Duisburg. In ganz Duisburg sorgt der neue Nahverkehrsplan für Ärger. Wo die Wut groß ist, wo eine Menschenkette geplant ist und was die Stadt sagt.
Ob im Duisburger Süden, im Norden, im Westen oder in der Mitte - überall ärgern sich Duisburger über den neuen Nahverkehrsplan. Wir sagen, wo sich Widerstand formiert und nennen konkrete Beispiele, was die Duisburger am neuen Fahrplan stört, der am 27. Oktober 2019 in Kraft tritt.
Menschenkette in Ungelsheim
Im Duisburger Süden rufen fünf Bürgervereine zusammen mit einem SPD-Ortsverein zu einer Demo auf, um gegen den Verlauf der neuen Buslinien zu protestieren. Am Samstag, 28. September, hoffen die Initiatoren auf möglichst viele Menschen, die sich um 14 Uhr an der Ungelsheimer Haltestelle Schwarzer Weg treffen, um eine Menschenkette bis zur Mündelheimer Straße zu bilden. Dort befindet sich ein Nahversorgungszentrum mit Aldi, Rewe, einem Getränkemarkt und dm. Bei der Entwicklung des neuen Nahverkehrsplans hatte die Stadt, wie sie auf Nachfrage zugab, dieses Nahversorgungszentrum vergessen einzuplanen.
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Die Kritik der Bürgervereine im Süden beschränkt sich nicht darauf. Sie monieren auch, dass ab der Umstellung auf die neuen Linien – die bisherigen vier Buslinien 940, 941, 942 und 946 werden durch drei neue Linien ersetzt – mit Ehingen, Ungelsheim und Hüttenheim drei Stadtteile nicht mehr an die großen Arbeitgeber Thyssen Krupp Steel und Hüttenwerke Krupp Mannesmann im Duisburger Süden angeschlossen seien. Auch die Verbindung zu den weiterführenden Linien U 79 und U 903 sowie an die Schulen sei künftig nicht mehr gewährleistet.
Dachverband der Bürgervereine kündigt offizielle Beschwerde an
Die geplante Menschenkette ist nicht die einzige Aktion, die die Bürgervereine aus Protest gegen den neuen Nahverkehrsplan angehen: Der Dachverband der Bürgervereine hat eine offizielle Beschwerde angekündigt, die in die zuständigen politischen Gremien eingebracht werden soll.
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Wütend sind die Bürger auch in Beeckerwerth und Laar. Besonders besorgniserregend sei die Einstellung der heutigen Linie 907 von der Godesberger Straße zur Sympherstraße über Meiderich Bahnhof. Stadtsprecher Falko Firlus verweist darauf, dass es künftig mit der Linie 922 möglich sei, von Beeckerwerth (Godesbergerstraße) nach Meiderich über Laar zu kommen. Es sei allerdings ein Umstieg an der Haltestelle Ruhrort Bahnhof/Friedrichsplatz auf die Linien 916/917 oder den RB 36 erforderlich. Der Bus der Linie 922 fahre dann ab Ruhrort weiter nach Homberg beziehungsweise Rheinhausen.
Stadtteile fühlen sich abgeschnitten
Die Sinnhaftigkeit dieser sogenannten Nord-Süd-Verbindung mit der neu geplanten Linie 922 stellen viele in Beeckerwerth und Laar allerdings in Frage. Die Stadtteile würden so nach mehr als 20 Jahren regelrecht vom eigenem Stadtbezirkszentrum Meiderich abgeschnitten. Besonders fatal sei dies für Schüler und Senioren. Viele Schüler gehen demnach eben nicht in Homberg, sondern in Meiderich zur Schule – etwa zur dortigen Gesamtschule oder zum Max-Planck-Gymnasium.
Der Schulweg verlängere sich künftig unweigerlich. Die Schüler seien dadurch gezwungen, mit dem Bus der neu geplanten Linie 922 in Ruhrort Bahnhof auszusteigen. Sie müssen dann die viel befahrene Homberger Straße überqueren und am Friedrichsplatz lange Wartezeiten in Kauf nehmen, um in den Bus der neu geplanten Linie 916 umzusteigen.
