Duisburg. Angst geht um in den Duisburger Werken von Thyssen-Krupp Steel, Angst um die Arbeitsplätze bei einer Fusion mit Tata.
„Explosiv“ nennt Günter Back die Stimmung in der Belegschaft von Thyssen-Krupp Steel nach der Ankündigung der geplanten Fusion mit dem indischen Tata-Konzern. In allen Betrieben gehe die Sorge um um die Arbeitsplätze, überall gebe es massiven Wunsch nach weitergehenden Informationen. Der Betriebsratsvorsitzende und seine Kollegen kommen mit Besuchen in den Abteilungen kaum nach. Und im Hüttenheimer Werk wird laut IG Metall Druck auf Arbeitnehmer gemacht, um sie von der Teilnahme an der heutigen Stahldemonstration in Bochum abzuhalten.
„Wir haben jede Menge Unruhe in den Betrieben, jeder will wissen, wie’s weitergeht“, sagt Back. Die Betriebsräte sind ähnlich wie nach Vorstellung der letzten Restrukturierungspläne in den Werken unterwegs, halten auf Wunsch der Beschäftigten und in Absprache mit den Vorgesetzten Informationsveranstaltungen ab. Mal im Pausenraum, mal im Freien, mal mit 30, mal mit 400 Teilnehmern, je nach Größe der Abteilungen. Auch die Mahnwache der IG Metall vorm Tor 1 in Bruckhausen ist momentan oft eine belagerte Anlaufstelle für Informationsbedürftige.
„Der Ton wird richtig ruppig“, klagte gestern Dieter Lieske, 1. Bevollmächtigter der Duisburger IG Metall. Hintergrund sind Klagen von Thyssen-Krupp-Mitarbeitern im Werk Hüttenheim, dass Vorgesetzte ihre Teilnahme an der großen Demonstration verhindern wollen. „Da gibt’s Riesen-Palaver“, sagt Lieske. Rund 50 Busse habe die IG Metall für die Fahrt nach Bochum gechartert, weitere Kollegen würden per Pkw anreisen. Mit dabei sein werden außer Oberbürgermeister Sören Link auch die beiden Duisburger SPD-Bundestagsabgeordneten Bärbel Bas und Mahmut Özdemir. Auch Link-Herausforderer Gerhard Meyer, Kandidat unter anderem von CDU und Grünen, will sich auf den Weg machen.
Viele ungeklärte Fragen rund um die Fusion beschäftigen noch den TKS-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Back. Begonnen mit der genannten Zahl von Arbeitsplätzen, die gestrichen werden sollen. Sind darin die bereits im Zuge der aktuellen Restrukturierungsrunde benannten Stellen enthalten oder nicht? Über die Schulden: Wird die Last für das neue Unternehmen nicht zu groß, wenn die Konjunktur mal wieder lahmt oder Investitionen nötig werden? Bis zu den kartellrechtlichen Folgen: Was passiert mit der Weißblechsparte, die es bei Tata wie bei Thyssen-Krupp gibt? Fällt Rasselstein als Abnehmer für Duisburger Stahl eventuell weg? Überzeugende Argumente für die Fusion habe er nach wie vor nicht gehört, sagt Back.
Von unterschiedlichen Seiten bekommen die Belegschaften von Thyssen-Krupp Steel in diesen bewegten Zeiten Zuspruch. Die Duisburger FDP und ihr OB-Kandidat Thomas Wolters fordern Management auf, „endgültige Entscheidungen nur in Abstimmung mit den Beschäftigten zu treffen“. Erkan Kocalar, OB-Kandidat der Linken fordert: „Im Falle einer Fusion müssen Beschäftigungssicherung, Montanmitbestimmung und Investitionen in die deutschen Standorte über das Jahr 2020 hinaus gewährleistet sein.“ Der CDU-Europaabgeordnete für das Ruhrgebiet, Dennis Radtke: „Eine Fusion von Thyssen-Krupp ist schwer zu verhindern.“ Vorrangiges Ziel einer Fusion müsse es jedoch sein, „gut bezahlte Industriearbeitsplätze langfristig in unserer Region zu sichern“.