Duisburg. . Thyssenkrupp testet den innerbetrieblichen Transport mit Drohnen. Zunächst werden Proben vom Werkshafen ins Zentrallabor geflogen statt gefahren.

Thyssenkrupp-Mitarbeiter Aaron geht mehrfach täglich in die Luft. Und das soll er auch. „Aaron“ ist eine Drohne mit sechs Rotoren und 4,5 Kilo Tragkraft. Das Fluggerät pendelt im Testbetrieb zwischen dem Werkshafen Schwelgern und dem Zentrallabor in Hamborn.

Transportiert werden Materialproben von den einlaufenden Schiffen, die vor allem Eisenerz und Kokskohle für die Stahlproduktion im Duisburger Norden heranbringen. Mit einem leichten Brummen hebt sich die Drohne vom Boden, steigt bis auf 80 Meter Höhe und bewältigt die Strecke zwischen Binnenschiff und Analyselabor – 2,2 Kilometer Luftlinie – in sechs Minuten. Das schaffen die Werksmitarbeiter nicht, die zweimal täglich mit dem Auto die Strecke – vier Kilometer über Werksstraßen – nicht. Sie brauchen je nach Verkehrslage eine viertel Stunde und länger. Mehrere unbeschrankte Bahnübergänge machen die Fahrt langsam und sorgen zudem für Unfallgefahren durch kreuzende Eisenbahnzüge . Bis zu 2000 Proben sind monatlich zum Zentrallabor in Hamborn zu transportieren.

„Auch dieses Projekt ist eines von vielen, mit denen wir das Stahlwerk der Zukunft bauen: moderner, digitaler und nachhaltiger. Dabei forcieren wir Digitalisierungsprojekte nicht um ihrer selbst willen, sondern immer dann, wenn sie uns konkrete Fortschritte bringen. Die Transportdrohne ist dafür ein exzellentes Beispiel“, sagte der Vorstandsvorsitzende von Thyssenkrupp Steel Europe, Andreas Goss, am Dienstag bei der Vorstellung des Drohnenprobebetriebs, der bis Jahresende Aufschlüsse über weitere Einsatzmöglichkeiten von autonomen Fluggeräten bringen soll.

Wenn sich der autonome Flugroboter dann beim Laborprobentransport bewährt, könnte er in Zukunft auch in anderen Bereichen der internen Logistik zum Einsatz kommen. „Die Drohne lässt sich individuell per App anfordern. Die Auslieferung zeitkritischer Sendungen auf dem Werksgelände könnte man damit voll automatisieren und digitalisieren“, erklärte Projektleiter Thomas Lostak. Einsatzmöglichkeiten wären beispielsweise auch eilige Ersatzteiltransporte. Für Inspektionen hat das Stahlunternehmen schon früher Drohne starten lassen.

Landeplätze für Notfälle

Über einen zentralen Leitstand haben zwei eigens ausgebildete Mitarbeiter die Bewegungen der Drohne immer im Blick. So wissen sie stets genau, wo sich der Flugroboter befindet und können ihn auf sechs Notfalllandeplätzen entlang der Strecke jederzeit zum Stehen bringen.

Fallschirme und eine Kombination aus optischer Navigation und Navigation via GPS sorgen für zusätzliche Sicherheit beim Drohnenbetrieb.

Aufmerksame Gäste eines Testflugs waren NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) und Thomas Jarzombek, Koordinator der Bundesregierung für die deutsche Luft- und Raumfahrt. „Projekte wie bei Thyssenkrupp machen sehr deutlich, welchen Mehrwert Drohnen in der Hand von professionellen Nutzern haben“, erklärte Jarzombek bei der Vorführung: „Es gibt einen riesigen Markt.“

Weitere denkbare Einsatzmöglichkeiten von Drohnen sieht der Düsseldorfer CDU-Bundestagsabgeordnete beim Transport von dringend benötigten Medikamenten zwischen Kliniken, Lageerkundungen bei möglicherweise gefährlichen Feuerwehreinsätzen oder Brückenüberprüfungen. „Wir werden noch viele Anwendungen sehen“, ist sich Jarzombek der Drohnen-Zukunft sicher.

Neben der Sanierung der Infrastruktur seien innovative Verkehrssysteme die zweite Säule der nordrhein-westfälischen Mobilitätspolitik, erläuterte Wüst beim Thyssenkrupp-Besuch: „Wir wollen Mobilität 4.0.“ Autonomes Fliegen, wie beim größten deutschen Stahlhersteller demonstriert, sei eine willkommene Ergänzung zu weiteren Versuchen, wie etwa mit dem autonomen Fahren.