Nur eine Minute Zeit fürs Umsteigen
Beide Haltestellen seien zudem nicht barrierefrei und weit voneinander entfernt. Für Senioren, die etwa zum Arzt nach Meiderich fahren, sei dies eine Zumutung. Durch das Umsteigen sei eine einfache Fahrt von der Haltestelle Schwalbenplatz in Beeckerwerth bis zur Haltestelle Auf dem Damm in Meiderich künftig doppelt so lang.
Zu allem Überfluss falle auch noch die alternative Route von Beeckerwerth/Laar via Meiderich (Auf dem Damm) zum Hauptbahnhof Duisburg weg. Ärgerlich sei zudem, dass beim Umsteigen von der neuen Linie 922 in die Line 901 in Ruhrort Bahnhof in Richtung Duisburg Hauptbahnhof nur eine Minute Zeit bleibe.
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Der neue Fahrplan sorgt in der Werthacker-Siedlung in Duissern ebenfalls für Ärger. Dort wohnen Volker Correus und Christine Weiss und dort soll Bus der Linie 939 künftig nur einmal stündlich verkehren – zudem mit ungünstiger Taktung. „Er fährt im Abstand von drei Minuten erst nach Oberhausen und dann Richtung Ostausgang Hauptbahnhof“, so Weiss. „Danach fährt eine Stunde lang nichts mehr.“
Probleme für Schüler
Das sei auch ein Problem für Schüler. „Sie müssen jetzt um 6.41 Uhr den Bus nehmen, um pünktlich um 8 Uhr die Innenstadtschulen zu erreichen“, sagt die Duisburgerin. „Bei Schulschluss um 13.20 Uhr brauchen die Schüler circa 90 Minuten, um nach Hause zu kommen.“
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Der Ringbus 930/931 an der Ruhrau treffe eine Minute nach Abfahrt des Busses der Linie 939, der in den Werthacker fährt, an der Haltestelle ein. Dort ist Endstation. „Das bedeutet eine Stunde Wartezeit!“, so Weiß. „Klar, man könnte man in den Werthacker reinlaufen, aber über den Ruhrdeich in den Werthacker gibst es keinen Fußgängerüberweg, und durch die Tunnelanlage am TÜV ist nur ein handbreiter Fußweg vorhanden. Also der Schulweg ist sowieso schon als gefährlich eingestuft.“
„So vergrault man schon die Kinder für den ÖPNV“
Auch Volker Correus ist sauer. Bisher habe seine Tochter immer den Bus der Linie 944 zur Schule genommen. Der fahre derzeit noch zwischen 6 und 9 Uhr alle halbe Stunde – ebenso zwischen 12 und 14 Uhr. Bald allerdings nicht mehr. „Mit so einer Regelung vergrault man schon die Kinder für den ÖPNV“, so Correus.
Info-Kampagne zum neuen Fahrplan
Grundlage für den neuen Fahrplan ist der Nahverkehrsplan der Stadt Duisburg. Er ist das Planungsinstrument von Städten, um anhand von Bedarfen ein Konzept zur Erschließung der Stadt mit dem ÖPNV zu erstellen.
Unter dem Motto „Mehr DU“ hat die DVG eine Info-Kampagne zum neuen Fahrplan gestartet. Insgesamt acht freche und humorvolle Kampagnenmotive, so das Verkehrsunternehmen, werden bis zum Jahresende in ganz Duisburg zu sehen sein. Mit dabei ist auch der bekannte Duisburger DJ Smax.
Auch Christine Weiss ist einfach nur enttäuscht. „Es wurde nicht, wie versprochen, der Anschluss an den Ringbus gewährleistet“, sagt Weiss. „Somit bin ich wider Taxi-Mama, so wie zur Grundschulzeit.“
Stadt will bei Bedarf nachbessern
Stadtsprecher Falko Firlus gibt zu, dass es Optimierungsbedarf für den Werthacker gebe – vor allem mit Blick auf die Taktung der Linie 939. „Wir werden diesbezüglich das Gespräch mit der DVG suchen.“
Grundsätzlich betont er, dass die Stadt Duisburg bei der Erarbeitung der neuen Linienaufteilung die Interessen aller Nutzer des ÖPNV im Blick gehabt habe. „Dabei haben wir uns davon leiten lassen, diejenigen Alternativen auszuwählen, die für den Großteil der Nutzer mit Verbesserungen verbunden sind.“ Erst wenn der neue Fahrplan in Kraft getreten sei, werde sich im Detail zeigen, an welchen Stellen nachgebessert werden müsse.