Neuenkamp. . Seit einem halben Jahr dreht in Neuenkamp eine bunt gemixte Jogger- und Fahrradgruppe ihre Runden. Flüchtlinge und Ehrenamtler machen gemeinsam Sport.
Tänzelnd stehen sie in der Kälte. Ihre neongelben Laufjacken leuchten in der Abendsonne. „Jalla, jalla!“ Jamal trommelt seine Leute zusammen. „Hopp, hopp“, ruft er noch mal auf Deutsch in die Turnhalle in Neuenkamp. Der Schlacks mit dem Lockenkopf will die Sportler vom Justizlauftreff nicht länger warten lassen. Sechs Ehrenamtliche schnüren nämlich drei Mal in der Woche die Laufschuhe, um mit Flüchtlingen aus der Unterkunft an der Paul-Rücker-Straße eine Runde zu drehen. „Inzwischen haben wir auch eine Fahrradgruppe.“
Marcel Totura, einer der Organisatoren, deutet auf drei Jungs, die schon unruhig ihre Kreise ziehen. Mohammed ist mit seinem Bruder Aihan und seinem Vater Saif zum ersten Mal dabei. Die Drei kommen aus Syrien. „For my children it is perfect.“ Heißt übersetzt: Für meine Kinder ist es perfekt. Der Mechaniker, der in Aleppo mit seinem Bruder eine Busfabrik betrieben hat, spricht gut Englisch. „Und bisschen deutsch“, fügt er lachend hinzu. Seit drei Monaten ist er mit Frau und Kindern in Deutschland und wird nicht müde zu betonen, wie unendlich dankbar er ist.
Gejoggt wird seit September
Dann geht es los. Die 15-köpfige Laufgruppe startet in Richtung Deich. Alle Nachbarn, die der Gruppe begegnen, werden gegrüßt. Die meisten grüßen freundlich zurück. „Hallo!“ Richter Jens Luge nickt einem Passanten zu. Stolz berichtet er, dass der Lauftreff schon seit einem halben Jahr regelmäßig stattfindet und schon rund 80 Erwachsene und zehn Jugendliche mit gebrauchter Sportkleidung ausgestattet werden konnten. Die Fluktuation in der Laufgruppe ist zwar groß, einige sind allerdings fast immer dabei, wenn es von Neuenkamp, an Rhein und Ruhr entlang, durch Ruhrort und Alt-Homberg, um den Innenhafen, in die Innenstadt, nach Neudorf oder zur Regattabahn geht.
Nach einigen Minuten erreicht die Gruppe den Deich. Luges 13-jährige Tochter Nina schwärmt von dem Ruhrgebiets-Panorama. „Superschön hier.“ Sie ist auch eine der Ehrenamtlichen und hat sich schon mit vielen Flüchtlingen angefreundet. „Und mein Französisch ist echt gut geworden.“ Omar stupst sie mit dem Ellenbogen an und deutet ein Wettrennen an. Auch Marcel Tatura ist dabei. Und weg sind sie.
Zwischenstopp an der Rheinorange
Angekommen an der Rheinorange wird ein kleiner Stopp eingelegt. Über der gegenüberliegenden Rheinseite geht die Sonne unter, während die bunte Laufgruppe ein paar Dehnübungen macht. Gezählt wird auf Deutsch. Dann es geht auf den Rückweg. „Hier in der Unterkunft in Neuenkamp kommt es eigentlich nie zu Stress. Die Jungs sind durch den Sport ausgeglichener, haben Spaß und eine Aufgabe. Das ist wunderbar zu sehen.“ Tatura erzählt, dass einige sogar sehr talentierte Läufer seien, wie zum Beispiel Avit aus Eritrea. Beim „Duisburger Lichterlauf“ sei der 19-Jährige in seiner Altersklasse auf Anhieb Vierter geworden.
Lauftreff für alle
Im Hafengebiet angekommen, liegt Dieselgeruch in der Luft, der Stadtwerke-Turm leuchtet in der Dunkelheit. „Den kennen hier schon alle.“ Tatura, der 33-Jährige Kaufmann, scherzt mit Hassan, während Jens Luge erklärt, dass der Lauftreff zwar von Justizangehörigen ins Leben gerufen worden ist, inzwischen aber von vielen Bürgern, Mitgliedern verschiedener Kirchengemeinden und dem Deutsche Roten Kreuz unterstützt wird. „Übrigens: Jeder kann mitmachen. Dieser Treff ist für alle, nicht nur für Flüchtlinge.“