Duisburg. . Önder Baloglu war 25, als er das Probespiel bei den Duisburger Philharmonikern gewann. Das Wichtigste für ihn ist Kammermusik – grenzüberschreitend.
Önder Baloglu war 25 und studierte noch an der Folkwang-Hochschule in Essen, als er sich die (halbe) Stelle eines Konzertmeisters bei den Duisburger Philharmonikern erspielte. „Fantastisch“, sagt der junge Musiker, denn Konzertmeisterstellen in A-Orchestern sind begehrt – und weil es eine halbe ist, bleibt ihm Zeit, seine Liebe zur Kammermusik und zu ungewöhnlichen Projekten zu pflegen. Ist Önder Baloglu doch auch „im Untergrund“ unterwegs.
„Klassisch.Unterirdisch“ heißt die Konzertreihe, die er im Katakomben-Theater in Essen betreut, das vor allem Jazz und Weltmusik pflegt. Önder Baloglu bringt seit 2015 gewagte Konzerte auf die Bühne. „Ich hatte immer schon komische Programmideen“, sagt er. „Für mich ist es wichtig, an einem Thema zu arbeiten.“ Zum Beispiel „Kinderkram“: So der Titel des letzten Saisonkonzerts am 23. Mai, bei dem er mit seinem Pianisten Cagdas Özkan (als Duo „Bal-Kan“) Kompositionen des sechsjährigen Mozart und des elfjährigen Mendelssohn ebenso spielt wie Werke erwachsener Komponisten, in denen sie sich mit Kindheit beschäftigen wie Eugene Ysayes „Reve d’enfant“ oder George Enescus „Impressions d’enfance“.
Große Kammermusik
Für die Duisburger Akzente im Februar/März hat er das Programm „Hafenmusik“ entwickelt, das er mit einem Streichorchester der Philharmoniker im Ruhrorter Festivalzentrum aufgeführt hat – mit Tangos und Rembetiko. Der Tango sei ja durch Astor Piazzolla in die klassische Musik gekommen und ihr nicht so fremd. Rembetiko hingegen, der „griechische Blues“, ist in Hafenspelunken entstanden, „das ist schon eine ganz andere Welt“. Zur Besetzung gehören auch Bouzouki, Gitarre und Oud. „Den Klang habe ich im Ohr, mein Opa stammt aus Kreta“, sagt Baloglu, der 1988 im türkischen Adana geboren wurde, wo es auch ein klassisches Sinfonieorchester und ein Konservatorium gibt. Als ihm die Blockflöte nicht mehr genug gewesen sei, habe ihm die Musiklehrerin zur Geige geraten. „Ich habe in der 6. Klasse einfach angefangen und bin dabei geblieben.“ Als 17-Jähriger setzte er sein Studium in Essen fort.
„Kammermusik ist mir das Wichtigste“, sagt Baloglu. Auch das Musizieren im Orchester empfinde er als „große Kammermusik“. Als Konzertmeister hat er eine besondere Verantwortung, sieht sich aber „eher als Vermittler denn als Führer“. Es gehe um das Zusammenspiel mit dem Dirigenten, und das Zusammenhalten der Gruppe, es gehe um Koordination und Kommunikation. „Außerdem darf ich schöne Soli spielen, das ist eine Freude“, sagt er. Aufgaben wie das Auffordern zum Einstimmen seien nur „Rituale des Betriebs“. Höhepunkte seiner Duisburger Zeit? „Mehrere Sinfoniekonzerte, Turandot, Lohengrin, tolle Solisten, Superdirigenten – eigentlich alles.“
Und sonst? Kammermusik! Genreübergreifend und mit seinem Streichquartett aus Studienzeiten; bei einem Kammermusikfestival in Finnland, einer Konzertreise nach Spanien – und im Urlaub mit seiner Freundin, die ebenfalls Geige spielt. „Im Quartettsommer proben wir wie die Bescheuerten zwei Wochen lang sechs Stunden am Tag – da bleibt immer noch genug Zeit für Essen und Baden.“ Hauptsache: „Es bleibt spannend, das brauche ich.“