Duisburg. . Sebastian Rabsahl ist schon deutlich älter – sein Künstlername erinnert an seine Anfänge in der Poetry-Slam-Szene. Warmer Empfang im Grammatikoff.
Sebastian Rabsahl ist 37 Jahre alt, heißt auf der Bühne aber noch immer „Sebastian 23“. Klingt sehr nach Nickname für einen Singlechat, „aber ich war nie bei StudiVZ oder Myspace, sondern schon immer mehr für die Realität.“ Den Namen bekam der gebürtige Duisburger 2002 von einem Moderator verpasst, als er bei einem Poetry Slam mitmachte und es zu viele Sebastians in der Szene gab.
Inzwischen sind die Dichter- und Denker-Abende, bei denen jeder fünf Minuten Zeit hat, einen Text vorzutragen, einem breiteren Publikum bekannt. Sebastian 23 tingelt über die Bühnen der Republik, saß einst bei Stefan Raab in der Sendung, wurde mit dem Prix Pantheon ausgezeichnet und beantwortet die Frage, ob man davon leben kann, mit breitem Grinsen. „Seit zehn Jahren mache ich das ohne Nebenjob.“
Liebeslied für Sachbearbeiter
Klar kennt er auch die anderen Zeiten, hat zwischenzeitlich noch in einem Versand gearbeitet und sein Philosophiestudium in dem Buch „Theorie und Taxis“ verarbeitet. Ein Auftritt im Grammatikoff führte ihn nun wieder zurück in seine alte Heimat. Im Publikum saßen viele Bekannte und die Eltern. „Die unterstützen mich. Aber es stimmt, es ist immer etwas anderes, vor Leuten aufzutreten, die man kennt.“ Seine Sorge war unbegründet – das Publikum bereitete ihm einen warmen Empfang.
Im Plauderton erinnert er sich an seine Kindheit in Duisburg, als die Stadt noch ein riesiger Wald war mit ein paar Zechen dazwischen. Fernsehgucken gab’s für ihn nicht, höchstens mal Daumenkino. Das hatten ihm die Zuschauer offenbar voraus. Rabsahl trägt Vokalgedichte vor, die er dem I und U widmet – „dem einzigen Buchstaben, in den es reinregnen kann“ – und dichtet etwas über Buchstabenabfolgen. Den Vorschlag „Ernstl“ pariert er mit Hilfe aus dem Publikum: „Ein richtiger Nazi säuft trinkend Lumumba.“
Im Gedicht „Ich bin ein Lauch“, gesteht er: „Ich wurde heute von zwei Küken im Teich verprügelt. Wollte ein Selfie machen, mit Duckface.“ Die Küken waren nicht einverstanden, außerdem zu zweit. Den Sachbearbeitern, einer verkannten Spezies, widmet Sebastian 23 sogar ein Liebeslied. Mit ihren „Patronengürteln voller Stempel“ seien sie die wahren Hüter der Prinzipien.
Nachwuchsförderung für Slammer
Die Texte von Sebastian Rabsahl sind poetisch, mal lustig, dann wieder nachdenklich. Oft sind es wenige Zeilen, die Denkanstöße geben. „Bäume sind Büsche auf Balken. Schrauben sind Nägel mit Falten. Weizen sind Gräser mit Ähre.“
Im Gespräch erklärt er: „Nicht alle Texte haben eine Gag-Garantie. Sie können auch Ernst sein." Er mag die Soloabende, die gewissermaßen die Langstrecke für Poetry-Slammer sind. Er selbst fördert den Nachwuchs, indem er beispielsweise Poetry-Slams veranstaltet. Es läuft gut. Seine Doktorarbeit im Fach Philosophie hat er jedenfalls erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben und stattdessen ein neues Buch geschrieben. Es heißt: „Hinfallen ist wie Anlehnen – nur später.“