Duisburg. Neben Apps und IT-Ausstattung steht zunehmend die Nutzung privater Smartphones zur Debatte. In fünf Duisburger Schulen wird das bereits getestet.
- Die meisten Klassen nutzen interne Chatgruppen, um sich miteinander auszutauschen
- Wie stark digital gearbeitet wird, hängt von der Ausstattung und dem Engagement des Lehrers ab
- IT-Ausstattung der Schulen sowie Fortbildungen werden im Schulmedienzentrum koordiniert
Texte schreiben am Laptop, Tafelbilder auf dem Tablet, Recherche mit dem Smartphone: Die Digitalisierung wirkt sich immer stärker auf die Schulen aus. Apps wie das „Digitale Schwarze Brett“, Chatgruppen oder das Nutzen von Smartphones im Unterricht haben Telefonketten, Blaupausen und Overhead-Projektoren längst verdrängt.
Neulich machte es sonntags auf Leons Handy „Ping“. Der Zwölfjährige bekam eine App, in der sein Klassenlehrer durchgab, dass am Montag Bio ausfällt und stattdessen Mathe in Vertretung unterrichtet werden sollte. „Das ist unfair“, beklagte sich der Gymnasiast. Die Hausaufgaben für Mathe hatte er am Sonntagmittag noch nicht gemacht – und musste sie dank der schnellen App-Info nachholen. Viele Lehrer nutzen mittlerweile digitale Dienste, um mit ihren Schülern schneller zu kommunizieren.
Schüler dürfen das Smartphone mit in den Unterricht nehmen
„Die Kommunikation mit den Schülern außerhalb der Unterrichtszeit läuft bei uns seit Jahren bewährt über das System iServ“, erklärt Peter Jöckel, Leiter des Krupp-Gymnasiums in Rheinhausen. „Dies ist ein pädagogisches Portal, hinter dem jeder Schüler und jede Lehrkraft eine E-Mail-Adresse und einen Dateibereich besitzt.“ Außerdem gibt es in diesem Portal Gruppen, in denen Materialien wie Hausaufgaben, langfristige Vertretungsaufgaben oder ähnliches abgelegt werden können. Alle Schüler haben online Zugang zu dem Portal.
Ein striktes Handyverbot gibt es am Krupp-Gymnasium übrigens schon lange nicht mehr. „Im Gegenteil“, sagt Schulleiter Jöckel. Das Rheinhausener Gymnasium ist eine von fünf Duisburger Schulen, die seit 2015 an dem Projekt „Lernen 25“ teilnehmen. In diesem dürfen die Schüler das Smartphone mit in den Unterricht nehmen und es unter Anleitung des Lehrers als Recherche-Werkzeug benutzen. „Das Konzept nennt sich ‘bring your own device’“, erklärt der Schulleiter. Was so viel bedeutet wie: „Bring dein eigenes Gerät mit“. Damit hat die Schule bislang so gute Erfahrungen gemacht, dass wir auf der nächsten Lehrerkonferenz die Umgangsregeln mit den Handys weiter lockern wollen“, sagt Jöckel.
