Duisburg. Das Duisburger Filmforum präsentiert die Dokumentation „Junge Muslime in Auschwitz“. Teilnehmer sprachen über ihre Erlebnisse.

„Ich wollte nach Auschwitz, um Antworten zu finden. Jetzt habe ich Hunderte neue Fragen.“ Das war die erste Reaktion von Muhammed Saat, nachdem er 2014 mit neun weiteren jungen Männern aus Duisburg das ehemalige NS-Konzentrationslager besucht hat. Der Dokumentarfilm „Junge Muslime in Auschwitz“ arbeitet die Emotionen der Jugendlichen mit türkischem, kurdischem oder arabischem Migrationshintergrund auf. Am Dienstag wurde dieser nun im Filmforum am Dellplatz präsentiert.

In einer anschließenden Podiumsdiskussion mit acht Gästen sprach das Publikum über aktuellen Antisemitismus in der Gesellschaft. Neben Muhammed und drei weiteren Teilnehmern der Reise beteiligten sich auch Oberbürgermeister Sören Link und Gruppenleiter Burak Yilmaz vom Projekt „Heroes“ an dem Gespräch.

"Geschichtsbücher können das Wirken einfach nicht vermitteln"

Doch zuerst ein kurzer Einblick in den Film: Authentisch zeigt Regisseurin Anke Graaf-Wolf die verschiedenen Reaktionen der Jugendlichen bei dem Auschwitz-Besuch. „Ich hätte nie gedacht, dass mich etwas so schocken kann“, sagt ein Teilnehmer direkt zu Beginn. Die jungen Männer fühlen sich zerrissen, doch finden sie dank der Reise einen Zugang zu dem dunklen Kapitel in der deutschen Geschichte. Der Ausflug berührt alle zutiefst.

Für Mehmet Ersöz hat sich sein Blick auf die Historie verändert: „Geschichtsbücher können das Wirken einfach nicht vermitteln“. Seine Erlebnisse konnte er zuerst nicht verarbeiten. Denn zu groß war der Zwiespalt zwischen den Erfahrungen, die seine Familie mit israelischen Soldaten gemacht hat, und dem Schrecken des Holocausts. „Dann habe ich das Schreiben als Ventil entdeckt. So konnte ich meine Gedanken im Kopf erst richtig ordnen“, berichtet er.

Während der Podiumsdiskussion macht Abdul Kader Chahin auf den Unterschied von Israel und Judentum aufmerksam. Der 23-jährige hat der Gedenkstätte bereits zwei Besuche abgestattet. Zuerst als Teilnehmer, 2014 dann als Gruppenleiter. „Als ich bei meiner ersten Reise israelische Schüler gesehen habe, hat das etwas bei mir ausgelöst“. Mittlerweile hat Abdul selbst Freunde aus Israel: „Das hätte ich mir früher nicht richtig vorstellen können.“

Einen anderen Zugang zu dem Thema

Das die Dokumentation begleitende Theaterstück „Coexist“ befasst sich mit den Emotionen der Teilnehmer, die sie während der Fahrt aufgeschrieben haben. Ausschnitte davon zeigt auch der Film. Samed Aydoğan spielt dort einen SS-Offizier, der zum Islam konvertiert. „Ich wollte mir die Frage beantworten, warum Menschen so handeln“, sagt er dazu.

Burak Yilmaz findet, dass es im Schulunterricht einen anderen Zugang zu dem Thema geben müsse. „Auch arabische Truppen haben damals die SS unterstützt. Bindet man das in die Geschichtsbücher mit ein, würde sich ja vielleicht etwas ändern.“