In der finalen Folge der WAZ Polit-Sommerserie geht es um die Frage, wie sich solvente Steuerzahler und Unternehmen in die Stadt locken lassen...
Je ärmer einer Kommune, desto höher die Belastungen für Bürger und Wirtschaft. Beispiel: In Duisburg zahlen Gutverdiener bis zu 630 Euro im Monat für die Betreuung eines Kindes. In keiner Großstadt in Deutschland zahlen Eltern in der Spitze mehr Kita-Gebühren als in Duisburg. Die Gewerbesteuern sind – ähnlich wie in anderen strukturschwachen Ruhrgebiets-Kommunen – enorm hoch.
In der letzten Folge unserer vierteiligen Polit-Serie wollten wir ein Jahr vor der Kommunalwahl von den Duisburger Parteien wissen: Was sagen Sie Gutverdienern und Unternehmen, denen in einigen Städten im Rheinland deutlich bessere Konditionen winken, um sie in Duisburg zu halten oder sie gar erst in die Stadt zu locken? Die Folgen im Überblick:
- Spannungsfeld Migration: Wie wollen Sie die Probleme lösen?
- Mangel überall: Wie kann Duisburg lebenswerter werden?
- Klimaschutz in Duisburg: Alles nur Symbolpolitik?
Grüne: „Keine Lockangebote für Besserverdienende“
Heute entscheidet die Frage, ob in der Nähe der Wohnung eine gute Schule oder Kita liegt, ob es Freizeitangebote gibt und vor allem, ob die Kinder im Freien spielen können, darüber, ob junge Familien in dieser Stadt leben wollen.
Die Festlegung der Duisburger Stadtverwaltung auf eine Autostadt Duisburg mit all ihren negativen Folgen ist ein klares No Go für verantwortungsbewusste Eltern, in unsere Stadt zu ziehen. Die Grundstückspreise und Hauspreise haben im gesamten Stadtgebiet, aber vor allem im Duisburger Süden, stark angezogen. Junge Duisburger Familien können sich das kaum noch leisten und müssen notgedrungen auch in benachbarte Städte ausweichen, wenn sie sich Eigentum aufbauen wollen.
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Wir brauchen keine Lockangebote für Besserverdienende aus den reichen Nachbarstädten, sondern Wohnraum, der bezahlbar ist, nah bei den Jobs, guten Schulen und Kitas liegt. Denn auch Duisburger wollen ihren Traum vom schöner Wohnen verwirklichen und vor allem hier bleiben können.
Insgesamt ist nachhaltige Wirtschaftsförderung für uns ein ganzheitliches Projekt: Ein Wirtschaftsstandort wird nicht nur durch eine niedrige Gewerbesteuer attraktiv, genauso wichtig sind andere essenzielle Faktoren wie Verkehrsanbindung und Infrastruktur, aber vor allem ein attraktives Lebensumfeld. Wir wollen planen und gestalten – gemeinsam mit den Menschen in dieser Stadt.
CDU: Duisburg punktet mit günstigen Mieten
Klares Ziel muss es sein, Kitagebühren und Gewerbesteuern zu senken. Andererseits: Grundstücks- und Mietpreise sind in Duisburg vielfach günstiger als in anderen Kommunen. Das kommt Familien mit Kindern zugute. Das ist unser Standortvorteil.
SPD: „Müssen unsere Stärken besser herausstellen“
Wir können verstehen, dass sich Menschen darüber beklagen, dass die Kosten für Kindertageseinrichtungen oder den offenen Ganztag hoch sind. Leider verfügen wir als Stadt nicht über die finanziellen Spielräume anderer Kommunen. Wir arbeiten mit Nachdruck daran, diese Situation dauerhaft zu verbessern.
Trotz allem versuchen wir bereits jetzt an vielen Stellen, Entlastungen und Verbesserungen für die Bürger auf den Weg zu bringen. Duisburg hat dadurch im sozialen, kulturellen und sportlichen Bereich viel Positives zu bieten. Dazu zählen unter anderem der Ferien-Badepass, die Sportgutscheine für Grundschulkinder sowie der kostenlose Bibliotheksausweis für alle Kinder bis 12 Jahre.
