Esse. Im Memorandum of Understanding haben sich Thyssen-Krupp und Tata bereits auf viele Details vorab verständigt.

Eine rechtlich nicht bindende Absichtserklärung ist sinngemäß ein „Memorandum of Understanding“ (MoU). Das klingt eher nach einer losen Verabredung als nach einem historischen Dokument. Doch das MoU von Thyssen-Krupp und Tata zur Fusion ihrer europäischen Stahlsparten ist genau das. Denn die beiden Konzernvorstände haben darin schriftlich ihr Vorhaben fixiert, das größte deutsche Stahlunternehmen und den europäischen Teil der indischen Tata Steel gleichberechtigt zu verheiraten. Das neue Thyssen-Krupp Tata Steel wird nicht mehr zum Kerngeschäft des Dax-Riesen gehören. Und es soll auch nicht in Duisburg seinen Sitz haben, sondern in Amsterdam. Die weiteren Eckpfeiler des MoU im Überblick:

Arbeitsplätze

Sowohl bei Tata als auch bei Thyssen-Krupp sollen „in den kommenden Jahren“ jeweils „bis zu 2000 Stellen“ abgebaut werden, und zwar jeweils ebenfalls zur Hälfte in der Verwaltung und in der Produktion. Bei Thyssen-Krupp würden insgesamt noch mehr Stellen abgebaut, weil noch alte Sparprogramme laufen oder angekündigt wurden. So wurde bereits der Wegfall von rund 300 Arbeitsplätzen im Grobblech-Werk im Duisburger Süden angekündigt. Hinzu kommen 400 bis 600 Verwaltungsstellen, deren Abbau im Juni verkündet wurde.

Standorte

Zu einzelnen Werken steht nichts im MoU, lediglich, dass „ab dem Jahr 2020 das Produktionsnetzwerk“ zwecks Optimierung überprüft werde. Heißt im Klartext, dass dann Schließungen einzelner Anlagen bis hin zu ganzen Werken auf die Tagesordnung kommen werden. Da Tata im niederländischen IJmuiden an der Nordsee das modernste Stahlwerk Europas betreibt, dürfte diese Frage vor allem zwischen britischen und deutschen Werken entschieden werden. Wobei auf der Insel der Brexit erschwerend hinzukommen könnte. Die IG Metall befürchtet, der Einfluss der britischen Regierung könne am Ende zu Lasten deutscher Standorte gehen. Auch im MoU wird der Brexit als Unsicherheitsfaktor genannt.

Die Besitzverhältnisse

Mahnwache bei ThyssenKrupp in Duisburg Bruckhausen

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    Das Gemeinschaftsunternehmen soll zum Start mit jeweils 50 Prozent Tata und Thyssen-Krupp gehören. Die Arbeitnehmerseite fordert vom Management Zusagen, dass der Essener Dax-Konzern diesen Anteil auch langfristig hält und sich nicht schrittweise aus dem Stahl zurückzieht, etwa wenn es nicht so laufen sollte wie erhofft. Im MoU wird keine Mindesthaltedauer genannt.

    Einsparziele und Lasten

    Als jährlich zu erzielendes Einsparpotenzial nennen die potenziellen Partner für die Anfangsjahre 400 bis 600 Millionen Euro. Damit gemeint sind Kostensynergien in Verwaltung, Vertrieb, Logistik und Forschung. Langfristig will Thyssen-Krupp Tata noch mehr Geld sparen, indem ab 2020 unrentable Anlagen „überprüft“, sprich bei negativem Prüfergebnis geschlossen werden.

    Als Rucksack nimmt die Stahlsparte von Thyssen-Krupp ihre Pensionslasten von 3,6 Milliarden Euro mit. Tata hatte sich in Großbritannien auf die Auslagerung seiner Pensionsverpflichtungen von 17,5 Milliarden Euro in einen Fonds geeinigt. Allerdings bleibt Tata zu einem Drittel daran beteiligt, also in der Mithaftung. Die Ausgliederung wird die Konzernbilanz von Thyssen-Krupp „signifikant verbessern“, sagte Vorstandschef Hiesinger. Umgekehrt fragt sich die IG Metall, ob das neue Unternehmen mit diesen Lasten wettbewerbsfähig sein wird.