Duisburg. Tausende Stahlarbeiter aus NRW demonstrieren vor der Hauptverwaltung von Thyssenkrupp in Duisburg. Sie machen dem Vorstand schwere Vorwürfe.
Großer Menschenauflauf vor der Thyssenkrupp-Hauptverwaltung in Duisburg-Bruckhausen: Tausende Stahlarbeiter aus dem ganzen Bundesland haben am Dienstag gegen den Verkauf der Stahlsparte im angeschlagenen Industriekonzern und für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert. Das wichtigste Thema bei vielen Angestellten lautet „Planungssicherheit“. Das spricht auch Oberbürgermeister Sören Link an. Andere Mitarbeiter werfen dem Vorstand vor, „gegen den deutschen Stahl“ zu arbeiten und sprechen sogar von „Hass“ gegenüber Führungspersönlichkeiten des taumelnden Konzerns.
Thyssenkrupp-Angestellte fordern bei Duisburger Demo, dass der Konzern wieder an den Stahl glauben soll
Andrea und Angelique arbeiten in einer Abteilung in Essen und wärmen sich an diesem kalten Dezembermorgen mit einer Zigarette auf, bevor sie vor das alte Hauptverwaltungsgebäude ziehen. „Die Botschaft ist für uns klar“, sagt Andrea, „der Aufsichtsrat glaubt nicht mehr an den deutschen Stahl, sondern nur noch an den chinesischen.“ Vor der Entscheidung des Aufsichtsrats am Mittwoch haben sie Angst, denn „im schlimmsten Fall stehen wir danach ohne Job da.“
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Vor dem Demogelände wedeln derweil MLPD-Mitglieder mit Flugblättern und werben durch ein Megafon für den Kommunismus. Daneben steht Christian, auch er arbeitet für Thyssenkrupp. „Wenn man sich nicht einsetzt“, erklärt er, „machen die was sie wollen“. Er lobt die Gewerkschaften, stellt aber auch klar: „Wenn wir Arbeiter uns nicht engagieren, können die Gewerkschaften überhaupt nichts machen.“
Sorgen macht er sich nicht nur um seine eigene Stelle. „Die jungen Kollegen hängen in der Luft, da geht es um Existenzen“, ärgert er sich.
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Unsicherheit ihrer Arbeitsplätze nagt an den jungen Demonstranten in Duisburg
Zulfü arbeitet in Duisburg für den Konzern. Zur Kundgebung ist er in Zivil gekommen. Er sagt: „Niemand weiß, wie es weitergeht, das ist grausam. Fast noch schlimmer, als wenn wir schon wüssten, dass die Arbeitsplätze wegfallen.“
„Es geht um unsere Zukunft“, stellen auch Justin und Aygün klar, die beide mitten in der Ausbildung stecken. „Als wir hier angefangen haben, haben wir auf eine sichere berufliche Zukunft gehofft, das ist jetzt in Gefahr.“
Das sehen auch Hamza und Safak so. „Die haben uns hier zur Ausbildung eingestellt, bei so einem großen Konzern haben wir natürlich auch damit gerechnet, dass wir übernommen werden.“ Viele seiner Azubi-Kollegen, sagt Safak, hätten auch andere Zusagen gehabt, sich aber wegen der Jobsicherheit für Thyssenkrupp entschieden. „Aber der Vorteil löst sich ja gerade in Luft auf“, seufzt er.
Stahlarbeiter sehen sich als Opfer politischer Winkelzüge
Es gehe auch um die Jobs ihrer Kinder und Enkelkinder, erklären Uwe und Dirk zornig. Die beiden Thyssenkrupp-Veteranen sehen im möglichen Verkauf der Stahlsparte „eine politische Sache“. „Die schieben sich da oben die Kohle zu und hier müssen Leute, die 50 Jahre hier arbeiten, um ihre Betriebsrente kämpfen.“ Das sorge für Angst und Wut in der Belegschaft, „da entwickelt sich ein regelrechter Hass auf den Aufsichtsrat.“
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Auch Andreas ist wütend auf den Aufsichtsrat. Der Duisburger befürchtet, dass „die Stahlsparte abgestoßen wird“ und es keine Investitionen mehr in den deutschen Stahl gebe. „Ich bin enttäuscht von denen da oben, ich will endlich Klarheit haben.“ Das fordert auch Hjördis, sie ist ganz frisch in der Ausbildung und bangt jetzt um ihre Übernahme. „Ich habe mich hier um die Ausbildung beworben, weil ich auch hier bleiben will. Ich habe Angst, dass ich mir nach meinem Abschluss was Neues suchen muss.“
Duisburgs OB Link fordert eine „Perspektive über den Tag hinaus“
Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) unterhielt sich vor seinem Auftritt auf der großen Bühne mit einigen Beschäftigten: „Bei den Mitarbeitern herrscht seit Jahren immer wieder Unklarheit, die Zukunft muss für die Menschen hier endlich klar sein.“
Befürchtungen ob der Aufsichtsratssitzung am Dienstagabend habe er nicht, vielmehr erwarte er Lösungen. „Der Aufsichtsrat muss dafür sorgen, dass die Menschen eine Perspektive über den Tag hinaus haben.“
Beate Lieske (SPD) ist am Dienstag „als Bezirksbürgermeisterin für den Süden hier, aber nicht nur“, betont sie. Sie denke natürlich an die Arbeiter im Duisburger Süden, aber es gehe ihr auch um eine soziale Lösung für alle Arbeiter. Vom Aufsichtsrat hofft sie, „dass die jetzt mal Kohle in die Hand nehmen. Ich glaube nicht, dass es keine Alternativen zum Stellenabbau gibt.“