Duisburg. . Elisabeth Kempe gärtnert seit 49 Jahren und lud Fabienne Piepiora ein. Im Gespräch verrät sie ihr Erfolgsgeheimnis: es ist die Gartenschere.

Über Feldpächter wie mich kann Elisabeth Kempe nur müde lächeln. „Das ist gerade angesagt“, weiß sie. „Die jungen Leute wollen sich ja nicht binden, entscheiden sich jedes Jahr neu. Ich habe meinen Garten seit 49 Jahren“, erzählt die 79-Jährige. Das soll ihr einer mal nachmachen. Grund genug, einmal im Wanheimerorter Kleingarten Feldmark, Parzelle numero 24, vorbeizuschauen. Von ihr kann ich bestimmt noch was lernen.

Links vom Gartentor wachsen Kartoffeln, prächtige Rosen und riesige Sonnenblumen – bestimmt zwei Meter sind deren Stiele hoch. Am Pflaumenbaum hängen Früchte, wie gemalt. „Mein Mann ist leider verstorben, aber er hat mir alles beigebracht. Das wichtigste Werkzeug für einen Gärtner ist die Schere“, weiß sie, warum beispielsweise ihre Rosen so gut gedeihen. Dabei war die Mutter von vier Kindern anfangs gar nicht begeistert, als ihr Mann vorschlug, einen Garten zu pachten. „Wir hatten einen Hausgarten, in dem wir als Mädchen Stachelbeeren pflücken mussten. Aber mein Mann kam aus Breslau, der kannte es so, dass zu Hause etwas angebaut wurde.“ Außerdem hatte die Familie nur eine Wohnung an der vielbefahrenen Kulturstraße – die Parzelle bot die Gelegenheit, dass die Kinder im Grünen aufwuchsen.

Sandkiste statt Spargelbeete

„Unser Vorgänger hatte Spargel angepflanzt. Wir brauchten aber Wiese für unseren Nachwuchs. Als wir die Beete wegmachen wollten, gab’s erstmal Krach mit dem Verein“, erinnert sich die rüstige Seniorin. Aber ihr Mann Peter setzte sich durch: „Ich brauch’ keinen Spargel, sondern eine Sandkiste für die Kinder.“ Die Söhne und Töchter tobten fortan durch den Garten. „Hier war immer etwas los. Die Jungens haben sogar hier gezeltet“, sagt Elisabeth Kempe ein bisschen wehmütig. Heute seien weniger Familien in der Anlage.

Noch heute ist nach Bundeskleingartengesetz (BKleingG) geregelt, dass mindestens ein Drittel mit Obst und Gemüse zum Eigenverzehr bepflanzt sein müssen. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 2004 sogar noch einmal bestätigt. Ein weiteres Drittel sollte mit Gräsern, Stauden und Ziergehölzen bepflanzt werden, möglichst sollte dabei auf Eiben und andere Nadelhölzer verzichtet werden. Das dritte Drittel steht der Erholung zu, allerdings darf laut Gesetz die Laube nicht größer als 24 m² sein und nicht bewohnt werden.

Elisabeth Kempe winkt ab: „Ach, gucken Sie mal hier die Sträucher.“ Sie zeigt auf Stachelbeeren, Him- und Brombeeren, nicht zu vergessen die Kapuzinerkresse und die drei Apfelbäume. In ihrem Garten ist die Quote mehr als erfüllt. Meist hat sie alleine gepflanzt, gejätet und geerntet. Der Mann arbeitete bei der DVG, zunächst als Busfahrer, später als Ausbilder. „Was ich morgens geerntet habe, wurde mittags gekocht.“ Erst als Rentner habe er erfahren, wie viel Arbeit der Garten tatsächlich macht. Peter Kempe engagierte sich zudem jahrelang als Vorsitzender. „Die Männer kamen zum Quatschen vorbei, wenn es was zu regeln gab. Heute schreibt man ja E-Mails.“ Die Frauen treffen sich heute noch regelmäßig zum Kaffeeklatsch. Jeden dritten Sonntag im Monat werden Karten gekloppt. Die Frauen spielen Rommé, die Männer Skat. „Schön ist das. Ich hab’ immer Kontakt. So lange ich noch krauchen kann, werde ich den Garten behalten.“

„Blühe Immer“ ist die größte Anlage

Die Kinder erinnern sich gerne an ihre Kindheit in der Kleingartenanlage und auch die acht Enkel schwärmen davon. Aus den Pflaumen hat Elisabeth Kempe übrigens Marmelade gekocht und Kuchen gebacken. Das Rezept klingt hervorragend und ich werde es garantiert einmal nachbacken. Auf meinem Miet-Acker wachsen leider nur einjährige Pflanzen, weil das Feld gemäß der Fruchtfolge getauscht wird. Aber dafür gibt’s keine strenge Drittelregelung, sondern 100 Prozent Ernte und ein bisschen Erholung.

In Duisburg gibt es 106 Kleingartenvereine. Die größte Anlage ist die Kolonie „Blühe Immer“ im Norden der Stadt. Im Schnitt sind die Gärten zwischen 350 und 400 Quadratmetern groß. Die Pacht beträgt 27 Cent pro Quadratmeter im Jahr. Mehrheitlich stellt die Stadt die Flächen zur Verfügung, es gibt aber auch private Anbieter, etwa die Bahn.

In vielen Kleingartenvereinen fehlt der Nachwuchs. „Unsere Mitglieder sind mehrheitlich 60 plus“, schätzt Paul Feldmann, stellvertretender Vorsitzender des Kleingartenverbandes.