Duisburg.. Angehörige reisen aus den USA an. Auf dem Sonnenwall wurden zwei, in Ruhrort vier Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer des Nazi-Regimes verlegt.
Shalom aleichem: Am Ende nimmt sich Ben Isaacson spontan die Gitarre und singt mit Dritt- und Viertklässlern der Grundschule Goldstraße das bekannte jüdische Lied. Es ist ein wunderbares Bild an diesem Montagmittag auf dem Sonnenwall mit so viel Symbolkraft und der Abschluss einer bewegenden Zeremonie, bei der in Erinnerung an Jenny und Oscar Landau, beide Opfer des nationalsozialistischen Terror-Regimes, so genannte Stolpersteine verlegt worden sind.
Nach Auschwitz deportiert und ermodert
Das Ehepaar hatte früher eine Schneiderei am Sonnenwall 43, war dann seit 1939 auf der Flucht vor den Nazis, zuerst nach Antwerpen, später nach Limburg. Im Oktober 1942 wurden sie festgenommen, nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Ben Isaacson ist der Urenkel und mit seinen Eltern Susan und Robert sowie Lucie und Ron Isaacscon extra aus den USA nach Duisburg gekommen. „Vor allem meinen Eltern bedeutet das hier sehr viel“, sagt er. Seine Mutter steht neben ihm und erzählt: „Für mich ist es so, als würde sich ein Kreis schließen. Ich habe meine Großeltern nie kennengelernt, aber die dunkle Wolke der Vergangenheit hing immer über uns. Jetzt fahre ich mit einem guten Gefühl zurück in die USA“, erzählt Susan Isaacson nach der Verlegung der Stolpersteine durch den dafür bekannt gewordenen Künstler Gunter Demnig.
Hoffnung für die Welt
Den Kontakt zur Familie nach Amerika hat der Verein „Stolpersteine Dinslaken“ um Patin Anne Prior hergestellt. „Wir haben sie bei der Recherche zur Familie Isaacson, die in Dinslaken früher als Viehhändler unterwegs waren, einfach angeschrieben“, erzählt sie. „Und es hat geklappt.“
Susan Isaacson lässt es sich nicht nehmen, die Grundschulkinder, die auch den Kanon „Frieden für die Welt“ angestimmt und ein Gedicht über den Frieden vorgetragen haben, direkt anzusprechen: „Wenn ich in eure Gesichter blicke, sehe ich Hoffnung für die Welt. Die Zukunft liegt in euren Händen. Ihr müsst dafür sorgen, dass das, was meinen Großeltern widerfahren ist, nie wieder geschieht.“
Kurz darauf verlegt Gunter Demnig an diesem Montag auf der Fabrikstraße 21 in Ruhrort vier weitere Stolpersteine in Erinnerung an eine weitere jüdische Familie – für Schabse, Fanny, Leo und Norbert Häusler. Schabse Häusler war bereits seit 1939 in Haft, er wurde 1941 in Dachau ermordet. Seine Frau Fanny und sein Sohn Norbert wurden 1941 verhaftet, nach Riga deportiert und ermordet. Sein anderer Sohn Leo wurde im Januar 1944 in Amsterdam festgenommen, nach Auschwitz deportiert und im selben Jahr dort ermordet. Lediglich seiner Tochter Selma Sally Häusler gelang die Flucht nach England.
„Die Stolpersteine sollen uns daran erinnern, welche grausamen Taten im NS-Deutschland verübt worden sind“, sagt Jennifer Jonczyk, Vorsitzende des Duisburger Jugendrings, der die beiden Stolpersteinaktionen mitinitiiert hat. „Gerade heute ist es wichtig, die Menschen daran zu erinnern. Wir leben in Zeiten, in denen es immer noch Menschen gibt, die den Holocaust leugnen oder das Wort ,völkisch’ wieder positiv besetzen wollen.“