Duisburg. . Für das Aus beim Factory Outlet in Duisburg scheint eine Ratsmehrheit sicher. Projektentwickler Douvil zeigt sich völlig überrascht: „Wir waren fast fertig.“
Der Tag nach dem wahrscheinlichen Aus für das Factory-Outlet (FOC) in Alt-Hamborn, das der Rat am 29. Februar besiegeln soll: Eine eher betretene CDU, die dem umstrittenen Projekt weiter die Stange halten will, Zustimmung und Erleichterung bei SPD, Grünen und Linken, dass nach fünfjährigem Hin und Her die Reißleine für die umstrittene Textilmeile im Norden gezogen werden soll, und ein empörter Investor: „Wir wollen das Projekt fortführen. Wir wissen nicht, was der Grund ist“, so Douvil-Gesellschafter Robin de Groot.
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Die Stadt will aus der Planung für das Center mit 140 Geschäften aussteigen (wir berichteten). Bei den Stadtplanern wie der Politik ist der Geduldsfaden gerissen. Aus ihrer Sicht sind immer noch zu viele Fragen bei der Planung ungeklärt. „Wir brauchen einen neuen städtebaulichen Impuls“, erklärte Oberbürgermeister Sören Link gestern. Baudezernent Carsten Tum kündigte eine Zukunftswerkstatt mit Bürgerbeteiligung für das Areal im Stadtnorden an. Gewerbliche Nutzung, Büros, auch Einzelhandel seien denkbar: „Wir machen keine Vorgaben“, so Tum. Bis zum Sommer sollen Nutzungskonzepte erarbeitet werden.
"Stillstand ist unerträglich"
„Der Stillstand bei diesem Projekt war und ist unerträglich. Nun ist es Zeit, die Reißleine zu ziehen und über den Weg einer Neuplanung für das Grundstück aus dem Projekt auszusteigen. Wir werden den Oberbürgermeister bei diesem Weg ausdrücklich unterstützen“, erklärte gestern SPD-Fraktionschef Herbert Mettler, nachdem die Politik im November 2015 beschlossen hatte, einen möglichen Ausstieg von der Stadt prüfen zu lassen.
Völlig überrascht von der anvisierten Wende zeigt sich Douvil-Gesellschafter Robin de Groot. „Wir sind mehr als befremdet. Es sind nur noch kleine, nicht relevante Details zu klären. Man kann sich doch nicht eine Minute vor zwölf aus dem Projekt herausziehen“, so der Niederländer, der erst vor einigen Monaten das Heft bei Douvil selbst in die Hand genommen hatte. Sollte das Aus beschlossen werden, kündigt de Groot umfangreiche Schadensersatz-Forderungen „von hier bis Tokio“ gegen die Stadt an. Douvil habe bereits neun Millionen Euro in die Planungen für das Factory Outlet investiert.
Mit dem Aus für den Standort im Norden scheint die Idee eines Factory Outlets in Duisburg aber nicht grundsätzlich vom Tisch: Für Oberbürgermeister Link ist Duisburg dafür weiterhin ein „hervorragend geeigneter Ort“. Als möglicher Standort ist immer wieder auch das Gelände der Duisburger Freiheit genannt worden. Investor Krieger stoppte zwar sein Möbelhaus-Vorhaben, zeigte sich aber schon vor Jahren interessiert, dort ein Factory Outlet mit Design-Mode zu errichten.
SPD, Grüne und Linke begrüßen das Aus und sehen neue Chancen
Rainer Enzweiler, der CDU-Ratsfraktionsvorsitzende, steht ziemlich allein da: Während SPD, Linke und Grüne das Aus für das Factory Outlet unisono begrüßen, hält er dem Projekt und dem Projektentwickler Douvil die Stange: „Ich halte den Ausstieg für falsch. Es gibt keine Alternative für die FOC-Planung. Das ist für Hamborn bitter.“
Enzweiler sieht seine Fraktion hinter sich: „Wir werden dagegen stimmen“, kündigt er für die Ratssitzung am 29. Februar an. Für den CDU-Mann war Douvil mit seinen Planungen und Nacharbeiten auf dem richtigen Weg und kurz vor einem erfolgreichen Abschluss. „Wenn jemand schon Millionen investiert hat, schiebt man ihn nicht einfach von der Fahrbahn“, meint Enzweiler und sieht darin auch ein „fatales Signal an Investoren, die in Duisburg etwas machen wollen“.
Einzelhandel ist zufrieden
Wenig Hoffnung setzt er in neue Planungen für das Hamborner Areal, die die Stadt jetzt angehen will. Er erinnert an den Hamborner Altmarkt, dort sei die Investorensuche gescheitert: „Ich sehe nicht dass das jetzt anders wird.“
SPD-Fraktionschef Herbert Mettler ist da zuversichtlicher: „Duisburg ist und bleibt ein attraktiver Wirtschaftsstandort. Deshalb sollte es auch der Verwaltung gelingen, eine neue und realisierungsfähige Nutzung für das Gelände zu finden.“ Der Ausstieg aus dem FOC sei die „Chance für einen Neustart“. In der SPD gibt man sich betont sachlich: Der Rat hatte mit große Mehrheit im November den Prüfauftrag zum FOC erteilt. Und das Ergebnis ist aus Stadtsicht klar: Zu viele Fragen sind weiter offen, also ist der Ausstieg nun nur folgerichtig.
