Duisburger Künstlerin arbeitet eine Stunde mit der Farbe Rot
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Duisburg. . Nezaket Ekici hat bei einer Performance vor dem Eingang des Duisburger Lehmbruck-Museums 110 Liter Farbe auf einem 19 Meter langen Teppich verteilt.
Das Lehmbruck-Museum hat seinen Besuchern ein rotes Teppich-Unikat ausrollen lassen. Bei der Entstehung in einstündiger, körperlicher Schwerstarbeit konnte das Publikum am Sonntag vor der Eingangstreppe zuschauen.
Die seit ihrem dritten Lebensjahr in Duisburg aufgewachsene Performance-Künstlerin Nezaket Ekici, die heute in Berlin und Stuttgart lebt, betritt um 14 Uhr in einem hautfarbenen Trikot die Szene, stellt sich an den Anfang des weißen Teppichs, an dessen Seiten jeweils zehn weiße Eimer mit roter Farbe aufgestellt sind. Sie sammelt sich, steht still wie eine Schwimmerin vor dem Sprung, betritt den Teppich, greift einen Eimer, hebt ihn über ihren Kopf und übergießt sich langsam mit roter Farbe. 19 Meter liegen vor ihr, die sie in der nächsten Stunde rot färben wird.
Rote Farbe erinnert zunächst an Blut
Die Farbe rinnt zäh an ihrem Köper herunter, die erste Assoziation ist: Blut. Sie verliert sich im Laufe der Performance „Not on Earth“; denn sie handelt nur bedingt von dieser Welt, gießt dafür Gedanken zum Bespiel über Kunst in starke Bilder. Später, nach ihrem Kraftakt, wird die Künstlerin mit ihrem Ehemann, dem Philosophen Dr. Andreas Dammertz, der Frage nachgehen, wie man zeitgenössische Performance mit klassischer Philosophie verbinden kann.
Doch zunächst ist da dieser anstrengende körperliche Einsatz, der Nezaket Ekici manchmal ein Stöhnen oder Schreien entlockt, wie man es sonst eher vom Sportplatz kennt. In dieser einen Stunde stemmt die 45-Jährige 110 Liter Farbe meist bis über ihrem Kopf, kippt die Farbe auch so, dass sie ihr sogar in Augen und Mund rinnt, wirft sich wie eine Schwimmerin ins Rote, verteilt die Farbe mit Händen, Füßen, Kopf und Haaren, auf allen Vieren kriechend, auf dem Bauch rutschend, auf dem Rücken schlingernd, über die Masse rollend, steht mühsam wieder auf, um einen neuen Eimer zu greifen und zu leeren, der dann auch noch ausgekratzt wird. Das artet manchmal aus zu einer Quälerei, bei der man helfend eingreifen möchte.
Mit ihrem Körper malte sie ein 19 Meter großes Bild auf einen Teppich
Bislang hat Nezaket Ekici diese Performance nur in einer Galerie auf einem körpergroßen Teppich gezeigt, da sind die 19 Meter vor dem Museum an diesem heißen Sonntag eine besondere Herausforderung. „Aber sie hat darauf bestanden, es allein zu machen“, sagt Museumsdirektorin Dr. Söke Dinkla.
Taumeln, durchatmen, weitermachen. Als das Ende in Sicht ist, scheint die Künstlerin neue Kraft zu schöpfen. Noch einmal rollt sie zurück an den Anfang, dann wird die letzte Farbe verstrichen, sie richtete sich auf. Applaus. Die bewegte Skulptur Nezaket Ekici verlässt die Szene. Sie hat ein Bild auf einen Teppich gemalt. Sie hat das Ringen des Künstlers um sein Werk ohne Worte körperlich gezeigt. Gesprochen wurde erst wieder nach halbstündiger Pause.
150 Performances in über 40 Ländern
Not on Earth
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Nezaket Ekici studierte Kunstpädagogik in München und Berlin, schließlich an der Braunschweiger Hochschule Performance-Kunst bei Prof. Marina Abramovic. Seit September ist sie Stipendiatin der Villa Massimo in Rom. In über 40 Ländern präsentierte sie mehr als 150 verschiedene Performances.
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