Duisburg. . Wirtschaft kritisiert zu lange Planungszeiten für wichtige Projekte. Planungen für Duisburg 2027sehen aus Kammersicht zu wenig Gewerbeflächen vor – und auch weniger geeignete.
Steuern, Gewerbeflächen, Infrastruktur, Einzelhandel, Einwohnerentwicklung, Schaffung von Arbeitsplätzen, Kommunikationswege verbessern: Der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve brennen viele Themen unter den Nägeln. Wir sprachen mit IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger und IHK-Präsident Burkhard Landers über die Themen, die 2016 und darüber hinaus auf dem Programm stehen.
Die immer wieder kehrenden Gewerbesteuererhöhungen werden seit einigen Jahren massiv von der IHK kritisiert. Trägt die Kritik Früchte?
Burkhard Landers: Wir hoffen das sehr. Die Gewerbesteuer ist eher ein mittelfristiges Thema. Unternehmen sind ja keine Beduinenzelte, die am nächsten Tag woanders aufgebaut werden. Aber natürlich ist die Gewerbesteuer ein erheblicher Entscheidungsfaktor. Es wäre gut, wenn die Stadt jetzt mal ein deutliches Signal senden würde, dass die Steuerschraube nicht weiter gedreht wird. Das würde den Betrieben auch die Entscheidung über Investitionen am Standort erleichtern. Da wünschen wir uns Verlässlichkeit. Die Kommunen können diese Stellschraube nicht immer weiter drehen, sie müssen vorsichtig sein.
Stefan Dietzfelbinger: Schauen Sie sich in der Umgebung um. Krefeld ist billiger. Von anderen Bundesländern mal ganz abgesehen. Außerdem geht es ja auch um die Duisburger Bürger, die ebenfalls betroffen sind, weil sie mehr Grundsteuern zahlen müssen.
Landers: Die Stadt muss die Ausgabenseite in den Griff kriegen. Die Verwaltung hatte ja Einsparungen vorgeschlagen, aber da hat ja die Politik nicht mitgemacht. Aber das Drehen an der Steuerschraube führt nicht weiter. Außerdem kann man über Gewerbe, das man neu ansiedelt, auch neue Einnahmen generieren.
Die Infrastruktur ist marode. Was muss ihrer Meinung nach passieren?
Landers: Wir haben über Jahre von der Substanz gelebt. Das muss sich ändern. Die Politik hat jetzt nachgebessert, alle verstehen die dramatische Situation. Stellen Sie sich mal die Auswirkungen auf den Hafen, auf Arcelor-Mittal und auf TKS vor, wenn die A 40-Brücke Neuenkamp für Lkw gesperrt wird. Jetzt scheint es ja zu klappen, aber wir brauchen zehn Jahre, um eine Brücke zu bauen. Das kann doch nicht richtig sein.
Wenn wir komplett neu bauen, brauchen wir das ganze Programm mit Umweltverträglichkeitsprüfungen und und und. Aber an der A 40 bauen wir doch eine Brücke, da, wo die alte gestanden hat. Da kann man auch dem Bürger eine verkürzte Planung vermitteln.
Dietzfelbinger: Auch in der Stadt können wir nichts ohne Fördermittel machen. Das ist das Dilemma der Kommune. Deshalb ist der Bahnhofsplatz als Eingangstor zur Stadt immer noch eine karge Fläche. Deshalb dauert es auch so lange, das Mercatorquartier zu entwickeln. Ein schwieriger Spagat für die Stadt. Vielleicht muss Duisburg als schrumpfende Stadt sich bei den Ausgaben endlich mal einen Anzug nähen, der auch passt.
Mit dem Stadtentwicklungskonzept Duisburg 2027 wurde in den letzten Jahren über die Zukunft der Stadt diskutiert. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Dietzfelbinger: Bei den künftigen Gewerbeflächen hätten wir uns natürlich viel mehr gewünscht. Die ausgewiesenen 240 Hektar reichen vielleicht für die nächsten sieben Jahre. Außerdem sind darunter Flächen, die seit Jahren schwierig zu vermarkten sind wie beispielsweise der Rheinpreußen-Hafen. Natürlich ist es auch immer ein schwieriger Abwägungsprozess für die Stadt. Denn was nutzt die schönste grüne Stadt, wenn dafür die Arbeitslosigkeit steigt, weil keine Unternehmen angesiedelt werden können? Aber natürlich sind auch funktionierende Radwegenetze und Grünzüge wichtig.
Was kann die Stadt im Hinblick auf die Wirtschaft besser machen?
