Duisburg. Duisburg ist „Fairtrade-Town“. Wir haben uns angeschaut, an welchen Stellen in der Stadt das sichtbar wird und welche Projekte es gibt.
- Seit 2013 ist Duisburg Fairtrade-Town. Damit soll fairer Handel gefördert werden
- Voraussetzung dafür ist, dass öffentliche Einrichtungen fair gehandelte Produkte verwenden
- Darüber hinaus gibt es aber auch viele private Initiativen und Projekte
Was vor einigen Jahren nur eine eher kleine Gruppe von Menschen interessiert hat, ist inzwischen ins Bewusstsein von immer mehr Konsumenten gerückt: Fairer Handel. Das Thema betrifft längst nicht nur den privaten Konsum, sondern kann auch in einer Stadt gelebt werden, indem etwa Cafés und Restaurants fair gehandelte Produkte anbieten oder die Aspekte in Schulen thematisiert werden. Seit 2013 ist Duisburg „Fairtrade-Town“. Das heißt, dass der faire Handel (englisch: fairtrade) in der Kommune gefördert werden soll. Wir haben uns angeschaut, was das für die Stadt bedeutet und an welchen Stellen Duisburg wirklich fair ist.
Nicht nur lokale Geschäfte bieten faire Kleidung, Lebensmittel und Blumen an. Auch die Stadtverwaltung selbst bezieht sich mit ein: Bei Sitzungen des Stadtrates und der Ausschüsse gibt es nicht mehr irgendeinen Kaffee, sondern: Fairen Kaffee.
Voraussetzung dafür, dass sich eine Stadt Fairtrade-Town nennen darf, ist, dass auch in öffentlichen Einrichtungen fair gehandelte Produkte verwendet werden. So zählen auch einige Vereine und Kirchengemeinden sowie vier Schulen zum Konzept. Im Sophie-Scholl-Berufskolleg, im Gertrud-Bäumer-Berufskolleg, im Krupp-Gymnasium sowie im Landfermann-Gymnasium setzen sich die Schüler mit nachhaltigen Themen auseinander und auch in den Cafeterien landen faire Produkte.
Hier sind in Duisburg Produkte mit Fairtrade-Siegel erhältlich:
„Es ist wichtig, dass wir nicht auf Kosten anderer leben“, sagt Ribhi Yousef, Vorsitzender der städtischen Steuerungsgruppe Fairtrade-Town. Daher sei es nötig, beim Einkauf darüber nachzudenken, ob das Geld, dass für ein Produkt ausgegeben werde, auch tatsächlich beim Arbeiter ankommt. Besonders in der Textilindustrie sieht Yousef große Schwierigkeiten. „Es kann nicht sein, dass in einigen Geschäften T-Shirts für drei Euro und Schuhe für zehn Euro verkauft werden“, sagt er.
Diese Ketten bieten in Duisburg Fairtrade-Produkte an
Neben inhabergeführten Geschäften bieten auch große Lebensmittel-Ketten fair gehandelten Kaffee, Tee oder Schokolade an. Ein Überblick:
- Aldi hat in all seinen Filialen Blütenhonig, Trinkschokolade, Kekse, Kekse, Kaffee, Schokolade, Bananen, Tee und Säfte im Sortiment. Online bietet Aldi auch fair gehandelte Rosen an.
- Netto hat Produkte wie Kaffee, Rosen und Bananen im Sortiment.
- Rewe hat ebenfalls unter anderem fair gehandelte Schokolade und Kaffee im Angebot.
- Edeka führt ebenfalls Fairtrade-Produkte. Wie viele und mit welchem Schwerpunkt war in der Pressestelle des Unternehmens nicht zu erfahren. Die selbstständigen Edeka-Kaufleute entscheiden je nach Nachfrage, welche Produkte sie in ihren Märkten anbieten.
- Penny hat zwei fair gehandelte Produkte im Sortiment: eine Kaffee- und eine Weinsorte
- Lidl hat in seinem Sortiment rund 20 Fairtrade-Artikel der Eigenmarke. Dazu zählen unter anderem Kaffee, Tee, Schokolade, Reis und Kekse.
- Rossmann führt etwa 10 Fairtrade-Produkte der Rossmann-Eigenmarke mit dem Schwerpunkt auf Schokolade. Darunter sind Produkte wie Trinkschokolade, Nuss-Nougat-Creme, Kekse mit Zartbitterschokolade, Kaffeepads, Tee und Kokoswasser.
