Duisburg.. Als Forscher bleibt der 68-Jährige dem Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) erhalten. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hält Laudatio.
Von Abschied sprach Prof. Dr. Gerhard Bosch nicht. Schließlich gehe er ja nur „in den formellen Ruhestand“. Die hohe Wertschätzung, die der Arbeits- und Sozialwissenschaftler in der Forschung und auch in der Wirtschaft genießt, belegten Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles und DGB-Chef Reiner Hoffmann. Sie sprachen als Laudatoren bei der Verabschiedung des 68-Jährigen als Geschäftsführer des Instituts für Arbeit und Qualifikation (IAQ).
In Fragen der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik ist der Rat von Gerhard Bosch gefragt. In Bundesministerien ebenso wie in Aufsichtsräten von Thyssen-Krupp Steel und Vallourec, denen er weiter angehört. Diese enge Verbindung zur Praxis hat der Wissenschaftler nicht gescheut, er sieht es als Geben und Nehmen. „Wir sind in unseren Forschungsprojekten ja auf ihre Expertise angewiesen“, sagt er.
Die paritätische Mitbestimmung hat er als Instrument erlebt, die der Stahlindustrie durch einige Krisen geholfen hat. „Jetzt ist wieder eine schwierige Zeit. Eine Gefahr des Personalabbaus ist, dass Unternehmen altern“, warnte er am Dienstag. Beschäftigungs- und Personalpolitik , Aus- und Weiterbildung sind Forschungsschwerpunkte von Prof. Gerhard Bosch. Als Forscher bleibt er dem IAQ erhalten. Die Leitung des Instituts übernimmt nun Prof. Dr. Ute Klammer, bisher Prorektorin der Universität Duisburg-Essen, stellvertretende Leiterin bleibt Dr. Claudia Weinkopf.
"Gute Forschung pustet die Hinterköpfe frei von Vorurteilen"
Die Ideen für Themen sind Prof. Gerhard Bosch in seinen Schwerpunkten noch längst nicht ausgegangen, weitere deutet er bei der Begrüßung seiner Gäste: „Durch die Flüchtlinge sind völlig neue Anforderungen an die Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik entstanden.“
Politikfelder, die in die ministeriale Zuständigkeit von Andrea Nahles fallen, die Arbeitsministerin kam neben DGB-Chef Rainer Hoffmann als Laudatorin in Fraunhofer-InHaus-Zentrum. Vor 20 Jahren, wie war gerade zur Juso-Vorsitzenden gewählt worden, habe sie den Wissenschaftler kennengelernt, berichtete sie.
Als „Stichwortgeber für die Politik“, zuletzt beteiligt an der Einführung des Mindestlohns, hatte Prof. Dr. Rudolf Korte, Dekan der Sozialwissenschaften an der UDE, das IAQ zuvor bezeichnet. „Seitenweise haben für unsere Juso-Anträge bei ihm abgekupfert“, räumte Nahles ein, sie sei seither mit Bosch auf einer Wellenlänge: „Er will wirklich verstehen, was in den Betrieben passiert, nicht nur Vermutungen anstellen.“
Die Ministerin betonte die Bedeutung der Verbindung zwischen Wissenschaft und Politik. „Gute Forschung pustet die Hinterköpfe frei von Vorurteilen. Obwohl es viele Spezialisten gibt, fehlen uns an vielen Stellen Gesprächspartner.“ Der wird Gerhard Bosch für die Ministerin bleiben. Beim Thema lebenslange Qualifizierung von Arbeitnehmern etwa: „Das hat vor dem Hintergrund der Digitalisierung besonders große Bedeutung.“
Digitalisierung, Demografie und Diversity
Nein, einen Fachkräftemangel sehen sie nicht in ihren Unternehmen. Darin waren sich die Arbeitsdirektoren Dr. Herbert Schaaf (Vallourec), Oliver Burkhard (Thyssen-Krupp AG) und Thomas Schlenz (Thyssen-Krupp Steel) bei ihrer Diskussion über Fachkräftesicherung bei Fachtagung zur Verabschiedung von Prof. Gerhard Bosch einig. „Demografie, Digitalisierung und Diversity“, sind laut Oliver Burkhard die Schlagworte für die Herausforderungen der Personalmanager.
„Revolutionäre Züge“ sieht Burkhard in den Veränderungen, die durch die Digitalisierung auf die Stahlindustrie zukommen. Dabei gehe es nicht um Reduzierung der Zahl der Beschäftigten, sondern um Entwicklung ihrer Kompetenzen durch Qualifikation, so Herbert Schaaf. „Das durchzuhalten, wenn es nicht so gut läuft, ist nicht so einfach.“
Bedarf an Spezialwisssen besteht
Zwar liege ihren Unternehmen die Fluktuationsrate extrem niedrig, dennoch gelte es, „nicht die Besten, aber die richtigen“ Mitarbeiter zu gewinnen. „Bei Thyssen-Krupp sind das weltweit pro Jahr allein 3000 Ingenieure“, erklärte Burkhard, „deshalb müssen wir unsere Attraktivität steigern.“
Bedarf an Spezialwisssen in ausgewählten Berufsgruppen sieht Thomas Schlenz. „Durch die Sozialpläne ist bei TKS leider viel von Bord gegangen.“ Immerhin habe die Reduzierung der Arbeitszeit 1000 Mitarbeiter im Unternehmen gehalten. Die 5000 Bewerbungen für 300 Ausbildungsplätze belegen die Position von TKS als einem der attraktivsten Arbeitgeber in der Region – der durch Kooperationen mit Schulen und Hochschulen erfolgreich in eigener Sache wirbt.