Wie digital im Unterricht gearbeitet wird, hängt auch von der Ausstattung ab, weiß Lehrer Christian Köppen, Sprecher des Hamborner Walther-Rathenau-Berufskollegs. Anschaffungen wie Tablets seien in klammen Kommunen wie Duisburg nur möglich, wenn sie über Sponsoren oder den Förderverein finanziert werden. „Das ist ein großer Kampf“, weiß er. „Dabei gibt es auf dem Schulbuchmarkt mittlerweile viele Apps, die man gut für den Unterricht nutzen kann.“ Ob solche aber Anwendung finden, hängt letztlich vom Engagement des Lehrers ab – und wie fit dieser in digitalen Angelegenheiten ist. „Manche Kollegen verbannen Handys ganz aus ihrem Unterricht, manche nutzen digitale Angebote oder haben klasseninterne What’s-App- und Facebook-Gruppen.“
Anschaffungen über Sponsoren
Der Stand der Technik entwickelt sich rasant, schulische Prozesse brauchen dagegen Zeit. Während Lehrer noch über Handyverbote diskutieren, sind ihre Schüler schon viel weiter: Das Lernen passt sich dem Konsum-Verhalten der Schüler an. „Sie streamen die Inhalte von Lernplattformen“, sagt Köppen. „Die meisten schauen gar nicht mehr in ihre Bücher, sondern lernen mit Tutorials auf Youtube.“
Am Landfermann-Gymnasium haben sich Eltern, Schüler und Lehrer zu einer Arbeitsgruppe „Forum Handy“ zusammengeschlossen, „in der die digitale Nutzung neu gefasst wird“, berichtet Schulleiter Christof Haering . Sie fragen sich: Inwieweit sind die bisherigen Regeln für die Nutzung der Handys sinnvoll in der Praxis? An der Schule ist das Benutzen des Smartphones in den Unterrichtsräumen und Gängen verboten, in den Pausen erlaubt. „In zwei Klassen testen wir gerade das Konzept ‘bring your own device’, in dem wir die bisherigen Regeln umdrehen.“ Tippen die Schüler auf dem Smartphone unter Anleitung im Unterricht, vermittele man ihnen damit gleichzeitig Medienkompetenz, weiß Haering.
Jedoch verändert die Digitalisierung das Schulklima und die Unterrichtskultur nicht nur zum Positiven. Probleme gebe es mit Täuschungsversuchen, die mit Handys einfacher – und kaum kontrollierbar sind. „Außerdem hatten wir Stress mit Cybermobbing – ein großes Thema, das man im Blick haben muss, um eine angstfreie Schule zu garantieren“, sagt Haering.
Schüler drehen Videos im Unterricht
Wenn es um die Ausstattung, den Support und die Sicherheit der IT für die Duisburger Schulen geht, laufen alle Fäden im Schulmedienzentrum zusammen. „Der ‘Arbeitskreis Medien’, entwickelt bereits seit einigen Jahren Konzepte, wie man im Unterricht sinnvoll mit Medien arbeiten kann“, erklärt Jens Holthoff, der das Schulmedienzentrum in der Stadtbibliothek leitet. In diesem sitzen Lehrer, Vertreter vom Amt für Schulische Bildung und der Schulaufsicht. Berater unterstützen zudem die Schulen in ihrer Arbeit mit digitalen Medien und bieten regelmäßige Fortbildungen an.
Neben der Basis-IT-Ausstattung, die etwa PCs, mobile Beamer oder Laptops beinhaltet, werden die Schulen im Vier-Jahres-Rhythmus nach Vorlage eines Bedarfsplans neu ausgestattet. Tablets gibt es jedoch nicht standardmäßig in den Schulen. „Aber wir stellen fünf iPad-Koffer mit jeweils 16 Geräten zum Ausleihen zur Verfügung.“
Beinah jeder Schüler besitzt heute ein eigenes Smartphone. Dieser Umstand lässt sich nutzen, um die Handys als Lehrmittel in den Unterricht einzubeziehen. „Daher läuft das Projekt ‘Lernen 25 - Digitale Medien in Duisburger Schulen’ mit dem Prinzip ‘bring your own device’ an fünf Schulen“, sagt Holthoff. Bis Ende des Jahres wird das Projekt noch getestet, danach soll es sukzessive auf andere Schulen ausgeweitet werden. Aus dem Landesprogramm ‘Gute Schule 2020’ gibt es zudem Geld für den Breitband-Ausbau an den Schulen.
Im Rahmen von „Lernen 25“ richtet die Stadt zum ersten Mal einen Erklärfilm-Wettbewerb aus. Schulen sind eingeladen, bis Juli ein dreiminütiges Video aus ihrem Unterricht einzusenden, in dem sie zeigen, wie digital gearbeitet wird. Eine Jury wählt die besten Beiträge aus, die Schüler dürfen sich auf Überraschungspreise freuen.