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Duisburg ist eine tolle Stadt, die viel Potential hat. Dazu müssen wir unsere Stärken noch besser herausstellen. Es gibt zahlreiche Parks, Seen, Grün- und Erholungsflächen, und es werden spannende Wohnbauprojekte umgesetzt. Dazu zählen das neue Mercatorviertel und das Projekt 6-Seen-Wedau, das mitsamt seiner Infrastruktur einmalig in NRW sein wird. Aber auch mit dem neuen Quartier am Alten Angerbach oder dem neuen Barbaraviertel schaffen wir attraktiven Wohnraum in unserer Stadt.
Der Kauf der Flächen der Duisburger Freiheit bietet ebenfalls zahlreiche Möglichkeiten. Wenn diese Projekte erfolgreich umgesetzt werden, haben wir die Chance, die Attraktivität der Stadt zu erhöhen und Bürger an Duisburg zu binden.
Mit Blick auf Unternehmen hat Duisburg einen erheblichen Standortvorteil. Die Lage an Rhein und Ruhr in der Mitte Europas ist einzigartig. Wir verfügen über einen der größten Binnenhäfen der Welt, eine junge Universität und sind hervorragend an zentrale Verkehrswege angebunden. Dies sind erhebliche Vorzüge. Im Umkehrschluss bedeutet es aber gleichzeitig auch, dass wir kontinuierlich in Bildung und den Ausbau unserer Infrastruktur investieren müssen.
Nachdem Duisburg in den letzten Jahrzehnten immer mehr Aufgaben auf kommunaler Ebene übernehmen musste, ohne entsprechende Gelder zu erhalten, bedarf es hierfür weiterer finanzieller Unterstützung durch das Land und den Bund.
FDP: „Zeit, sich der Konkurrenz zu stellen“
Die FDP fordert die Duisburger Politik auf, endlich zu akzeptieren, dass sich die Städte im Rheinland und im Ruhrgebiet in einem permanenten Wettbewerb befinden. Es wird Zeit, sich dieser Tatsache und der Konkurrenz zu stellen. Die oft betonte fürsorgliche Solidargemeinschaft aller Städte und Gemeinden ist ein Trugschluss. Sie wiegt Politik und Verwaltungen in scheinbarer Sicherheit, den Bürgern nutzt sie jedoch nichts. Allein die Akzeptanz des Wettbewerbs würde in der Duisburger Politik und in der Verwaltung zu einem Umdenken in vielen politischen und gesellschaftlichen Bereichen Duisburgs führen.
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Monheim am Rhein hat gezeigt, dass es Wege gibt, aus diesem Wettbewerb in vielen Bereichen als Sieger hervorzugehen, vielleicht zur Missgunst konkurrierender Städte, aber zum Wohle der Bürger. Wenn die Duisburger Politik sich wenigstens das Ziel setzte, eines Tages auch kostenlose Kindergärten, freies W-Lan, Tablets für alle Schulkinder und kostenlosen ÖPNV haben zu wollen, wäre dies schon der erste Schritt zu einem Wettbewerb der besten Ideen und Möglichkeiten, die sich sicher in allen Städten zum Wohle der Bürger auswirken würden.
Linke: „Duisburg braucht ein Investitionsprogramm in Milliardenhöhe“
Hohe Gebühren und Steuern sind Folge der Unterfinanzierung der kommunalen Haushalte und der aufgezwungenen Spar- und Kürzungspolitik durch die Landesregierung. Ziel von Kommunalpolitik muss es sein, die Belastungen der Bürger zu verringern. Die Linke fordert seit Jahren die Beitragsfreiheit bei den Kita-Gebühren. So wie bei Schulen und Universitäten, muss auch die frühkindliche Bildung kostenfrei sein.
Die sich abzeichnende Ausbreitung von Steueroasen wie in Monheim, Langenfeld und Leverkusen ist unsolidarisch gegenüber den Umlandgemeinden. Sollte sich dieser Trend verstärken, werden die Ungleichheiten zwischen den Kommunen noch größer. Am Ende verlieren alle Kommunen, da das Gesamtsteueraufkommen sinkt und dadurch das Geld fehlt, um die Infrastruktur aufrechtzuerhalten. An dieser Stelle ist der Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene gefragt, diesem Steuerdumping Einhalt zu gebieten.
Lebenswert wird eine Stadt, wenn sie in ihre Zukunft investiert. Gute Schulen und Kindergärten, eine gesunde Umwelt, ein ausgebauter Nahverkehr und Radwege, intakte Straßen und Brücken sind wichtige Faktoren, um die Attraktivität für die Bewohner, Zuziehende und Unternehmen zu steigern.
