Duisburg. . Ein unzufriedener Internet-Nutzer reagiert mit einem bestimmten Muster von Mausbewegungen, hat Martin Hibbeln von der Uni Duisburg-Essen rausgefunden.
Jeder Computernutzer kennt das: Eine Internet-Seite, die viel zu lange lädt oder dauern abstürzt, Informationen, die gesucht, aber nicht zu finden sind. Die Hand bewegt die Maus immer hektischer beim Versuch, das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Keine Frage: Wer schlecht gelaunt ist, den verrät die Computermaus. Die Erkenntnis hat ein internationales Forscherteam zu einem Programm entwickelt, das die Gefühlslage eines Nutzers anhand der Mausbewegungen abliest. Es soll helfen, Webseiten und -formulare zu verbessern. Beteiligt war auch Prof. Dr. Martin Hibbeln von der Universität Duisburg-Essen.
Studierter Wirtschaftsingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik ist der 36-jährige, die Beziehung zwischen Mensch und Maschine ein Forschungsschwerpunkt des Esseners, der nach Stationen an der TU Braunschweig und der Uni Bremen im vergangenen Herbst an den Lehrstuhl für Finance an der Mercator School of Management kam.
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Wissenschaftler aus den USA, Liechtenstein und Hongkong? „Wir beschäftigen uns alle mit der Personalisierung von Websites“, erklärt Hibbeln, „Markus Weinmann kenne ich aus Braunschweig, die anderen von Kongressen, die wir gemeinsam besucht haben.“
Um herauszufinden, ob die Maus als Stimmungsbarometer taugt, haben die Forscher drei Versuchsreihen mit 50 bis 200 Teilnehmern durchgeführt. Bei einem Intelligenztest, dessen Aufgaben kaum zu lösen waren, wurden die Probanden gezielt frustriert und verärgert: Die Seiten bauten nur so langsam auf, dass ihnen die Zeit davonlief. Das für alle gleiche Ergebnis: unterdurchschnittlich intelligent, zu wenige Antworten korrekt beantwortet.
Ergebnisse nutzen beiden Seiten
Wie genervt die Teilnehmer waren, konnten die Forscher beim nächsten Test mit der Gruppe an den Mausbewegungen ablesen. „Wenn sie gelassen gewesen wären, hätten sie den Cursor in geraden oder leicht gekrümmten Kurven bewegt. Aber sie haben die Maus eckig und abrupt geführt und – was uns erstaunt hat – langsamer anstatt schneller“, so Hibbeln. Parallel löste eine Vergleichsgruppe, die man zuvor nicht verärgert hatte, die Aufgaben.
Die Ergebnisse bringen verschiedenen Seiten etwas, beispielsweise im Online-Shopping: „Ist ein Käufer frustriert, weil er mit der Bedienung der Website nicht klar kommt oder weil er ein gesuchtes Produkt nicht findet, wird er wahrscheinlich die Seiten verlassen“, erklärt BWL-Experte Hibbeln.
„Für den Shop-Betreiber wäre es hilfreich, automatisiert zu erkennen, an welchem Punkt das geschieht.“ Das neue Programm könnte aber auch Versicherungen nutzen, Betrugsfälle bei online gemeldeten Versicherungsschäden aufzudecken. „Wer nicht wahrheitsgemäß auf eine Ja/Nein-Frage antwortet, verrät sich meist durch eine unbewusste Mausbewegung.“
Mousetracking verbessert Seiten
Doch macht uns diese Technik nicht noch gläserner? Wenn das Netz bald sogar spürt, wie man gelaunt ist, weiß es tatsächlich alles. Martin Hibbeln kann diese Bedenken nachvollziehen: „Solche Nutzungsdaten werden schon erhoben. Vielen Usern ist das nur gar nicht bewusst. Es wäre wichtig, dass sie vorab explizit einwilligen.“ Er sieht aber auch positive Aspekte: „Jeder ärgert sich zuweilen über schlechte Webseiten. Mousetracking ist ein Mittel, sie zu verbessern. In einem Laden findet man es doch auch unmöglich, wenn der Verkäufer sein Standardprogramm herunterspult, obwohl man unzufrieden ist.“