- In allen 14 Duisburger dm-Märkten sind Fairtrade-Produkte wie beispielsweise Schokolade erhältlich.
- Tchibo verkauft in seinen Filialen zwei Sorten fair gehandelten Kaffee.
- Karstadt hat auch Fairtrade-Produkte im Sortiment.
- Real verkauft in seinen Märkten rund 75 Fairtrade-Produkte, darunter Röstkaffee, Schokolade, Säfte oder Tee.
29-Jährige macht sich mit fairer Mode selbstständig
Mit genau diesem Aspekt beschäftigt sich Tina Möller. Aus tristen Shirts macht sie modische Hingucker. Neben der Optik legt die Jung-Unternehmerin besonders auf ein Kriterium Wert: In ihrem Online-Shop „Eoba clothing“ vertreibt sie nur faire, vegane und nachhaltige Kleidung. Hier bietet die 29-Jährige seit September 2016 Oberbekleidung an. Die Kleidung produziert sie war nicht selbst, sorgt aber dafür, dass aus den einfarbigen Stoffen durch Aufdrucke individuelle Stücke entstehen. Die Designs und Logos entwirft die Duisburgerin selbst. Produktion und Büroarbeit erledigt Möller von zuhause aus.
Die Textil-Rohlinge bezieht sie über einen Händler, der in Bangladesh produzieren lässt. Unter fairen Arbeitsbedingungen, wie sie in ihrer Recherche herausfand, bevor sie sich für einen Händler entschied.
Auf die Oberteile kommt vegane Farbe auf Pflanzenölbasis
Die Shirts, Blusen und Pullis, die bei Tina Möller ankommen, werden dann in Duisburg aufgehübscht. Mit Digitaldrucktechnik kommen die verschiedensten Verzierungen auf die Kleidung. Tinte, die Möller verwendet, ist vegane Farbe auf Pflanzenölbasis. „Ich möchte auf alle chemischen Farben verzichtet“, sagt Möller. Sie betreibt ihr kleines Unternehmen alleine, mit viel Unterstützung von ihrem Freund und ihrer Familie.
Auf die Idee, diese Art von Kleidung zu verkaufen, kam sie durch eigene Unzufriedenheit. „Ich habe mit meinem Freund über Plastik in Klamotten gesprochen und darüber, dass herkömmliche Kleidung oft unangenehm riecht und man darin schwitzt.“ Also dachte sich die junge Frau: „Loslegen und machen.“
Mit ihrem Konzept möchte Möller die breite Masse ansprechen: „Ich möchte nicht nur Ökofreunde begeistern, sondern auch den Mainstream erreichen“, sagt die Studentin der Betriebwirtschaftslehre.
Junge Leute sind Möllers Zielgruppe
Tatsächlich: Die Kunden von Tina Möller sind nicht nur „Ökos“: „Es gibt einige, die nichts anderes als Biokleidung tragen aber auch andere, die sonst nie etwas mit dem Thema zu tun hatten“, sagt die Jung-Unternehmerin. Ihre Zielgruppe seien junge Leute. „Bereits zu Schulzeiten sollte man sich schon mit Themen wie Nachhaltigkeit und fairem Handel auseinandersetzen.“ Daher sollen ihre Kleidungsstücke auffällig sein, triste Kleidung würde keine Aufmerksamkeit bekommen.
Dass sie die Kleidung einzig über einen Online-Shop vertreibt, ist der fehlenden Zeit der Studentin geschuldet. „Wenn ich mit meinem Studium fertig bin und dann genügend Nachfrage besteht, überlege ich, ob ich ein Geschäft eröffne“, sagt Tina Möller.
Der Online-Shop ist erreichbar unter www.eobaclothing.com
Einkauf im Weltladen: Längst keine Nische mehr
Kaffee ist der absolute Renner. Um die 3000 Produkte hat der Weltladen an der Koloniestraße in Neudorf in seinem Sortiment. Fair gehandelter Kaffee geht davon am häufigsten über die Ladentheke. Schließlich wird kein anderes Produkt so sehr mit fairem Handel assoziiert wie die braunen Bohnen.
Fairtrade-Produkte sind heute längst keine Nische mehr. „Der Anteil am Fairtrade-Konsum steigt kontinuierlich“, sagt Andrea Nadolny, Teil des Leitungsteams im Weltladen Duisburg. Nicht nur die Umsätze dort seien in den vergangenen drei Jahre gestiegen, sondern auch immer mehr Supermärkte bieten Fairtrade-Produkte an.