Dietzfelbinger: Wir legen gemeinsam mit dem Unternehmerverband und der Stadt gerade den Masterplan Wirtschaft auf und haben fünf Arbeitskreise gegründet, die ganz praktische Vorschläge erarbeiten. Zum Beispiel eine Übersicht über Duisburger Unternehmen, damit die sich untereinander kennenlernen, aber sich auch mit Duisburg identifizieren.
Landers: Nicht wir als Organisation sind da entscheidend, sondern wir müssen das runterbrechen auf die Unternehmensführungen.
Dietzfelbinger: Die Unternehmen und die Verwaltung müssen Beziehungen zueinander aufbauen. Damit dann bei einem Genehmigungsverfahren der Griff zum Telefonhörer reicht, um zum Beispiel auf fehlende Unterlagen hinzuweisen, die die Bearbeitung verzögern.
Makler beklagen immer wieder, dass in Duisburg zu wenig passiert. Liegen sie damit richtig? Oder was ist Ihre Sicht?
Dietzfelbinger: Duisburg gilt nicht als ordentlicher Immobilienstandort. Man kann zwar günstig investieren, muss aber rechnen, ob sich die Investition dann auch rentiert. Dabei hat Duisburg gute Möglichkeiten, die einige ja auch erkannt haben. Wie zum Beispiel die Targobank mit ihrem Erweiterungsbau. Auch die Ansiedlung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz südlich des Hauptbahnhofs zieht hoffentlich noch weitere Investoren auf die Duisburger Freiheit. Denn die Verkehrsanbindung mit Hauptbahnhof und Autobahn ist optimal.
Das scheint die Möbelgeschäfte Ostermann und Höffner, die sich seit Jahren ansiedeln wollen, es aber nicht machen, nicht sonderlich zu beeindrucken.
Dietzfelbinger: Vielleicht tut sich da mit der Ansiedlung des Lanuv etwas mehr und die anderen ziehen nach.
Glauben Sie noch an eine Realisierung des Factory Outlet Centers in Hamborn?
Landers: Bei uns gibt es den Spruch: Wenn das Pferd tot ist, sollte man aufhören zu reiten. Das FOC ist nicht mehr realisierbar. Allein die verkehrliche Anbindung ist nicht genehmigungsfähig, von anderen Punkten mal ganz abgesehen. Wir sollten uns über neue Vorschläge unterhalten und die auch nicht sofort abtun, wie zum Beispiel die westliche Innenstadt als neuer FOC-Standort, was ja auch Forsters Masterplan durchaus entsprechen würde. Der Stillstand bei Krieger (Anmerkung: Investor von Möbel Höffner auf der Duisburger Freiheit), ist inakzeptabel. Aber es gibt ja auch positive Signale und Erfolge.
Welche?
Dietzfelbinger: In einigen Bereichen ist schon Musik drin, aber die könnte lauter werden. Wir brauchen mehr fertige Planungen. Etwa beim Güterbahnhofsgelände in Wedau oder den Neubaugebieten im Süden.Der Wohnungsmarkt ist jetzt heiß. Nach der Devise: Düsseldorf ist zu teuer, kommt zu uns. Da brauchen wir mehr Geschwindigkeit.
Zum letzten städtischen Haushaltsentwurf gab es geharnischte Kritik der IHK. Was sagen Sie zum neuen?
Dietzfelbinger: Der letzte Haushalt war ja wirklich auf Kante genäht. Und auch im neuen Haushalt sind die Annahmen der Stadt sehr optimistisch. Die Zinsen sind im Moment sehr niedrig, was der Stadt bei ihren immensen Kassenkrediten zu Gute kommt. Aber wenn der Zinssatz wieder steigt, hat die Stadt ein gehöriges Problem. Außerdem ist die angepeilte „schwarze Null“ nur mit den Zuweisungen vom Land möglich. Aber die laufen auch mal aus. Endlich mal ein gutes Signal ist, dass man nicht wieder über Steuererhöhungen spricht.
Landers: Die Steuererhöhungen nagen am Mittelstand. Wenn ich als Unternehmer zwei Grundstücke habe, wo ich mich niederlassen möchte, spielt die Gewerbesteuer eine Rolle. Nur einen Stadtplan drucken und darin Gewerbegebiete ausweisen, reicht nicht.
Aber Duisburgs Image ist ja nun mal nicht das beste...
Landers: Das Image müsste dringend verbessert werden. Die Stadt wird mit Loveparade, Mafia und Pegida gleichgesetzt. Das merke ich immer wieder in Gesprächen mit Auswärtigen. An diesem Thema muss Duisburg arbeiten. China 8, die große Mack-Ausstellung oder was die Philharmoniker hier leisten, sind tolle Werbung für die Stadt. Aber die weniger schönen Ereignisse sind noch nicht verheilt.