Duisburg. . Das Software-Unternehmen Krankikom übernimmt die technische Organisation von 40.000 elektronischen Prüfungen an Schulen auf der ganzen Welt.

Ein Projekt des Duisburger IT-Dienstleisters Krankikom gibt einen Vorgeschmack auf die Abiturprüfungen der Zukunft. Die Kommunikationsfachleute mit Sitz am Innenhafen übernehmen die technische Organisation von derzeit rund 40 000 elektronischen Abschlussprüfungen an Schulen auf der ganzen Welt und die sichere Verwaltung der Datensätze.

In weltweit 140 Ländern lernen Kinder und Jugendliche in Internationalen Schulen nach dem Curriculum der Schweizer Bildungsstiftung International Bacchalaureate (IB). Der Abschluss ermöglicht den Zugang zu internationalen Universitäten. Die Eltern der Schüler sind häufig Diplomaten oder für ihre Arbeitgeber im Ausland tätig. „Gerade in ärmeren Ländern schicken viele Inländer ihre Kinder, weil es die besten Schulen sind“, erklärt Alexander Kranki, Geschäftsführer von Krankikom.

Projektleiterin Michaela Hares.
Projektleiterin Michaela Hares. © Lars Fröhlich

Tausenden von Schülern rund um den Globus möglichst zeitgleich die Abiturprüfungen abzunehmen, ist eine Herausforderung mit vielen Risiken. „Jahrelang hat IB Prüfungen auf Papier mit Kurieren rund um den Globus geflogen“, berichtet Michaela Hares, Geschäftsführerin und Projektleiterin bei Krankikom. Da konnten Prüfungsfragen ebenso wie Ergebnisse auf dem Luftweg leicht verlorengehen. Die Sicherheit sei deshalb auch bei der Umstellung auf die elektronische Prüfung die wichtigste Bedingung gewesen, sagt Alexander Kranki: „Weil es erhebliche Auswirkungen auf die weitere Lebensplanung der Schüler haben kann, wenn es schief geht.“

Seit 2013 ist IB Kunde der Duisburger, da begannen die Vorbereitungen, ein erster Entwurf, den die Stiftung selbst lieferte, „glich eher einem Zettelkasten“, erinnert sich Entwicklungsleiter Patrick Hagemeister. Diesen weiterzuentwickeln zu einem System, das komplexe Prüfungen abbilden kann, interaktive Inhalte ermöglicht sowie Werkzeuge zur Bearbeitung von Tabellen und Zeichnungen enthält war das Ziel. All das funktioniert, und noch viel mehr: Filme und andere Multimedia-Inhalte können eingebunden werden, für jeden Schüler gibt’s das auf seine Schwerpunkte zugeschnittene Prüfungspaket. Selbst barrierefreie Inhalte wie 3D-Varianten einer Kurve oder Hör-Files statt Texten können für hör- oder sehbehinderte Schüler bereitgestellt werden.

Eine Dummy-Version zum Ausprobieren

Die Aufgaben erdenken die Fachleute des IB-Prüfungszentrums im britischen Cardiff, für sie stellt Krankikom ein Autorenprogramm bereit, in das sie die Inhalte eingeben. Nach dem erfolgreichen Test einer Pilotversion mit einer vierstelligen Schülerzahl folgte im vergangenen Jahr das erste „echte“ Computer-Abitur. Um die Schüler mit der Technik vertraut zu machen, gibt’s eine Dummy-Version zum Ausprobieren.

Wie steht’s mit Täuschungsversuchen? „Ziemlich schwierig“, glaubt Patrick Hagemeister. Denn die Entwickler haben auch eine elektronische Klausur-Aufsicht eingebaut. Die registriert jeden Mausklick und jede Aktion des Prüflings. „Niemand kann sagen, er habe fünf Seiten geschrieben und die seien plötzlich verschwunden“, erklärt Michaela Hares.

Auch die Technik kann Schummelei nicht verhindern

Nur eine Schummelei kann auch die Technik nicht verhindern: Weil die Prüfung an verschiedenen Orten auf der Nordhalbkugel im Mai, auf der Südhalbkugel im November abgenommen werden, könnten sich Schüler in verschiedenen Zeitzonen über Inhalte informieren.

Geprüft wird auf Schulrechnern oder Schüler-Laptops in der Regel offline – die Aufgaben werden als Paket bereitgestellt, damit etwa Internet-Recherchen nicht möglich sind und Internet-Abstürze in strukturschwachen Regionen nicht den ordnungsgemäßen Ablauf verhindern. Die Ergebnisse werden abgespeichert, übermittelt und im Düsseldorfer Rechenzentrum von Krankikom gespeichert, ehe die Prüfer in Cardiff zur Korrektur schreiten.

Dann kann das Team von Krankikom durchatmen. Denn während der zweiwöchigen Prüfungsphase lautet die Dienstanweisung: 24/7. „Rund um die Uhr stehen wir zur Verfügung, um technische Probleme zu lösen“, erläutert Hares. Um Inhalte kümmern sich die Fachleute in Cardiff. „Gut so, denn die Prüfungen würden wir wahrscheinlich nicht bestehen.“

>> ZIEL: VIER MILLIONEN PRÜFUNGEN JÄHRLICH

Der Kontakt zwischen Krankikom und der Schweizer IB-Stiftung kam zufällig zustande, berichtet Alexander Kranki. Sein Unternehmen zählt auch die Kinokette UCI zu ihren Kunden. Von dort wechselte ein Mitarbeiter zu einer britischen Bildungsorganisation. Als er in Kontakt mit dem IB-Prüfungszentrum kam und erfuhr, dass die Stiftung nach einem IT-Partner für die elektronische Prüfung suchte, empfahl er die Duisburger weiter.

Geschäftsführer Alexander Kranki.
Geschäftsführer Alexander Kranki. © Lars Fröhlich

Mit den Schweizern will Krankikom langfristig zusammenarbeiten. Derzeit wird das System für weitere IB-Programme und -Abschlüsse weiterentwickelt. „Wir bauen aus für die Abnahme von bis zu vier Millionen Prüfungen pro Jahr“, so Kranki. Auch für Tests und Hausaufgaben will das zwölfköpfige Team am Innenhafen Lösungen entwickeln.

Auf dem Heimatmarkt werde Krankikom wohl noch auf das digitale Abitur warten müssen. „Da fehlt es an technischer Infrastruktur der Schulen und auch bildungspolitisch muss sich eine ganze Menge bewegen.“

Ein Demo der internationalen Abiprüfung: https://vimeo.com/130068430