Duisburg. Das Flüchtlingsthema bleibt für Duisburg das wichtigste Thema, erwartet der SPD-Fraktionsvorsitzende Herbert Mettler im WAZ-Interview.
Nach dreimonatiger Winterpause tagt am Montag erstmals der Duisburger Rat in diesem Jahr. Anlass für ein Paternoster-Interview im Rathaus mit dem SPD-Ratsfraktionsvorsitzenden Herbert Mettler.
Sind sind jetzt seit 21 Jahren im Rat, nehmen Sie eigentlich die Treppe oder den Paternoster?
Herbert Mettler: Ich nehme immer den Paternoster, wenn ich kann, weil ich ihn faszinierend finde.
Die letzte Ratssitzung liegt über drei Monate zurück. Ist das nicht ein bisschen lang für das Stadtparlament, das „hohe Haus“ der Kommunalpolitik?
Mettler: Nein, das ist die alte Diskussion, mehr Ratssitzungen zu haben. Aber Sie müssen bedenken, dass vor einer Ratssitzung alle Ausschüsse oder Aufsichtsräte tagen müssen, um im Rat Entscheidungen treffen zu können. Sie können mehr Ratssitzungen ansetzen, aber dann können wir nicht entscheiden, weil die Vorläufe nicht klappen.
Nach der langen Winterpause: Was sind aus Ihrer Sicht in diesem Jahr die wichtigen Themen?
Mettler: Das wichtigste Thema überhaupt für 2016, auch für 2017 und vielleicht auch 2018 ist das Flüchtlingsthema. Das ist die Herausforderung.
Bundeskanzlerin Merkel sagt, wir schaffen das. schafft es auch Duisburg?
Mettler: Ja, wenn wir die Voraussetzungen dafür haben. Und die sind für die Kommune, dass wir es finanziell schaffen. Die Voraussetzungen sind in dem Umfang leider noch nicht gegeben. Wir brauchen mehr Mittel. Wir sind nicht alleine, das betrifft fast alle Kommunen.
Thema Unterbringung. Was ist zum Beispiel mit der Glückaufhalle? Die Stadt sagt, sie benötigt die Halle weiterhin. Da gibt es Rumoren.
Mettler: Das ist ja das Problem. Wir müssen nicht nur die finanzielle Ausstattung, sondern auch die räumlichen Voraussetzungen haben. Ich kann das Grummeln der Bevölkerung gut verstehen. Ich persönlich wäre froh, wenn man die Glückaufhalle wieder ihrem eigentlichen Zweck zuführen könnte.
Gehen wir mal die Tagesordnung der Ratssitzung am Montag durch. Da wird das FOC beerdigt. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende?
Mettler: Wir werden dem Vorschlag des Oberbürgermeisters folgen und das FOC nicht weiter verfolgen. Wir haben sehr viel Langmut gezeigt. Er hat nichts gebracht.
Jetzt kursieren schon Spekulationen um ein FOC auf dem Krieger-Gelände. Oder soll die Stadt versuchen, die Riesenbrache zu kaufen?
Mettler: Dazu müsste Herr Krieger bereit sein zu verkaufen. Das ist mir nicht bekannt. Wir sollten auf jeden Fall Kontakt mit Herrn Krieger halten. Er ist natürlich ein potenzieller Investor, der aus meiner Sicht an die Stadt gebunden werden sollte.
Zurück zur Ratssitzung: Duisburg will aus dem Via-Verkehrsverbund mit Essen und Mülheim aussteigen und ist gegen eine Fusion. Also klappt Kooperation mal wieder nicht?
Mettler: Wir werden Kooperationen in jeder Form eingehen, aber nicht mehr in dieser festen Bindung. So wie vom Gutachter vorgeschlagen, einen Zweckband außerhalb der Städte zu gründen, geht das nicht für uns. Das gefährdet den steuerlichen Querverbund und gefährdet das Repower-Programm der Stadtwerke. Es wäre fahrlässig, wenn wir uns auf diese Dinge einlassen würden.
