Duisburg. Bei den Spielen für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung ist der olympische Gedanke das Wichtigste. Sechs Lebensraum-Sportler sind dabei.

Ungeduldig wedelt Heike Pauli mit ihrem Schläger hin und her. Im Flur neben der Halle ist schon das Ticken der Tischtennisbälle zu hören. Sie will auch endlich an die Platte. Endlich trainieren, denn sie möchte fit sein für ihren nächsten großen Auftritt.

Zusammen mit fünf Teamkollegen und Trainer Uwe Symons nimmt sie an den deutschen Special Olympics teil, den Meisterschaften für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Rund 4800 Athleten treten derzeit in Hannover in 15 Wettbewerben gegeneinander an. Am Freitag finden die Finalspiele statt.

„Moment, Heike, du hast noch keine Jacke.“ Betreuerin Catharina Preuß sucht in einem Pappkarton nach der passenden Größe. Stoff in knalligem Orange kommt zum Vorschein. „Unser Trikot.“ Stolz zieht sich die Sportlerin ein ebenfalls orangefarbenes T-Shirt über und läuft in die Halle.

Mit Trainingspartner Jürgen liefert sie sich lange, spannende Ballwechsel. „Gut so Heike!“ Coach Uwe Symons, der wie Catharina Preuß für die gemeinnützige Gesellschaft „Lebensräume“ arbeitet, analysiert die Schläge.

Verschiedene Startklassen

Ansprechpartner in Duisburg

Lebensräume: Gemeinnützige Gesellschaft für Menschen mit geistiger und Mehrfachbehinderung, Fischerstraße 4, Tel.:
0203 77 83 30, Internet:
www.lebensraeume-duisburg.de

VSG Duisburg: Verein für Sport und Gesundheit, Kalkweg 145, Tel: 0203 72 47 74, Email: vsg-duisburg@t-online.de, Internet: www.vsgduisburg.de

VKM Duisburg: Verein für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Duisburg, Neuenhofstraße 61, Tel.: 0203488 949 70, Email: info@vkm-duisburg.de, Internet: www.vkm-duisburg.de

An der benachbarten Platte übt Symons Bruder Thomas seinen berüchtigten Rückhandschuss. „Als mein Bruder hier Trainer wurde, hat er mich mal mitgenommen“, erklärt der Lebensraum-Bewohner. „Hat total viel Spaß gemacht und seit dem trainiere ich mit den anderen einmal in der Woche.“

Bei den letztjährigen deutschen Special Olympics sicherte sich Thomas Symons die Goldmedaille in seiner Startklasse. „Das war vielleicht ein Match. 14 zu 12 habe ich das noch gewonnen.“ Aber dieses Jahr ist es viel schwerer. „Ich spiele jetzt nämlich in der besten Gruppe.“ Bruder Uwe erklärt, dass am ersten Tag der Meisterschaft ein Klassifizierungsturnier stattfindet, „damit die Sportler möglichst gegen gleichstarke Kontrahenten antreten.“

Die Behinderung spielt keine Rolle, es geht um Tischtennis

Aber eigentlich ist das Gewinnen hier gar nicht so wichtig. Uwe Symons betont: „Der eigene Fortschritt und das damit verbundene Erfolgserlebnis stehen viel mehr im Vordergrund. Dabei sein ist alles!“ Preuß ergänzt: „Außerdem ist der Sport die beste Möglichkeit der Inklusion. Hier spielt die Behinderung keine Rolle. Es geht um Tischtennis und das macht allen sehr viel Spaß.“

Rosi pirscht sich an Trainer Uwe Symons heran, tippt ihm auf die Schulter und freut sich, als er sich erschreckt, oder jedenfalls so tut. „Du, Uwe, spielen wir noch China?“ Beim Stichwort China werden alle Tischtennisspieler hellhörig. Schnell bauen sie die restlichen vier Trainingsplatten ab und stellen sich an die verbliebene.

China, auch als Rundlauf bekannt, kann losgehen. Mit Spaß jagen die Sportler um die Platte, orangfarbene T-Shirts flattern. Thomas lässt einen seiner berüchtigten Rückhandschüsse auf die Tischkante zischen. Heike fliegt raus und lacht. „Naja, im Finale wird’s bestimmt besser.“

Leichte Sprache: Was sind die Special Olympics? 

Die Special Olympics gibt es auf der ganzen Welt. Sie bieten in vielen Sportarten Trainings-Angebote und tolle Wettbewerbe. Fünf Millionen Sportler machen bei den Special Olympics mit. Es gibt sie in 175 Ländern, auch in Deutschland. Gerade finden sie in Hannover statt.

Bei den Special Olympics können alle mitmachen. Menschen mit und ohne Behinderung. Dann nennt man Menschen mit geistiger Behinderung: Athleten. Und Menschen ohne geistige Behinderung: Partner.

Eunice Kennedy-Shriver hat die Special Olympics 1968 in den USA gegründet. Sie war die Schwester von John F. Kennedy. Die Kennedys hatten noch eine Schwester. Ihr Name war Rosemary. Rosemary hatte eine geistige Behinderung. Eunice Kennedy-Shriver wollte, dass Rosemary Sport machen kann. Darum hat sie die Special Olympics gegründet.

Drei Fragen an Catharina Preuß 
Catharina Preuß bereitet  die Tischtennisspieler der Lebensräume auf die Special Olympics vor.
Catharina Preuß bereitet die Tischtennisspieler der Lebensräume auf die Special Olympics vor. © Funke Foto Services

1. Sie organisieren Sportaktivitäten für Lebensräume-Bewohner. Ist das Angebot ausreichend?

Catharina Preuß: Wir könnten deutlich mehr Kurse anbieten, das Interesse ist auf jeden Fall da. Leider mangelt es derzeit an Übungsleitern, die Kurse übernehmen könnten. Wir sind aber dabei, das Problem zu lösen. Ein erstes Ergebnis ist eine neue Laufgruppe.

2. Wie kommen die Sportler zu den Trainingsstätten? Gibt es einen Fahrdienst?

Preuß: Einen Fahrdienst gibt es nicht, aber die Anreise klappt meist problemlos. Die, die fit genug sind, um mit dem öffentlichen Nahverkehr zum Training zu kommen, nehmen die anderen einfach mit. Das funktioniert super.

3. Können nur Bewohner der Lebensräume an dem Sportangebot teilnehmen?

Preuß: Nein, es ist ein gemischtes Team. Einige aus der Gruppe unseres betreuten Wohnens sind dabei, aber auch Interessierte, die keine direkte Verbindung zu uns haben. Wer auch immer Lust auf Sport hat, kann sich bei uns melden. Wenn wir keinen Platz mehr haben sollten, können wir aber auf jeden Fall weitervermitteln.