Duisburg. . Von Phallussymbolen, einem Container für flüchtige Gerüche und einer unerfüllten Liebe: Ein Rundgang durch das Lehmbruck-Museum.

Liebe ist auch in der Kunst ein starkes Motiv. „Es sind doch die Leute, die wir lieben, über die wir uns ärgern oder die uns traurig machen, die uns inspirieren. Bei allen anderen ist es doch egal“, erklärt Claudia Thümler, Leiterin der Kunstvermittlung im Lehmbruck-Museum. Für Kunsthistoriker mögen die Liebesgeschichten von Künstlern eher Klatsch und Tratsch sein. Doch bei den Rundgängen fragen die Besucher stets interessiert, wen Lehmbruck denn wohl in den „Liebenden Köpfen“ porträtiert habe. Ein Rundgang durchs Museum auf den Spuren der Liebe.

Wilhelm Lehmbruck war wohl unglücklich verliebt

Mit Verlaub: Wilhelm Lehmbruck war ein fescher Bursche. Der Bildhauer heiratete 1908 seine Frau Anita, mit der er drei Kinder hatte. Das erste Mal bearbeitet Lehmbruck das Thema Liebe in der Plastik „Mutter mit Kind“. Inspiriert von seinem Kunstakademie-Professor Karl Janssen und wohl auch in dessen Konkurrenz, zeigt er eine liebende Mutter mit ihrem Kind. Das war zu dieser Zeit neu. Janssen hatte in seiner Plastik „Steinklopfern“ eine Mutter gezeigt, die bei der Arbeit nach ihrem Kind schaut, das hinter ihr liegt.

Wilhelm Lehmbruck war wohl unglücklich verliebt. Repro: Stephan Eickershoff
Wilhelm Lehmbruck war wohl unglücklich verliebt. Repro: Stephan Eickershoff

Zu seinem Spätwerk gehören die „Liebenden Köpfe“. „Dass sie ohne Körper modelliert wurden, zeigt, dass es sich um eine ideelle Liebe gehandelt hat“, erklärt Marion Bornscheuer, Kustodin des Lehmbruck-Museums. Man könnte auch sagen: traurig. „Lehmbruck war verliebt in Elisabeth Bergner, allerdings wurde sie nie erwidert. Es war eine platonische Liebe, über die nie viel gesprochen wurde,“, erzählt Sybille Kastner, ebenfalls Kunstvermittlerin im Lehmbruck.

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Die Schauspielerin war zu damaliger Zeit ein Star. Lehmbruck hat sie in sein Atelier eingeladen, nahm sie zum Vorbild für Arbeiten wie „Die Betende“. Er soll ihr Gedichte geschrieben haben. „Aber es hat ihm auch zu schaffen gemacht, weil er ja Familie und Kinder hatte“, so Sybille Kastner. „Es ist nie ganz geklärt worden, was dort wirklich gelaufen ist, ob er sie angehimmelt hat und sie ihn hat zappeln lassen“, ergänzt Claudia Thümler. Am 25. März 1919 setzte er, zunehmend depressiv, seinem Leben ein Ende.

Künstlerin Jana Sterbak konserviert Düfte

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S © Stephan Eickershoff

Wie es sein würde, wenn man den Duft eines geliebten Menschen einfangen könnte, damit beschäftigt sich die Skulptur „Container for Olfactory Portrait“ von Jana Sterbak. Die gebürtige Teschechin, die seit vielen Jahren bereits in Kanada lebt, sei Menschen sehr zugewandt, setze sich gerne mit ihnen auseinander. Als sie ihre Globen für die aktuelle Ausstellung im Lehmbruck-Museum fertigen ließ, beobachtete sie die Glasbläser. „Das Objekt ist sozusagen der ursprüngliche Zustand, bevor so eine Kugel entsteht“, beschreibt Claudia Thümler.

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Sterbak war begeistert von der Idee, dass man etwas von einem geliebten Menschen zurückbehalten kann, etwa den Duft, auch wenn dieser gar nicht mehr bei einem sei. So könne der flüchtige Zustand des Verliebtseins mit Hilfe des Dufts konserviert werden. „Man kennt das ja von einem T-Shirt. Das riecht auch noch einige Zeit nach einem bestimmten Menschen, bevor sich der Geruch verflüchtigt“, vergleicht Thümler. Gefüllt würde der Behälter übrigens nicht mit dem Original-Parfüm, sondern mit einer synthetischen Variante. Das Glas-Objekt, das einem Ei ähnelt, ist übrigens aktuell nicht befüllt.

Künstler Erwin Wurm spaltet das Publikum

Ab Juli gibt es eine neue Ausstellung mit Werken von Erwin Wurm. „The Kiss“ heißt dieses Kunstwerk.
Ab Juli gibt es eine neue Ausstellung mit Werken von Erwin Wurm. „The Kiss“ heißt dieses Kunstwerk. © Stephan Eickershoff

Erwin Wurm spaltet das künstlerisch interessierte Publikum in Freund und Feind. In „Abstract Cultures“ parodiert er Kunstklassiker, indem er beispielsweise Bronze-Bockwürste sich umarmen lässt. „Das ist eine Coverversion von Rodins Kuss“, vergleicht Claudia Thümler. „Die Skulptur besteht aus vielen Phallussymbolen.“ Pop(p)-Art sozusagen.

Die meisten Betrachter lächeln, wenn sie sich die Skulpturen des Österreichers anschauen. Einige kritisieren die Kunst auch als banal. „Aber so ist es manchmal. Ich glaube nicht, dass die Künstler immer gesellschaftskritisch denken, sondern sich auch von ihren Emotionen leiten lassen“, glaubt Thümler. Früher konnte man im Museum übrigens einmal heiraten. Doch das hat die Stadt abgeschafft. Es gibt aber immer noch Paare, die zwischen den Skulpturen Hochzeitsbilder machen.