Wie schon bei der bemängelt späten Haushaltsgenehmigung, haben Sie auch bei Via recht heftig die Bezirksregierung kritisiert. Da denkt man sich, hoppla der geht die Aufsichtsbehörde aber scharf an.
Mettler: Heftig kritisiert? Daran kann ich mich nicht erinnern. Ich habe zur Haushaltsgenehmigung und zu Via nur die Fakten aufgezählt, wo nicht nur ich anderer Meinung bin als die Bezirksregierung. Wie wir uns z.B. als Stadt beim Nahverkehr organisieren, ist unsere Sache.
Gleichzeitig stehen Sie, die SPD-Fraktion, aber selbst auch in der Kritik. Wegen der wohl wahrscheinlichen Wahl des CDU-Ratsherrn Overdick am Montag zum IMD-Betriebsleiter. Das sei ausgekungelt mit der CDU, so der Vorwurf.
Mettler: Ich äußere mich grundsätzlich nicht zu personellen Maßnahmen aus nicht-öffentlicher Sitzung. Ich sage es allgemein: Dass es bei einem Personalwechsel den einen oder anderen Kritiker gibt, ist mir klar.Die Auswahl war transparent und eindeutig und der Oberbürgermeister hat einen Vorschlag gemacht. Und dem werden wir folgen.
Apropos CDU. Wird aus dem Quasi-Bündnis mit der CDU noch eine engere Partnerschaft? Oder bleibt es dabei, dass sich die SPD ihre Mehrheiten sucht?
Mettler: Wir werden uns weiterhin an der Sache orientieren. Wenn es dazu sehr viele deckungsgleiche Ansätze mit der CDU gibt, um so besser. Sie werden aber sehen, dass wir am Montag in Sachen FOC unterschiedlich votieren werden.
Sie sind für die Einführung der 2,5-Prozenthürde bei Kommunalwahlen. Warum?
Mettler: Ich persönlich wäre sogar für die Wiedereinführung der Fünf-Prozent-Hürde. Mit ihr ist die Demokratie nach dem Krieg wieder aufgebaut worden und wir haben keinen Schaden genommen. Wir haben elf Gruppen und Parteien im Rat. Wenn man sieht, dass eine Splittergruppe wie die DAL knapp 900 Stimmen für ein Mandat braucht und wir als SPD 2000, liegt einiges im Argen. Wenn sich außerdem Einzelgruppierungen nach der Wahl zusammenfinden, nur um eine materielle und finanzielle Ausstattung zu bekommen, dann halte ich das für fragwürdig. Was die Zuverlässigkeit von Kleinstgruppen anbelangt, haben wir die Erfahrung gemacht, dass jede Absprache mit Forderungen verbunden ist. Dazu sind wir nicht bereit.
Sie werden zwar abwinken, aber als SPD-Politiker und Chef der mit Abstand größten Fraktion sind Sie doch eigentlich der „starke Mann“ in der Duisburger Politik, oder?
Mettler: Ich bin schon so lange in der Kommunalpolitik, der Begriff „starker Mann“ ist nicht in meinem Sprachgebrauch. Alleine kann man in der Politik ohnehin nichts bewegen. Wichtig ist, dass man eine starke Mannschaft neben sich weiß. Meine Aufgabe ist die Moderation der Fraktion und zu einem Meinungsbild zu kommen und dieses nach draußen zu vertreten.
Der Preis dafür ist aber auch, dass Sie für nicht wenige ein, sagen wir, rotes Tuch sind. Was treibt sie eigentlich an?
Mettler: Ich kann das verstehen, ich bin der Vorsitzende, das bietet sich an. In der Regel ist das Populismus. In seltesten Fällen ist das sachliche Kritik, mit der setze ich mich dann auch gerne auseinander. Wenn man in so ein Amt gewählt wird, gehört es zu meinem Naturell, dass ich es nach bestem Wissen und Gewissen ausübe. Meriten kann man in der Kommunalpolitik nicht verdienen.