So sehen es auch die Grünen: „Wir begrüßen den Schritt, endlich einen Schlussstrich unter eine verkorkste investorgesteuerte Planung zu setzen. Man hätte viel früher auf die Menschen in Marxloh hören sollen, die schon im vergangenen Jahr das Aus für das Projekt gesehen hatten“, erklärt die Fraktionsvorsitzende Claudia Leiße. Duisburg habe nun die große Chance, sowohl für Marxloh als auch für die Innenstadt endlich in eine zukunftsfähige Stadtplanung einzusteigen.
Zustimmung kommt auch von den Linken: „Wir freuen uns, dass die Stadt nun einen gangbaren Weg aufgezeigt hat unmittelbar aus den Plänen des FOC auszusteigen“, meint Kreissprecher Lukas Hirtz. Mit den Kenntnissen die nun vorliegen, hätte Duisburg vielleicht schon früher aussteigen können und „die Hängepartie für die Bewohner der Zinkhüttensiedlung früher beenden können“. Fraktionssprecherin Martina Ammann-Hilberath lobt ausdrücklich die Bürgerbeteiligung bei der anstehenden Zukunftsplanung: „Die Stadt steht nun in der Bringschuld, diese Bürgerbeteiligung auch transparent und demokratisch zu gestalten.
Aus dem Widerstand gegen das FOC hatte Einzelhandelssprecher Wilhelm Bommann nie einen Hehl gemacht: „Wenn der Rat jetzt den Ausstieg beschließt, trifft er eine weise Entscheidung.“ Nun müsse aber auch der Handel selbst reagieren: „Ausreden haben wir jetzt nicht mehr.“
Douvil prüft Schadensersatz in Millionenhöhe
Douvil-Geschäftsführer Robin de Groot hat der Rauswurf aus dem FOC-Projekt in Hamborn kalt erwischt: „Mit uns als Investor hat keiner über einen möglichen Planungsstopp gesprochen. Das haben wir lediglich aus der Zeitung erfahren. In einer Projekt-Partnerschaft sollte so etwas nicht passieren dürfen“, so de Groot. Er nimmt an, dass hier wohl ein „erhebliches Informationsdefizit“ bei vielen Beteiligten vorliege.
In den letzten Monaten sei mit Hochdruck zusammen mit der Verwaltung massiv gearbeitet worden, versichert de Groot: „Das Projekt ist technisch fertig. Wir sind auf der Zielgeraden.“ Eine Offenlage des Planverfahrens im März sei Ziel der Gespräche mit der Stadt gewesen. Er könne „keinerlei Argumente erkennen, den Vertrag jetzt zu brechen“.
Douvil behauptet, sämtliche Gutachten vorgelegt zu haben. 15 Stück an der Zahl und abgeliefert am 29. Januar, inklusive des Verkehrs- und das Störfallgutachtens. Auch für die Gefahr, die von einem möglichen Störfall bei den Grillo- Werken ausgehen könnte, sei eine „optimale sichere Lösung gefunden worden“.
„Wir gehen immer noch davon aus, dass die Politik in Duisburg sich objektiv über den wirklichen Sachstand informieren lässt“, meint de Groot und will in den nächsten Tagen persönliche Gespräche mit den Fraktionen anbieten. Zugleich lässt Douvil „die Sachlage natürlich juristisch prüfen“. Bei einem Scheitern des Projektes würden auf die Stadt sowohl von Douvil als auch von Immeo Regressforderungen in Millionenhöhe zukommen.
Bürgerinitiative Zinkhüttenplatz wartet auf die entscheidende Ratssitzung
Erst nach der entscheidenden Ratssitzung Ende Februar wollen Helmut Mattern und seine Mitstreiter von der Hamborner Bürgerinitiative Zinkhüttenplatz die Sektkorken knallen lassen: „Wir warten mit dem Feiern, bis das Aus für das FOC-Projekt amtlich ist“, sagt Initiativen-Sprecher Mattern.
Fünf Jahre lang kämpften engagierte Bürger vom Zinkhüttenplatz mit Demonstrationen und Lichterketten gegen das geplante Ende ihrer Wohnsiedlung, gegen die Umsiedlungspolitik ihres Vermieters Immeo, der das weitläufige Grundstück im Hinterland der Rhein-Ruhr-Halle gerne an den Investor des Outlet-Centers verkaufen würde.
Außerdem waren Helmut Mattern und seine Mitstreiter die ersten, die nach eigenen Recherchen Zweifel an der finanziellen Potenz des potenziellen Investors Douvil anmeldeten. Lange waren ihre Warnungen ungehört verhallt.
Am Mittwochabend teilte der Oberbürgermeister Sören Link den Mitgliedern der Bürgerinitiative im Marxloher Hotel Montan persönlich mit, dass er dem Rat die Empfehlung geben wird, den Planaufstellungsbeschluss für das FOC zu kippen. Mitglieder der Bürgerinitiative übergaben dem Oberbürgermeister dabei ihr Buch. Der Titel: „Eine Siedlung kämpft ums Überleben“. Link lud die BI-Vertreter im Gegenzug zur Ratssitzung ein.
Große Hoffnungen auf das FOC-Projekt hatte auch das Unternehmen Immeo. Der Wohnungskonzern, der das Grundstück der Zinkhüttenplatz-Siedlung an die FOC-Macher veräußern wollte, will sich nicht zur Zukunft der Siedlung äußern.
„Wir haben noch keine Information seitens der Stadt über mögliche Planungsänderungen erhalten“, teilte eine Sprecherin mit, „insofern bitten wir um Ihr Verständnis, dass wir uns vor der anstehenden Ratssitzung hierzu nicht weiter äußern, sondern das Ergebnis der Sitzung abwarten werden.“