gesamte Konzernnetzwerk: 90 Prozent der Materialien, die im Grobblechwerk verarbeitet werden, kommen schließlich, so Lieske, von den benachbarten Hüttenwerken Krupp-Mannesmann (HKM), die wiederum zur Hälfte der Thyssenkrupp Steel Europe AG gehören. Gleichzeitig senkt das Grobblech die Fixkosten anderer Standorte, etwa im Duisburger Norden, erklärt Göktas.
Nicht nur durch diese Konzernverknüpfungen hätte eine Schließung des Werkes „erhebliche Auswirkungen“ für Duisburg, warnt Sarah Philipp, SPD-Landtagsabgeordnete, ebenfalls an Tor 9. „Ich habe große Angst vor einem Dominoeffekt.“ Alleine im Grobblechwerk sind 900 Mitarbeiter angestellt. „Wir erwarten ein klares Bekenntnis für den Standort.“
Grobblech – ein zukunftsfähiges Produkt
Der Betriebsrat wartet derzeit auf einen Termin beim Vorstand, um einen mit der Unternehmensberatung Banner und Küster erarbeiteten „Gegenentwurf“ eines Zukunftskonzeptes für das Grobblechwerk zu präsentieren. Sie fordern „jährlich relativ geringfügige Investitionen“, um die in die Jahre gekommenen Anlagen zu erneuern und somit die Chance zu eröffnen, technologisch am Markt mithalten zu können.
Vom in Hüttenheim hergestellten Produkt sind die beiden IG-Metaller überzeugt: „Grobblech ist ein absolutes Zukunftsprodukt, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass man sich neben der Erzeugung von Blechen für die Automobilindustrie auf Dauer wesentlich breiter und zukunftsträchtiger aufstellen kann.“ So wird Grobblech etwa für den Bau von Windkraftanlagen, im Schiffsbau sowie bei der Verarbeitung von Sicherheitsstahl für militärische und zivile Anwendungsbereiche benötigt.
Mitarbeiter zweifelt an Zukunft des Werks
Auch interessant
Einige der Mitarbeiter haben die Hoffnung auf eine glorreiche Zukunft für das Grobblechwerk aber schon aufgegeben: „Der Standort wird zugemacht“, befürchtet etwa Nino. Seit 42 Jahren ist er Angestellter bei Thyssenkrupp, davon 25 Jahre am Standort Hüttenheim. „Ich habe die goldenen Zeiten noch miterlebt.“ Jetzt sei es „ein Sterben auf Raten“, so der 58-Jährige.