Duisburg. Die Duisburger Stephan und Andreas Bock sind Zwillinge. Sie sehen sich so ähnlich, da kapitulierten früher die Lehrer und sogar mal die Polizei.

Die Lehrer haben früh kapituliert. Und so haben sich die Noten von Andreas und Stephan Bock so wenig unterschieden wie sie selbst. Auch heute noch mit 58 Jahren sehen sich die eineiigen Zwillinge unheimlich ähnlich. Aber wer sich Kinderbilder der Duisburger anschaut, bekommt eine leise Ahnung, wie schwer es das Umfeld gehabt haben muss.

Zweieinhalb Stunden nach dem Bruder geboren

Stephan kam am 5. April 1961 satte zweieinhalb Stunden nach seinem Bruder im Laarer Krankenhaus auf die Welt. „Ich lag etwas ungewöhnlich“, sagt er. „Es muss eine Tortur für meine Mutter gewesen sein.“ Das Glück über den Doppelpack stellte sich so etwas später ein.

Nicht auseinanderzuhalten: die Zwillinge Stephan und Andreas Bock als Kinder.
Nicht auseinanderzuhalten: die Zwillinge Stephan und Andreas Bock als Kinder. © FUNKE Foto Services | DANIEL ELKE

Weniger glücklich waren Freunde, Bekannte und später eben vor allem das schulische Personal, dass Mutter Jutta es vorzog, ihre Kinder direkt nach der Geburt immer identisch anzuziehen – bis zu jenem Elternsprechtag. Stephan und Andreas waren zu diesem Zeitpunkt bereits 14 Jahre alt, als sie heulend nach Hause kam. Das ganze Lehrerkollegium hatte sie darauf hingewiesen, dass identische Kleidung zu einer Entwicklungs- und Persönlichkeitsstörung eines jeden Zwillings führen könnte.

Auch die Mädels konnten die beiden nicht auseinanderhalten

„Fortan wurden wir unterschiedlich angezogen – und zwar in Kontrastfarben“, erzählt Stephan Bock mit einem Augenzwinkern. „Der Eine zum Beispiel in Weiß-Blau und der andere in Blau-Weiß...“ So konnte auch das in der Pubertät immer interessanter werdende weibliche Geschlecht die beiden nicht auseinanderhalten.

„Wir fanden leider immer dasselbe Mädchen nett“, sagt Andreas Bock. „Und weil immer einer für den jeweils anderen zurückstehen wollte, gab’s ständig einen anderen lachenden Dritten.“ Auch was Karl-May-Romane und Fernsehserien wie „Percy Stuart“ und „Bonanza“ betraf, hatten beide die gleichen Vorlieben.

„Wir waren wirklich unzertrennlich“

„Wir waren wirklich unzertrennlich“, sagt Stephan Bock. Bis zum Abitur auf dem Clauberg-Gymnasium sehen sich die Brüder jeden Tag. Erst danach trennten sich erstmals ihre Wege. Andreas studierte zunächst Geophysik in Köln. Als er nach drei Semestern einen Studienplatz an der Medizinischen Hochschule in Hannover bekam und sich dort immatrikulieren wollte, musste er zu diesem Zeitpunkt allerdings noch in der Domstadt eine Klausur schreiben.

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Was tun? Ganz klar: den Zwillingsbruder fragen. Der machte sich kurzerhand auf nach Hannover und schrieb sich dort ein. „So lief Andreas jahrelang mit meinem Passfoto in seinem Studentenausweis herum“, erzählt Stephan Bock mit einem Grinsen.

Gegenüberstellung auf der Wache nach Blitzer-Foto

Er war auch behilflich, als sein Bruder später auf dem Weg nach Hannover geblitzt wurde und sich angeblich überhaupt nicht mehr erinnern konnte, wer gefahren ist. Dumm nur, dass Stephan Bock zu diesem Zeitpunkt längst im fernen Italien ebenfalls die medizinische Laufbahn eingeschlagen hatte. „Aber wir haben das Spiel mit der Polizei trotzdem gewagt – auch noch bei der Gegenüberstellung auf der Wache“, sagt Stephan Bock. „Es war einfach nicht möglich, das Foto einem von uns eindeutig zuzuordnen. Mit dem Hinweis, beim nächsten Mal, ein Fahrtenbuch führen zu müssen, sind wir dann in die Freiheit entlassen worden.“

Mehrlinge gesucht

Für unsere Serie über Mehrlinge in Duisburg sind wir weiter auf der Suche nach Zwillingen, aber auch Drillingen und gerne auch mehr.

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Es kam aber noch doller: Später arbeitete Andreas Bock mit seinem Bruder in der Radiologie der Uniklinik in Steglitz zusammen. Da waren Turbulenzen programmiert. „Kolleginnen, die Andi nett fanden, umarmten mich unvermittelt“, erzählt Stephan Bock. „Doktorväter, die mit dem Stand der Promotionsarbeit unzufrieden waren, schüttelten uns im Klinikaufzug fälschlicherweise durch und die dringend erforderlichen Röntgenbefunde waren immer beim Falschen.“

Ringarzt bei Klitschko-Kämpfen

Nach drei Monaten sei der radiologische Chefarzt durchgedreht. Bevor das totale Chaos ausbrach, wechselte Stephan Bock sicherheitshalber in die Innere Medizin nach Erlangen. Heute arbeitet er als Hausarzt in Marxloh, hat die Praxis seines Vaters fortgeführt, sich aber auch als Ringarzt bei Klitschko-Kämpfen einen Namen gemacht. Zudem war er zwischenzeitlich auch mal Vize-Präsident beim MSV. Sein Bruder ist als ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Magnetresonanz Mitinhaber des Radiologischen Instituts in Oberhausen (RIO).

Verwechselt werden die beiden weiterhin noch oft – auch im Karneval, wenn sie Mitglieder der Prinzengarde die gleiche Uniform tragen. Mit dem weiblichen Geschlecht hat es übrigens am Ende trotzdem geklappt. Unter ihren jeweils drei Kindern sind zwar keine Zwillinge. Dafür wollen fünf von ihnen ebenfalls Ärzte werden – in dann mittlerweile fünfter Bock-Generation.

Serie: Alle Geschichten über Mehrlinge aus Duisburg