Duisburg. Medienkünstlerin Lynn Hershman Leeson war ihrer Zeit voraus – und erfand schon früh fiktive Charaktere. Die Schau im Duisburger Lehmbruck-Museum gibt einen Gesamtüberblick über ihr Werk.
Lynn Hershman Leeson ist eine Pionierin auf ihrem Gebiet. Die Medienkünstlerin bediente sich schon früh neuester Technik, erdachte Charaktere wie Roberta Breitmore und ließ ihren Avatar am normalen Leben teilhaben. Sie erschuf Biografie, eröffnete ein Konto oder suchte Mitbewohner per Anzeige. Allerdings beendete sie die Portraitstudie, als andere realisierten, dass es sich bei Roberta um eine Kunstfigur handelte. Der Charakter begegnet Besuchern des Lehmbruck-Museums nun in der Ausstellung „Liquid Identities“, die einen Überblick von Lynn Hershman Leesons Arbeiten bietet. Eröffnung ist am Samstag.
Jakub Nepraš wird parallel gezeigt
Die Schau spielt darauf an, dass es feststehende Identitäten kaum noch gibt – und sich Personen beispielsweise im Internet, im Berufsleben oder privat neu präsentieren können. Zu sehen sind Skulpturen, Fotografieren und Rauminstallationen. Immer wieder können sich die Besucher auch beteiligen. Etwa wenn sie in der Installation „Lorna“ Platz nehmen. Die Geschichte der jungen Frau ist gewissermaßen der Vorläufer eines Videospiels, bei dem der Betrachter per Fernbedienung entscheiden kann, welche Wendung die Figur nimmt. Lorna hat ihr Appartement nie verlassen. Die einzige Verbindung zur Außenwelt stellt ein Fernseher dar – gleichzeitig machen ihr die Filme und Nachrichten aber auch Angst.
Parallel zum Spiel sieht man den „Bauplan“. Die Programmierung ihrer Charaktere übernahmen und übernehmen allerdings stets Computerfachleute. „Lange Zeit gab es eine Diskussion darüber, ob es sich dabei überhaupt um Kunst handelt“, erklärt Museumsleiterin Dr. Söke Dinkla, die ihre Dissertation über die Künstlerin verfasste. Noch heute gebe es Häuser, die der Video- und Medienkunst eher kritisch gegenüber stehen. Zur Sammlung des Lehmbruck-Museum gehört allerdings seit dem Jahr 2000 die interaktive Installation „Room of One’s Own“ von Lynn Hershman Leeson.
Parallel wird im Rahmen der „Akzente“ die Ausstellung „State of Flux“ von Jakub Nepraš präsentiert. Der junge Tscheche gehört zu den aufstrebenden Medienkünstlern, der seine Werke bereits international ausgestellt hat. Seine Installationen sind eine Mischung aus Skulpturen und Video-Sequenzen. Sie zeigen urbane und industrielle Szenen, aber auch Bilder von Gewässern, die rasch wieder verschwinden. Nepraš greift die Metapher des Hafens auf, der einerseits ein Ort der Beständigkeit und Ankerpunkt ist, anderseits immer wieder Erneuerung, Austausch und Kommunikation ermöglicht. Eröffnet wird ebenfalls Samstag.