Weltläden sind Fachgeschäfte des Fairen Handels. Die Arbeit von Weltläden basiert auf drei Säulen: Bildungsarbeit, Kampagnenarbeit und dem Verkauf von den Produkten im Geschäft.
Anteil an Großkunden hat zugenommen
Einige Firmen kaufen im Weltladen Kaffee und auch durch viele Kirchengemeinden, die Produkte im Weltladen beziehen, gebe es viel mehr Großkunden als noch vor einigen Jahren. Seit 1981 existiert der Weltladen Duisburg.
Zum großen Teil bestehe die Kundschaft aus dem klassische Bio-Kunden, der auf faire und biologische Produkte achte. Aber auch Kaffeegenießer, die wegen einer bestimmten Kaffeesorte kämen, gebe es ebenso wie die klassische Laufkundschaft oder diejenigen, die auf der Suche nach einem Geschenk seien.
Neben Lebensmitteln gibt es auch Kunsthandwerk
Auch wenn Kaffee nach wie vor Spitzenreiter der Fairtrade-Produkte ist: Es gibt noch so viel mehr im Weltladen zu kaufen. Neben Lebensmitteln wie Schokolade, Kakao, Gewürzen, Weinen oder Ölen gibt es auch Kunsthandwerk wie Taschen, Schmuck oder Keramik-Kannen. Aber auch Kleidung verkauft der Weltladen in Kooperation mit der Düsseldorfer Boutique Kleiderswerth. „Es gibt viele Frauen, die auf faire Kleidung achten“, sagt Andrea Nadolny.
Sophie-Scholl-Berufskolleg arbeitet gegen den Trend "Geiz ist geil"
Zu einer fairen Stadt gehören auch Fairtrade-Schulen. Bislang sind das Krupp-Gymnasium, das Landfermann-Gymnasium, das Gertrud-Bäumer-Berufskolleg und das Sophie-Scholl-Berufskolleg zertifiziert.
Das bedeutet Fairer Handel
- Fairer Handel ist eine Handelspartnerschaft, deren Ziel mehr Gerechtigkeit ist. Produzenten in den Erzeugerländern wird ein Mindestpreis für ihre Produkte gezahlt.
- Produkte, bei deren Herstellung bestimmte soziale, ökologische und ökonomische Kriterien eingehalten wurden, sind besonders gekennzeichnet. In Deutschland wird das Siegel von der Organisation TransFair vergeben.
- Das traditionell wichtigste Produkt ist Kaffee. Aber zum Beispiel auch Tee, Bananen oder Zucker gehören dazu. Vertrieben werden die Produkte über Weltläden, Bio- und Feinkostläden sowie zunehmen über den Einzelhandel.
"Fairtrade ist nach wie vor ein Nischenprodukt", sagt Sven André, Lehrer und Fairtrade-Beauftragter am Sophie-Scholl-Berufskolleg. Nur wenige Schüler würden faire Schoko- und Sesamriegel sowie Kaffee am Schulkiosk kaufen. "Die Schüler sind zwar sensibilisiert aber das Thema ist bei ihnen noch nicht so angekommen", sagt Andre.
Allerdings hätten die Schüler auch nicht das nötige Kleingeld, um die doch etwas teureren Produkte zu kaufen. Ein Snackautomat mit fairen Kleinigkeiten hat die Schule nach einiger Zeit wieder abgebaut. Der Grund: zu wenig Nachfrage.
Künftige Bäcker backen mit fairen Zutaten
Dennoch bietet die Schule immer wieder Aktionen an. Dazu gehört, dass die auszubildenden Bäcker mit fairen Zutaten backen oder künftige Erzieherinnen mit fairen Produkten kochen. Denn: "Es ist wichtig, dass die Schüler aufgeklärt werden, wie billige Lebensmittel in den Laden kommen und wie etwa die Produzenten darunter leiden, dass die meisten Konsumenten so günstig einkaufen", ist sich Andre sicher. Es gelte, gegen den Trend "Geiz ist geil" zu arbeiten.
„Zwei weitere Schule stehen kurz vor einer Zertifizierung zu einer Fairtrade-School: Die Gesamtschule Globus am Dellplatz und das Hildegardis-Gymnasium “, sagt Ribhi Yousef, Vorsitzender der städtischen Steuerungsgruppe.