Duisburg. . Das UDE-Projekt „Kicking Girls“ wird zehn Jahre alt. Nadia Taheri hat sich als eine der ersten Teilnehmerinnen zur Trainerin ausbilden lassen.
Fußball ist für manche Mädchen mehr als nur ein Ballspiel – es bedeutet nicht nur Spaß, sondern auch Freiheit und Anerkennung. Seit zehn Jahren vermittelt das Projekt „Kicking Girls“ der Uni Duisburg-Essen (UDE) Mädchen aus sozial schwachen Familien in Fußball-AGs und bildet sie auch zu Trainerinnen aus. Heute ist das Projekt längst über Ländergrenzen hinausgewachsen: Mittlerweile kicken Grundschülerinnen in europaweit über 30 000 Schul-AGs. Die Duisburgerin Nadia Taheri hat als eine der ersten mitgespielt.
Arbeit machte selbstbewusst
Nadia Taheri stammt aus einer fußballverrückten Familie, als Kind fegte sie am liebsten über den Bolzplatz. „Bei uns haben alle Geschwister gekickt“, sagt die 27-Jährige Tochter marokkanischer Einwanderer. 2007 stand sie kurz vor dem Abi und hatte bereits zwei Jahre im Verein Rhenania Hamborn gespielt, als ihre Lehrerin vorschlug, sich für „Kicking Girls“ zu bewerben. „Dort absolvierte ich einen Trainer-Workshop.“
Als eine der ersten im Projekt ließ sich Nadia zum Coach ausbilden und leitete danach eine Fußball-AG in der Grundschule Kunterbunt in Obermarxloh. „Die Arbeit mit den Dritt- und Viertklässlerinnen machte mich stolz und selbstbewusst“, sagt Nadia, die heute in Röttgersbach lebt und als Erzieherin in einer Essener Kita arbeitet. Diese positive Entwicklung beobachtete sie nicht nur an sich selbst. „Auch die Mädchen wurden stärker, bekamen mehr Selbstbewusstsein.“ Als Trainerin wechselte sie schließlich zu Rhenania Hamborn und baute dort eine eigene Mädchenfußballabteilung auf, die bis heute aktiv ist.
Viele Eltern sind skeptisch
„Es gibt viele Eltern, die sehr skeptisch sind, ihre Töchter Fußball im Verein spielen zu lassen“, weiß Katharina Althoff, die das Projekt an der UDE koordiniert. Die AGs in der Grundschule seien ein niedrigschwelliges Angebot zum Ausprobieren. „Wichtig ist, dass Frauen wie Nadia als gutes Beispiel vorangehen und auf diese Weise Vertrauen aufbauen.“
Das Konzept geht auf: Rund 1310 Mädchen sind in den vergangenen zehn Jahren Nadias Vorbild gefolgt und haben sich bundesweit zum Coach ausbilden lassen.
Bedarf im Duisburger Norden ist groß
„Die angehenden Trainerinnen sind meist zwischen 14 und 16 Jahre alt“, sagt Althoff. Knapp 30 000 Dritt- und Viertklässlerinnen treten in Schul-AGs gegen den Ball, 33 500 wetteifern bei 50 Turnieren im Jahr um den Sieg. „Und 15 Prozent unserer Mädels haben inzwischen den Weg in einen Verein geschafft.“ Gerade im Duisburger Norden ist der Bedarf für solche kostenlosen Angebote groß: „Wenn die Mädchen unter sich sind, fühlen sie sich geschützt. Sie sind selbstbewusster, übernehmen mehr Verantwortung und lernen Sozialkompetenz.“
Zum Training kommt Nadia heute neben der Arbeit aber nicht mehr. „Leider“, wie sie findet, denn: „Wenn ich den Platz sehe, juckt es mich schon in den Füßen. Schließlich wird mein Herz immer am Fußball hängen.“
Kicker-AGs in drei Duisburger Schulen
Dr. Ulf Gebken, Professor an der Uni Duisburg-Essen für Sozialwissenschaftliche Grundlagen des Sports, gründete „Kicking Girls“ vor zehn Jahren mit dem Verein „Integration durch Bildung und Sport“. Als Sponsor überzeugte er den Deutschen Fußballbund (DFB), der das Projekt zu Beginn bundesweit unterstützte. Neben lokalen Partnern und Sportvereinen engagiert sich heute besonders die Laureus Stiftung für das Projekt, das sich großteils durch Spenden finanziert. „Kicking Girls“ wurde jetzt mit dem UEFA Award for Children ausgezeichnet. Das Preisgeld von 50 000 Euro soll in den Ausbau des Projekts fließen und den Austausch über Ländergrenzen hinweg stärken. Gekickt wird nämlich auch in Österreich, Belgien, Irland und der Schweiz.
In Duisburg beteiligen sich derzeit neben der Grundschule Kunterbunt auch die Schule am Park und die Abteischule in Hamborn an dem Projekt. Dort kicken Schülerinnen in AGs, die meist dem Offenen Ganztag angeschlossen sind.