Duisburg. . Die einstige Bundestagspräsidentin hat bei ihrem Besuch der UDE Duisburg für die Arbeit in Sachen Einwanderung und auch mit Geflüchteten gelobt.
Der Stachel sitzt noch, den der verstorbene Altkanzler Kohl setzte, als er sie 1988 aus dem Amt der Bundesministerin für Familie, Frauen und Gesundheit auf den Sitz der Präsidentin des Deutschen Bundestages weglobte. „Ich habe geweint, als ich das Amt verloren habe: Ich dachte, jetzt kann ich nichts mehr bewirken“, sagt Rita Süssmuth gut 30 Jahre später, am vergangenen Dienstagabend zu ihrem Vortrag im Audimax der Uni Duisburg-Essen.
Süssmuth war nie „Kohls Mädchen“, und noch weniger eine Frau für Prestige-Ämter. Man merkt es, als die heute 81-Jährige den obligatorischen Blumenstrauß zur Begrüßung im Vorlesungssaal nicht so recht anzunehmen weiß. Verschmitzt legt sie ihn beiseite, greift lieber zum Skript – das Handeln ist bis heute wichtiger gewesen.
Gastprofessur für NRW School of Governance
Und hat ihr den Ruf der unerschütterlichen Optimistin eingebracht, der auch am Dienstagabend den Audimax mit überraschend vielen jungen Studierenden füllt. Das Thema ihres Vortrags für die NRW School of Governance, wo Süssmuth eine Gastprofessur wahrnimmt, gilt der Einwanderungspolitik: „Wir müssen mit dem ständigen Misstrauen gegenüber Geflüchteten aufhören, sondern sehen, was die Menschen voranbringt“, fordert die CDU-Politikerin seit langem ein Gesetz zur Einwanderung.
Ein solches Gesetz komme nie in Frage, hat man ihr 1994 in der CDU noch gesagt: „Wieso nie? Das wollen wir doch mal sehen!“, hat sie damals erwidert. Bis heute lässt es auf sich warten. „Wir sind innovativ in der Wissenschaft – im politischen Diskurs wird man manchmal ratlos“, schüttelt Süssmuth darüber den Kopf.
Viel Lob hingegen spendet Süssmuth der Stadt Duisburg für ihren Umgang mit Einwanderern und Flüchtlingen: „Warum hat Duisburg keinen besseren Ruf? Wir schauen viel zu wenig auf unsere Erfolge: Das erste interkulturelle Pflegezentrum gab es hier.“ Doch alle reden nur von „Marxloh“.
Wissenschaft in der Pflicht
Die Wissenschaft sieht die starke Streiterin für Frauenrechte und eine menschliche Einwanderungspolitik heute mehr denn je in der Pflicht. „Wie kann Wissenschaft denn Einfluss nehmen?“, fragt Prof. Andreas Blätte, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Politikwissenschaften, nach.
Eine einfache Antwort hat die Politikerin nicht: Wissenschaft müsse unabhängig von der Politik bleiben, Fakten benennen und an ihrer Sprache arbeiten. „Keine ‘Sprach-Girlanden’ bauen“, rät die Professorin Süssmuth. Und: „Kontinuierlich über die in Auftrag gegebene Forschung informieren, nicht nur über die Endergebnisse.“
>>> STATIONEN IM LEBEN DER POLITIKERIN
1937 in Wuppertalgeboren.
1971: Professorin der Erziehungswissenschaft.
Seit 1981: Mitglied der CDU.
1985-88: Bundesministerin Familie Frauen und Gesundheit.
1988-98: Präsidentin des Deutschen Bundestages.