Duisburg. Vor 50 Jahren wurde das Autobahnkreuz Kaiserberg in Duisburg eröffnet: Erste Abschnitte waren im Mai 69 offen, ab August 69 war alles befahrbar.

Ein Meisterwerk der Bau- und Ingenieurskunst feiert sein Goldjubiläum: Vor 50 Jahren wurde das Autobahnkreuz Kaiserberg eröffnet. Die in Duissern gelegene Verbindung zwischen A 3 und B 60 (heute: A 40) wurde in Teilabschnitten fertiggestellt, dann ab Mai 1969 nach und nach freigegeben. Drei Monate später im August 1969 rollte der Verkehr dann vollständig durch dieses Gewirr aus Brücken, Straßen und Tangenten.

Aus diesem Anlass haben wir nun noch einmal mit Heinrich Bodmann gesprochen. Der mittlerweile 90-jährige Senior betreute das Projekt damals zu Beginn als Oberbauleiter. Noch immer ist eine große Portion Respekt in seiner Stimme herauszuhören, wenn er sagt: „Das war mit Abstand die größte Baustelle in meiner gesamten Laufbahn.“

Kreuz Kaiserberg: Einer der meistbefahrenen Knotenpunkte im Land

Heinrich Bodmann mit einem der imposanten Luftbilder von der Baustelle am Autobahnkreuz Kaiserberg in Duisburg.
Heinrich Bodmann mit einem der imposanten Luftbilder von der Baustelle am Autobahnkreuz Kaiserberg in Duisburg. © Thomas Richter

Das im Stadtteil Duissern gelegene Autobahnkreuz Kaiserberg gehört heute zu den am meisten befahrenen Verkehrsknotenpunkten im ganzen Land. Allein auf dem Abschnitt der A 3 zwischen dem Kreuz und der Ausfahrt Oberhausen-Lirich sind laut Landesbetrieb Straßen NRW rund 140.000 Fahrzeuge unterwegs. Pro Tag, wohlgemerkt. Darunter sind 16.000 Lkw. Tendenz: weiter steigend.

Zwischen der Anschlussstelle Duisburg-Wedau und dem Kreuz werden täglich 110.000 Fahrzeuge gezählt. Und auf der A 40 zwischen den Kreuzen Duisburg und Kaiserberg sind es täglich 115.000.

„Ich bin vor über zehn Jahren zum letzten Mal selbst mit dem Auto durchs Kreuz Kaiserberg gefahren. Damals haben wir eine Freundin meiner Frau in Oberhausen besucht“, erzählt Bodmann, der seit Jahrzehnten in Monheim im Rheinland seine Heimat gefunden hat. Doch die Erinnerungen an die Bauzeit, sie haben sich nachhaltig in sein Gedächtnis eingebrannt.

Mammutprojekt wurde innerhalb von drei Jahren umgesetzt

Bauingenieur Bodmann arbeitete im Jahr 1966 für ein Düsseldorfer Unternehmen, das sich auf die Ausschreibung des damaligen Autobahnamtes Essen für das Riesenprojekt am Kaiserberg beworben hatte. „Wir hatten eine Bietergemeinschaft gebildet, an der insgesamt neun Firmen beteiligt waren. Für ein Unternehmen allein wäre diese Baustelle gar nicht zu stemmen gewesen“, stellt Bodmann klar.

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17 Ingenieurbauwerke galt es zu errichten – darunter zwölf Spannbetonbrücken und ein Regenrückhaltebecken. 30.000 Kubikmeter Brückenbeton und 150.000 Quadratmeter Fahrbahndecken sollten verbaut werden. Insgesamt 1,2 Millionen Kubikmeter Boden wurden in Bewegung gesetzt. Die Kosten für das Mammutprojekt waren mit 50 Millionen Mark kalkuliert. Und im Mai 1966 erhielt besagte Bietergemeinschaft tatsächlich den Zuschlag.

Arbeiter wurden damals auf der Baustelle noch in Bar ausbezahlt

Das Autobahnkreuz Kaiserberg: ein Luftbild aus dem Jahr 2015.
Das Autobahnkreuz Kaiserberg: ein Luftbild aus dem Jahr 2015. © www.blossey.eu | Hans Blossey

„Ende des Sommers haben wir dann losgelegt“, erinnert sich Bodmann. Das aber nicht im Rahmen einer großen, feierlichen Zeremonie. „Es war eher ein schleichender, stiller Beginn.“ In der Spitze bis zu 250 Arbeiter gingen in den folgenden Jahren auf der Riesenbaustelle zu Werke. „Es stürzt so viel auf einen ein, wenn man die Verantwortung trägt“, so der frühere Bauingenieur und Oberbauleiter. „Die Kernfragen zu Beginn lauteten für uns: Wo errichten wir unsere Organisationsbasis? Und wo fange ich danach in diesem Gewirr an?“

Die Antwort auf Frage eins lautete: an der Dörnerhofstraße, nahe dem Kolkerhofweg in Mülheim. „Dort errichtete das Team eine Baracke, die fortan als berufliche Heimat für alle Ingenieure, Vermesser, Bauleiter und Abrechner diente“, so Bodmann. Abrechner? Was waren das für Leute? Da lacht der Rentner. „Damals wurden die Arbeiter noch vor Ort auf der Baustelle ausbezahlt – von den Abrechnern.“

Alter Verteilerkreis wurde komplett abgetragen

Die Arbeiten am Autobahnkreuz starteten mit der Brücke an der Carl-Benz-Straße. Zuvor hatten Raupen für die Baufeldräumung gesorgt: Bäume, Sträucher und Gebüsche wurden beseitigt. Und auch jener Verteilerkreis, auf den die alte A-3-Abfahrt Kaiserberg zuvor geführt hatte, wurde abgetragen. „Wir haben dann abschnittsweise weitergebaut – und das alles unter laufendem Verkehr auf der A 3 und der B 60“, erklärt Bodmann. Ständig hätte sich die Verkehrsführung geändert. Das war ein Gefahrenherd für die Verkehrsteilnehmer – vor allem für die Lkw. Es habe, so Bodmann, viele Irrfahrten und Unfälle gegeben.

Nach anderthalb Jahren als Oberbauleiter gab Bodmann die Verantwortung für die Baustelle weiter – an seinen Nachfolger Dr. Joachim Peters. Er selbst hatte die Möglichkeit, bei einer Düsseldorfer Firma die Abteilung Straßenbau zu übernehmen.

Kollege verlor seinen Sohn

Und was empfindet Heinrich Bodmann heute, 50 Jahre nach der Fertigstellung des Autobahnkreuzes, wenn er an das Bauwerk denkt? „Nach wie vor ein eher ungutes Gefühl.“ Warum? „Einer meiner damaligen Mitarbeiter hat genau dort bei einem tragischen Unfall seinen Sohn verloren. Das wühlt mich bis heute auf, wenn ich über das Kreuz Kaiserberg spreche.“

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Trotzdem ist er stolz, dass das Bauwerk, das letztlich 70 Millionen Mark gekostet hat und durch den damaligen Bundesverkehrsminister Georg Leber feierlich eröffnet wurde, bis heute nichts von seinem besonderen Stellenwert eingebüßt hat.