Duisburg. . Ein Blick in die bewegte Geschichte der Salvatorkirche in der Stadtmitte, deren Turm mehrfach durch Feuer, Blitzeinschlag und Krieg zerstört wurde.

700 Jahre wird die Salvatorkirche in diesem Jahr alt. Sie ist damit eine der ältesten der Stadt – nur eine Kirche in Mündelheim ist noch ein bisschen betagter. Allein durch ihre exponierte Lage neben dem Rathaus kommt der Salvatorkirche besondere Bedeutung zu. Das Jubiläum wird die Gemeinde mit verschiedenen Veranstaltungen groß feiern. Am 23. Juni, exakt dieser Tag ist in einem historischen Schriftstück überliefert, gibt es einen Festakt mit Nikolaus Schneider, der Festgottesdienst findet am 26. Juni statt. In den Einladungskarten ist „Salvator“ auf den Kopf gestellt worden. Das passt zum Motto des Jahres: „Denkmal anders“. Doch auch in den vergangenen Jahrhunderten ging es keinesfalls langweilig hinter den Kirchenmauern zu. Ein Blick ins Geschichtsbuch.

Ganz genau kann man nicht sagen, wann die Kirche eröffnet wurde. Die erste urkundliche Erwähnung datiert von 1316. Sie wurde an Stelle einer älteren Pfalzkirche auf dem Burgplatz errichtet. Im Jahrbuch zum 700. Jahrestag, verfasst von Dr. Gernot Tromnau, Vorstand der Mercator-Gesellschaft und ehemaliger Leiter des Kultur- und Stadthistorischen Museums, heißt es: „Spuren einer ersten Kirche aus Holz wurden ins neunte Jahrhundert datiert und konnten ebenso wie Mauerreste steinerner Nachfolgebauten unter der jetzigen Salvatorkirche nachgewiesen werden. Dazu gehören die Mauerzüge der großen romanischen Kirche aus der ersten Hälfte des zwölften Jahrhunderts, auf denen schließlich der gotische Bau, der Anfang des 14. Jahrhunderts begonnen wurde, errichtet werden konnte.“

Bürger finanzierten den Neubau des Turms

Bauherr war der Deutsche Orden. Der Orden hatte seit 1254 die Patronatsrechte über die Kirche. Wahrscheinlich wurde mit dem Neubau des Turms begonnen, der vor allem von den städtischen Bürgern finanziert wurde. Er diente nach seiner Fertigstellung auch als Wachturm für die Stadt.. Der Abschluss des Kirchenbaus wird auf das Jahr 1415 datiert.

Bereits im Jahr 1467 wird der Turm wieder zerstört. Mit dem Wiederaufbau wird 1479 begonnen. Fertiggestellt ist der weithin sichtbare Turm 1513. Im 14. und 15. Jahrhundert hatte er zeitweise eine Höhe von 112 Metern. „Die Türme waren wichtig für die Stadt, um beispielsweise Ausschau zu halten, ob es irgendwo brennt. Deshalb kümmerte sich die Stadt um den Wiederaufbau“, sagt Tromnau. Der Turmhelm brannte allerdings erneut im Jahre 1613 nach einem Blitzschlag ab. 1692 wurde eine barocke Turmhaube von Meister Grevenbroek aufgesetzt. Nach Entwürfen des Düsseldorfer Architekten Rudolf Wiegmann wurde die Salvatorkirche in den Jahren 1847 bis 1852 in spätgotischem Stil renoviert und umgestaltet.

Nach dem Fest kommt das Gerüst

Bei der großen Restaurierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt die Kirche einen achteckigen neugotischen Helm, der auf den quadratischen Turm gesetzt wurde. Der neue Helm der Kirche fiel kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges den Bomben zum Opfer und stürzte auf das Langhaus. Das Gotteshaus wurde innerhalb von 15 Jahren wieder aufgebaut und kann seit 1960 wieder als Kirche benutzt werden. Bis heute fehlt aber der Turmhelm.

Die Salvatorkirche aus der Vogelperspektive.
Die Salvatorkirche aus der Vogelperspektive. © Hans Blossey

Die letzte ausgedehnte Renovierung der gesamten Kirche fand bis zum Jahre 2003 statt – und die nächste steht bald an: Der Turm wird unmittelbar nach den Feiern saniert. Putz bröckelt ab, das Mauerwerk zeigt Risse. 1,7 Millionen Euro kosten die Reparaturen. In den vergangenen Monaten wurden bereits eifrig Spenden gesammelt und Förderanträge geschrieben. Es wurde allerdings vermieden, dass das Schmuckstück für die Kirchenbesucher im Jubiläumsjahr nur eingerüstet zu betrachten ist.

