Duisburg. Der Hauptbahnhof in Duisburg soll ein Einkaufserlebnis sein. Unter der aktuellen Streckensperrung leiden die Händler und verzeichnen Verluste.
Ein frisches Brötchen gibt es schon morgens bei einem der vielen Bäcker. Die Zeitung dazu im Laden nebenan. Mittags haben Hungrige die Wahl etwa zwischen Döner- und Pommesbude, zwischen Fruchtbecher und McDonald’s-Menü. Auch Schuhe können Kunden im Hauptbahnhof Duisburg erwerben. Mit solchen und weiteren Geschäften soll der Duisburger Bahnhof ein Einkaufserlebnis für die Menschen sein – doch gelingt das?
„Die Leute sollen aber nicht nur zum Bahnhof kommen, wenn sie mit dem Zug unterwegs sind“, sagt Stefanie Toloszycki von der Marketinggesellschaft der bundesweiten Einkaufsbahnhöfe. „Wir möchten, dass die Menschen auch unabhängig davon den Bahnhof besuchen.“ Ein ambitioniertes Ziel, wie sich auch aktuell zeigt: Aufgrund der Streckensperrungen in den Sommerferien bleiben viele Kunden weg.
Weniger Umsatz aufgrund der Streckensperrung
„Wir haben pro Woche rund 300 Euro weniger Umsatz. Das ist enorm“, berichtet die Filialleiterin des Ladens „cigo“ im Hauptbahnhof und bedauert: „Viele Leute laufen direkt zu den Ersatzbussen und kommen nicht mehr in die Geschäfte.“ Laut Angaben der Bahn nutzen täglich etwa 135.000 Menschen den Hauptbahnhof.
Direkt am Osteingang liegt die „Frucht Oase“. Ramai ist seit einem Jahr Inhaber und merkt ebenfalls, dass weniger Kunden bei ihm Halt machen: „Die Leute sind hektischer geworden. Sie rennen den Ersatzbussen hinterher und bleiben kaum stehen und kaufen etwas.“
Einige Stammkunden fahren zurzeit mit dem Auto
Die ganzen sechs Wochen der Sommerferien ist die wichtige Bahnstrecke zwischen Duisburg und Essen gesperrt. Auch Richtung Düsseldorf gibt es Bauarbeiten. Zahlreiche Zugverbindungen fallen aus. Für die Pendler stehen Ersatzbusse zur Verfügung, die aber nicht alle Pendler nutzen.
„Uns fehlen einige Kunden“, meint Mitarbeiter Pierre von „Lecker Wurst“: „Letztens habe ich einen Stammkunden getroffen und gefragt, wo er bleibt. Er meinte, dass er aufgrund der Sperrungen nun mit dem Auto fahren müsse und daher nicht mehr im Hauptbahnhof ist.“
Im Zeitschriftenladen fällt das Zwischenfazit nicht ganz so negativ aus. Eine Angestellte berichtet: „Wegen den Umleitungen müssen einige Leute auch über Duisburg fahren, die sonst nicht hier sind, und die kommen dann in unser Geschäft. So gleicht sich das wieder etwas aus.“ Sie habe seit vielen Jahren Stammkunden, die sogar aus anderen Städten für spezielle Zeitschriften und Zeitungen das Geschäft aufsuchen, da sie diese anderswo nicht erhältlich sind.
Einkäufe erledigen Passanten woanders
Mit langen Öffnungszeiten auch am Wochenende und an Feiertagen versucht der Hauptbahnhof als Einkaufsmöglichkeit viele Menschen anzuziehen. Auch mit Aktionen wie der Comedyshow „Nightwash“ und der Kinder-Mitmach-Aktionstour der Einkaufsbahnhöfe in NRW am vergangenen Wochenende soll dies gelingen. Viele Kunden nutzen die verschiedenen Einzelhändler aber nur bei der Durchreise. „Die langen Öffnungszeiten sind schon sehr praktisch. Aber ich laufe meistens nur durch den Hauptbahnhof, wenn ich mit dem Zug unterwegs bin oder in die Stadt gehe“, sagt zum Beispiel Bahnkunde Ole.
So sieht es auch Margot Balzer. Sie schaut an einem Stand für Blusen im Hauptbahnhof, aber gekauft hat sie nichts. „Die Bluse habe ich spontan gesehen. Man geht hier durch den Bahnhof und bleibt zwischendurch stehen. Aber meine Einkäufe erledige ich woanders“, erzählt die Duisburgerin.
Fehlt das Ambiente?
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Julia Steinbrenner ist mit ihrer Tochter unterwegs. Ihr fehlt momentan ein Schmuckladen im Hauptbahnhof. „Außerdem wäre es schön, wenn es etwas für Kinder gäbe. Dann könnten sie sich auch beschäftigen, wenn der Zug Verspätung hat“, meint die Passantin.
Bahn will „nicht nur Ketten in Bahnhöfen“
„Uns ist der Mehrwert für die Menschen sehr wichtig. Wir wollen nicht nur Ketten in Bahnhöfen haben“, erklärt Stefanie Toloszycki. Leerstände am Hauptbahnhof Duisburg gibt es nicht. Der Bahnhof sei bei vielen Händlern beliebt.
Gute Aussichten für Geschäftsleute und Pendler: Die Streckensperrungen dauern nur noch bis zum 26. August um 5 Uhr morgens an. Dann können wieder mehr Kunden in Duisburg auf die Bahn umsteigen.
Nicht nur die Geschäfte müssen zu den Menschen passen, findet Ramai von der „Frucht Oase“. Er beklagt das Ambiente im Duisburger Hauptbahnhof: „Wir als Bürger verdienen einen schönen Hauptbahnhof. Als Duisburger geben wir die Hoffnung nicht auf“, betont der Inhaber.
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Eigentlich sollte Duisburg ab 2019 eine neue Bahnsteighalle bekommen. Daraus wird vorerst nichts – die Bahn will das Vorhaben neu ausschreiben. Der ursprünglich für 2019 geplante Baubeginn wurde verschoben, weil bei der letzten Ausschreibung die Angebote der Baufirmen mehr als doppelt so hoch lagen wie die Vorstellungen der Planer. Die Bahn hofft auf einen Baubeginn im dritten Quartal 2022 und hat den Tunnel zu den Gleisen kosmetisch aufgehübscht.