Duisburg braucht ein Investitionsprogramm in Milliardenhöhe, um den enormen Investitionsstau abtragen zu können und die Herausforderungen wie den Klimawandel oder die Auswirkungen der Digitalisierung bewältigen zu können.
Um investieren zu können, müssen die Kommunen finanziell besser ausgestattet werden. Eine Finanzsteuerreform auf Bundesebene zum Beispiel durch die Einführung einer Vermögenssteuer ist dazu unumgänglich. Darüber hinaus muss schnellstens ein Altschuldenfonds auf den Weg gebracht werden. Bisher lavieren SPD und CDU auf Bundesebene herum und schieben das Problem auf die lange Bank.
AfD: „Kinder sind ein Armutsrisiko“
Es ist unverständlich und ein Zeichen verfehlter Familienpolitik, dass man für die Kita überhaupt Gebühren bezahlen soll. Kinder sind heute in Deutschland ein Armutsrisiko. Wir sollten nicht diejenigen mit Kita-Gebühren bestrafen, die sich um den Nachwuchs kümmern und dabei berufstätig sind. Eltern leisten enorm viel für die Gesellschaft, daher müssen die Kita-Gebühren in Etappen weiter abgeschafft werden. Dabei ist das Land für finanzielle Unterstützung gefragt.
Für Gewerbetreibende sind Flächen auszuweisen, und die Gewerbesteuern müssen konkurrenzfähig werden. Die Genehmigungsprozesse sind zeitlich klar zu definieren. Schnelles Internet muss da sein. Flächenrecycling und Altlastensanierung senken dabei den Flächenverbrauch. Die Genehmigungsbehörden müssen personell ausreichend ausgestattet sein. Fördergelder sollen genutzt werden. Das demnächst verfügbare Güterbahnhofsgelände „Duisburger Freiheit“ wird nach bald 15-jährigem Stillstand durch die optimale Verkehrsanbindung an das ganze Gebiet von Dortmund bis Köln ein Sahnestück werden. Dann wird auch eine höhere Gewerbesteuer nicht alle abschrecken.
HSV-Fraktion: „Bundes- und landesweite Neuregelung“
Durchhalten! und die liebens- und lebenswerten Seiten unserer Stadt genießen. Bezahlbarer schöner Wohnraum, ideale Verkehrsanbindung, fast grenzenlose Freizeit- und Sportangebote sowie Naherholungs- und Grünflächen, die kaum eine Industriestadt zu bieten hat.
Duisburg ist im Strukturwandel und muss dazu wie viele Städte in der Haushaltssanierung um jeden Euro kämpfen. Grundsätzlich kann hier nur ein Schuldenschnitt dazu führen, dass Duisburg nicht bei Gewerbe- und Grundstückssteuern oder bei den Kitagebühren an der Einnahmeschraube drehen muss.
Insbesondere bei den Kitagebühren bedarf es einer grundsätzlichen landes- und bundesweiten Neuregelung. Es macht keinen Sinn, auf der einen Seite das Kindergeld Jahr für Jahr als Wahlkampfversprechen zu erhöhen, wenn auf der anderen Seite Kommunen den dreifachen Satz als Betreuungsgebühren verlangen. Grundsätzlich sollten Kindergärten, Schulen und Bildungseinrichtungen kostenlos sein, damit alle Kinder und Jugendlichen gleiche Chancen haben. Ob dann die Auszahlung von Kindergeld noch erforderlich ist, ist zu überdenken.
JuDu/DaL: „Beitragsstufen sind veraltet, ungerecht“
Wir kämpfen seit Jahren für faire Kita-Gebühren. Die jetzigen Beitragsstufen sind veraltet, ungerecht und familienfeindlich. Unser Modell sieht dagegen einen Beitrag vor, der sich exakt am Elterneinkommen ausrichtet und die Spitzensätze erst bei deutlich höheren Einkommen als heute einfordert. Dies führt zu mehr Gerechtigkeit und in der Mehrzahl zu geringeren Beiträgen.
Auch die Gewerbesteuer ist zu hoch: Sie hemmt die wirtschaftliche Entwicklung und führt zu einem schweren Imageschaden. Seit fünf Jahren fordern wir Jahr für Jahr die Senkung der Gewerbesteuer, um die Steuererhöhungsspirale der GroKo zu durchbrechen. Monheim und jüngst Leverkusen zeigen, dass es geht!