„Salvator Mundi“ kommt zum Jubiläum zurück

Zum Jubiläum kommt auch der verlorene Sohn, „Salvator Mundi“ (Erlöser der Welt), zurück in die Stadt. Bis in das 16. Jahrhundert zählte eine hölzerne Salvatorstatuette zur Kirchenausstattung. Der Figur schrieb man Wunderkraft zu und sie wurde im Spätmittelalter jährlich bei der Fronleichnamsprozession durch die Stadt getragen. Ab 1543 wurde auf Beschluss des Rates der Stadt im evangelischen Sinne gepredigt, so dass bis 1555 die Reformation endgültig Fuß fassen konnte. Den Überzeugungen des reformierten Bekenntnisses folgend wurde die Statue nun als „Ölgötz“ empfunden. In Zeiten des Bildersturms waren auch die Tage des „Salvator Mundi“ gezählt.

„Der Sage nach wurde sie mit einer Schubkarre aus der Stadt gebracht und landete so in Nievenheim“, erklärt Rolf Schotsch, Sprecher der evangelischen Kirche in Duisburg. Dort ist die Statue nun in der Kirche St. Pankratius zu sehen. Zum 700. Geburtstag kommt „Salvator Mundi“ nun wieder nach Duisburg. Das Kunst- und Stadthistorische Museum widmet ihm eine Ausstellung. Die Schau heißt „Die ganze Welt in Gottes Hand. Von der Heilserwartung des Mittelalters bis zu Mercators Beschreibung der Welt“ und beginnt am 19. Juni. Dazu wurde auch etwa das Epitaph Mercators, das sonst in der Südkapelle der Kirche hängt, ins benachbarte Museum transportiert.

In der Ankündigung heißt es dazu: „Noch nie wurde der Salvator Mundi als ikonographischer Typus zum Gegenstand einer Museumspräsentation. Die Ausstellung spiegelt das breite Spektrum der Salvatordarstellungen in sämtlichen Kunstformen wider. Die Gemälde, Grafiken und Skulpturen aus niederrheinischen Kirchen und Museen werden erstmalig unter einem Dach vereint.“ Abgerundet wird die Präsentation durch Urkunden und früheres Inventar aus der Salvatorkirche sowie durch ausgewählte Objekte, die dort bei den archäologischen Ausgrabungen gefunden wurden. Die Vielfalt außergewöhnlicher Exponate bietet zahlreiche neue Sichtweisen und überraschende Erkenntnisse.

Auch Roger Löcherbach, Mitglied des Künstlerbundes Duisburg, hat sich die Figur des „Salvator Mundi“ vorgenommen und interpretiert ihn für die aktuelle Ausstellung, die derzeit in der Salvatorkirche zu sehen ist.

Hätten Sie’s gewusst?

Temperatur. In der Salvatorkirche gibt es eine Heizung, und doch wird es im Winter nicht wärmer als 17 Grad, wenn die Heizung „volle Pulle“ läuft. „Die Pfarrer hätten es manchmal gerne wärmer, aber das geht nicht – auch aus Rücksicht auf die Orgel“, erklärt Küster Holger Kanaß. Im Sommer wüssten die Besucher aber die angenehmen Temperaturen zu schätzen.

Glocken. Oben im Turm von Salvator hängen drei Glocken. Die größte heißt Salvatorglocke und hat ein Gewicht von 3300 Kilogramm und einen Durchmesser von knapp zwei Metern. Die anderen heißen Helden- und Freiheitsglocke. Nur zweimal in der Woche klingen sie alle zusammen. Nämlich an jedem Samstag um 19 Uhr und wenn sie sonntags zum Gottesdienst rufen.

Ein Blick ins Innere der Salvatorkirche beim Benefizkonzert zur Turmrenovierung.
Ein Blick ins Innere der Salvatorkirche beim Benefizkonzert zur Turmrenovierung. © Stephan Eickershoff

Orgel. Die Orgel wurde 2002 von der Firma Kuhn aus der Schweiz erbaut. Es ist das sechste Instrument in 500 Jahren. Sie hat knapp 3000 Pfeifen, drei Manuale, 40 Register. Ihr Äußeres ist aus massiver Eiche, die Pfeifen bestehen aus Zinn und edlen Hölzern. „Orgeln werden in mühevoller Handarbeit aufgebaut. Es sind alles exklusive Einzelstücke. Keine Orgel gibt es zwei Mal auf der Welt“, beschreibt Organist Marcus Strümpe.

Kerzen. Die Kerzen, die etwa als Fürbitten angezündet werden, sind eine Sonderanfertigung für die Salvatorkirche. 28 Exemplare passen auf den Leuchter. Die Brenndauer beträgt im Schnitt viereinhalb Stunden. „Wir haben zwischendurch den Hersteller gewechselt, die tropfen jetzt nicht mehr so“, erklärt Claudia Kanaß. Ihre Aufgabe ist es, die Leuchter auf Hochglanz zu bringen.

Besucher. Rund 13.000 Menschen haben 2015 die Salvatorkirche besichtigt. Davon viele aus dem Ausland. Aus über 90 Nationen stammen die Besucher. Ein Viertel kam aus den Niederlanden, dahinter lagen die Belgier, dicht gefolgt von den Chinesen. Die Kirche ist dienstags bis samstags von 9 Uhr bis 17 Uhr geöffnet.