Duisburg. . Blindenmanufaktur in Duisburg stellt Besen in den deutschen Nationalfarben her – unverzichtbar in Zeiten der WM.
Sein Daumen und Zeigefinger dribbeln flink über den Besenriegel, dann platziert Skender Bajraktaraj eine Drahtschlaufe durch das nächste kleine Loch, fädelt präzise einen Stoß gelber Elastonfasern zur Hälfte durch die Schlaufe und zieht mit Anlauf den stabilen Draht am Rücken des Riegels fest. Die Faser landet passgenau im eckigen Holz. Jetzt noch Rahmen und Stiel: Fertig ist der Besen in Schwarz-Rot-Gelb, passend zur Weltmeisterschaft, die am 15. Juni startet.
Gut 22 Stück stellt der 31-Jährige am Tag komplett her, vom Einfädeln bis zur Montage des Stiels. Das Handwerk des Besenbindens beherrschen er und seine drei Kollegen im wahrsten Sinne blind. Denn Bajraktaraj ist nahezu ohne Sehvermögen geboren: „Auf einem Auge sehe ich noch etwas, wie durch ein Fernrohr. Aber ich habe ein hohes Feingefühl bei meinen anderen Sinnen entwickelt“.
Genauer als das Auge
Für seine Arbeit in der Neudorfer Blindenmanufaktur an der Kommandantenstraße kommen sie ideal zum Einsatz. Wenn etwa der letzte Schliff über die Borsten gelegt wird, fühlt Bajraktaraj mit der flachen Hand haargenau, ob eine Borste übersteht. Mit einem Blick ist das für einen Sehenden nur schlecht zu erkennen.
28 Mitarbeiter sind in der Blindenmanufaktur beschäftigt, sie stellen in Handarbeit nicht nur Kehrbesen etwa für die Duisburger Wirtschaftsbetriebe her, sondern „Kehrbesteck“ für alle Gelegenheiten: Schrankbesen, Bürsten für Schuhe und Gemüse, Feger aus Kokos, Riassava oder auch feinstes Rosshaar für das Tanzparkett.
Die Mitarbeiter sind Deutschland-Fans
Der stabile, handgefertigte Weltmeister-Besen ist der neueste Streich der Manufaktur. Die „Macher“ sind natürlich alle Deutschland-Fans und entsprechend mit Herzblut bei der Arbeit.
Elfriede Schütz – einzige Frau im Viererteam – ist fußballbegeistert: „Ich gucke immer mit meinem Mann oder ich höre im Radio zu, da wird das Spiel genauer geschildert. Das Tor hört man ja am Jubel – das ist beim Fußball das Wichtigste“, meint sie mit Augenzwinkern.
Mit Begeisterung bei der Arbeit
Schütz hat vor gut acht Jahren allmählich ihr Augenlicht verloren: Makuladegeneration. Ihren Beruf als Reinigungskraft hat sie gegen das Korbflechten und Besenbinden eingetauscht. „Ich mache die Arbeit sehr gerne“, sagt die 62-Jährige, und zeigt stolz auf die fein geflochtenen weißen Körbchen auf der Fensterbank.
„Etwas für die Gesellschaft zu produzieren“, „sich nützlich fühlen“, motiviert auch die beiden Kollegen Waldemar Naumow (37) und Vakil Vikram (47) bei der Arbeit. Erst recht, weil sie von der Qualität überzeugt sind. Der WM-Besen ist deshalb nicht nur ein schönes Fan-Besteck, sondern leistet gute Dienste nach dem Rudelgucken und auch sonst.
Bei der Stielmontage des schwarz-rot-gelben Fegers ist allerdings höchste Konzentration gefragt: „Die schwarze Seite muss nach vorn“, sagt Bajraktaraj. Sonst könnte man es noch mit Belgien verwechseln.
Fanbesen gibt es auch in der MSV-Variante
Gute Erfahrungen hat die Manufaktur auch mit den MSV-Fanbesen in Blau-Weiß gemacht. Von der Idee zum WM-Besen erhofft sich Vertriebsleiterin Beate Rausch-Kaniss mehr Aufmerksamkeit für das Handwerk.
Zwischen 21 und 43 Euro muss man – je nach Größe – für das gute Stück berappen. „Betriebe können mit die Bestellung auch mit ihrer Ausgleichsabgabe verrechnen“, erklärt Rausch-Kaniss.
Betriebe, die nicht die gesetzlich vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen beschäftigen, zahlen eine Ausgleichsabgabe an das Integrationsamt.