Duisburg. . Loveparade-Stiftung und eine Gruppe Verletzter und Traumatisierter sind zerstritten. Grund ist die unabgesprochene Platzierung einer Gedenktafel.
- Gruppe der Verletzten und Traumatisierten der Loveparade-Katastrophe liegt im Streit mit der Stiftung
- Es geht um die Gestaltung der Gedenkstätte und eine abmontierte Granittafel
- Eine neue, gläserne Erklärtafel soll nun allen Gedenkstätten-Besuchern die Fakten erklären
Auf den ersten Blick ist es nur ein schlichter, weißer Steinquader. Er steht etwas unscheinbar auf der eisernen Gedenkplatte, ist aber ein offizieller Teil der Loveparade-Gedenkstätte im Karl-Lehr-Tunnel. Dieser Quader steht symbolisch für die Verletzten und Traumatisierten, die damals die Katastrophe überlebt haben. Jetzt ist er aber der Stein des Anstoßes für einen Streit, der bereits seit längerem zwischen der Loveparade-Stiftung auf der einen und einer Gruppe von Betroffenen auf der anderen Seite schwelt. Dieser Konflikt hat nun, vier Monate vor dem siebten Gedenktag der Katastrophe mit 21 Toten, seinen Höhepunkt erreicht.
Keine Rücksicht auf Betroffenen-Initiative „LoPa 2010“
Der Graben, der sich im Laufe der vergangenen Monate zwischen den beiden Kontrahenten aufgetan hat, er scheint inzwischen fast unüberwindbar zu sein. Anders ist folgender Satz von Dirk Schales, Sprecher der Betroffenen-Initiative „LoPa 2010“, nicht zu interpretieren: „Auf unsere Gruppe wurde bei der Gestaltung der Gedenkstätte bisher so gut wie keine Rücksicht genommen. Unsere Interessen werden durch die Stiftung nicht mehr vertreten.“
Weil der Steinquader allein für jeden Gedenkstätten-Besucher ohne Vorwissen nicht ausdrückte, für wen oder was er steht, entschieden sich einige Betroffene, eine eigene Tafel aus schwarzem Granit anfertigen zu lassen. Sie war laut Schales etwa 40 mal 20 Zentimeter groß, kostete rund 600 Euro und trug die Inschrift „In Gedenken an die Verletzten und Traumatisierten der LoPa 2010“. Zwei Steinmetze unterstützten die Aktion.
Granittafel entfernt
Diese Granittafel ließ die Gruppe im Dezember 2016 auf besagtem weißen Steinquader befestigen. Das geschah jedoch in Eigenregie und ohne jede Rücksprache mit der Stiftung, zu deren Kernaufgaben auch die Pflege der Tunnel-Gedenkstätte zählt. „Einige Eltern der 21 Todesopfer waren erzürnt, dass einfach eine Veränderung an der Gedenkplatte vorgenommen wurde“, erklärte Jürgen Widera auf Nachfrage der WAZ. Der Pfarrer ist Vorsitzender der Stiftung. In der Vorwoche ließ er die Granittafel dann entfernen. „Wir bewahren sie hier bei uns auf und sie kann von den Besitzern abgeholt werden.“
Der Hauptgrund für die Beseitigung: Weil Steinquader und Tafel direkt unter den Porträtfotos der 21 Verstorbenen standen, suggerierten sie, dass auf den Fotos Verletzte und Traumatisierte zu sehen sind. „Nach Rücksprache mit den Hinterbliebenen war die Mehrheit von ihnen dafür, dass wir die Granittafel entfernen“, so Widera. Zudem könne es nicht sein, dass ein solch „wesentlicher Eingriff in die Gedenkstätte ohne vorherige Absprache mit uns vorgenommen wird“, sagte der Pfarrer.
Neue, gläserne Gedenktafel klärt auf
Damit künftig alle Gedenkstätten-Besucher verstehen, was sie da vor sich sehen, wurde in der vergangenen Woche auf einer Betonwand eine neue, gläserne Gedenktafel befestigt. Auf ihr werden alle relevanten Dinge erklärt.
Mit dieser Tafel ist die Betroffenen-Initiative auch nicht einverstanden. „Sie wurde ohne Absprache erstellt. Zudem enthält sie sachliche Fehler und Formulierungen, durch die sich einige Betroffene emotional angegriffen fühlen“, kritisiert Schales. Er selbst zählt zu den Mitbegründern der Stiftung, ist aber bereits im Vorjahr wegen ständiger Differenzen als Beiratsmitglied ausgetreten. Das Vertrauensverhältnis zum Stiftungsvorstand sei völlig zerrüttet.